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Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Titel: Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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wenn er Kenntnis von deinen Absichten bekommt? Oder glaubst du etwa, er würde auch nur ansatzweise erlauben, dass ein dahergelaufener Bursche mit nichts als ein paar läppischen Talern in der Tasche, ohne Land, ohne Gut, ohne irgendeine Art wirtschaftlicher Erfahrung oder sonst irgendeinem Vorzug der gehobenen Gesellschaft seine Tochter auch nur so ansieht, wie du es schon viel zu lange tust?“
    Hagen schwieg betreten, während ich fortfuhr: „Du kannst von Glück sagen, dass Graf Thaddäus einen viel zu großen Teil seiner Aufmerksamkeit seinen Geschäften widmet und er dich und deinen Umgang mit seiner Tochter bisher nur am Rande mitbekommen hat. Der würde glatt die Hunde auf dich hetzen – und nicht nur das. Er würde sowohl dich als auch uns – Salandar und mich – vom Hof jagen wie Strauchdiebe. Zwar haben wir seit der Geschichte in der Ehlert’schen Villa wieder etwas gesellschaftlichen Boden gutgemacht, aber bei weitem noch nicht genug, um uns derartige Eskapaden leisten zu können. So viele Steine können wir beim Grafen gar nicht im Brett haben.“
    Tief getroffen blickte mich Hagen aus seinen blauen Augen an, die beinahe noch einem Halbstarken gehörten, und flüsterte nur ein verhaltenes „Ist gut!“ in die umher wirbelnden Schneeflocken.
    Ein verlassener, frierender Hundewelpe hätte nicht mitleiderregender dreinschauen können, und so verfluchte ich mein Herz, das trotz all der gesehenen Grausamkeiten immer noch viel zu weich war, und legte dem jungen Mann einen Arm um die Schulter.
    „Du bekommst deine Prinzessin“, versprach ich, während ich ihn sanft neben mir her in Richtung Stadt schob. „Vielleicht nicht diese und vielleicht keine sehr reiche und berühmte Prinzessin, aber du wirst sie eines Tages schon bekommen. Sie wird schön sein, und ihre Seele wird ein Licht ausstrahlen, an dem du dich wärmen kannst. Wenn du Glück hast, ein Leben lang.“
    Ich sprach nicht weiter, denn ich merkte, dass meine Gedanken nach Lausanne abdrifteten. Zu einer Frau, von der ich gedacht hatte, sie sei dies alles für mich. Dahin, wie sie von mir an einen Ort gerissen wurde, an dem es nur besser sein konnte als in dieser kalten Welt.
    Eine Prinzessin finden ...
    Das Blinzeln ließ eine Träne über meine Wange kullern, und ich beschleunigte meinen Schritt, damit Hagen sie nicht sah.
    2.
    „Du ziehst auch dieses Jahr nicht gen Süden?“, fragte der hochgewachsene Mann mehr rhetorisch, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was er davon halten sollte.
    „Nein, aber das weißt du doch“, meinte der elegante Vogel mit seiner sanften Stimme. „Du wiederholst dich zu oft. Jedes Jahr, um genau zu sein. Abgesehen davon, dass Schwäne gar nicht gen Süden ziehen, habe ich auch noch einen ewigen Schwur geleistet. Erinnerst du dich? Du warst nämlich anwesend.“
    Der Mann schmunzelte melancholisch. In der Tat, das war er gewesen. Anwesend, verhaftet im Moment seiner Vollkommenheit. Wo war er jemals so anwesend gewesen?
    „Solange dir nicht kalt wird“, meinte er.
    Wieder legte der Schwan den schlanken Hals auf den Schoß des Mannes, der wie eh und je auf der Parkbank saß und in der Nähe des Vogels weder die Kälte noch die wirbelnden Flocken zu spüren schien.
    „Ich habe eine unheimliche Dummheit begangen, als ich den Stein in meine Obhut nahm“, flüsterte er bedauernd, über sich selbst zerknirscht.
    „Aber du hast es getan“, sagte der Schwan. Es klang nicht wie ein Vorwurf. „Es ist nicht mehr zu ändern. Dinge, die geschehen sind, sind geschehen, und mit ihren Folgen müssen wir leben.“
    „Aber man kann die Folgen in andere Bahnen lenken.“
    „Ja. Wenn man weiß, was man tut.“
    „Das wusste ich damals weit weniger als heute.“
    „Bitte sei vorsichtig!“
    „Was könnte ich denn noch Schlimmeres anstellen?“
    „Du könntest dich mir nehmen.“
    Der Mann schwieg. Daran hatte er nicht gedacht. Wie ein paar Jahre zuvor war er immer noch von einer viel zu egozentrischen Blindheit geschlagen. Verzweiflung kochte in ihm hoch. Dies war doch kein Zustand – er musste etwas ändern, aber sie hatte recht. Möglicherweise war er zu eigensinnig. Doch was half es schon, eine schwierige Situation zu belassen, wie sie war?
    Sanft strich er den Schnee von seinem Schoß und vom Gefieder der Schwanenfrau.
    „Du könntest mir etwas versprechen“, fiel ihr unversehens ein.
    „Alles, das du willst.“
    Sie kicherte ob seiner Ausdrucksweise, die auch einem Kitschroman ihrer Jugend hätte entspringen

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