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Lange Finger - flinke Beine

Lange Finger - flinke Beine

Titel: Lange Finger - flinke Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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erhielt den Auftrag festzustellen, was Sie tun. Nun, Madame, von diesem Tag an begann ich Sie zu beschatten. Tag für Tag, Stunde um Stunde. Dabei befaßte ich mich nebenbei auch ein wenig mit Ihrer und Monsieurs Vergangenheit. Ich fand zum Beispiel heraus, daß Sie bis vor sechs Jahren als Sekretärin in einem englisch-französischen Verlag gearbeitet haben. Und zwar in Rangun. Ich erfuhr, daß Ihre Eltern bei einem Fährunglück ums Leben gekommen sind und daß Monsieur Chatalain Sie während eines Aufenthaltes in Burma kennengelernt hat. Ich weiß, daß Ihnen als damals 22jähriger gar nichts Besseres widerfahren konnte, als daß der 49jährige Chatalain Sie heiratete, denn Sie waren bis über die Ohren verschuldet.
    Ich nehme an, daß Sie Ihrem Mann nie erzählt haben, wie diese Schulden zusammengekommen sind.
    Nun, hier in Paris wurde dann alles anders. Eine große Wohnung, ein Häuschen für romantische Stunden auf dem Lande und eine Sommervilla am Meer. Dienstboten, wohlhabende Freunde und genügend Geld zum Ausgeben. Das aber genügte Ihnen nicht. Der Spielteufel beherrschte Sie noch immer, oder soll ich sagen — wieder? Wer hat Ihnen eigentlich gesteckt, daß dieser schmierige Gauner Trévert im vornehmen Boulevard Raspail eine Spielhölle betreibt, hm?«
    Chantal schwieg. Wie versteinert saß sie in ihrem Sessel. Nur in ihren dunklen Augen funkelte das Feuer des Hasses.
    Bertin zuckte mit den Schultern.
    »Meinetwegen. Ich habe Sie, während der Zeit meiner Beobachtungen, insgesamt fünfmal zu Trévert gehen sehen. Ihrer Miene beim Verlassen nach zu schließen, haben Sie nur einmal nicht verloren. Gehören Sie eigentlich auch zu den Spielern, die in Tréverts Räumen Rauschgift konsumieren?«
    Chantal fuhr auf. Ihr schönes Gesicht hatte sich verzerrt, und ihre Stimme überschlug sich: »Wie können Sie es wagen, mir so etwas zu unterstellen?«
    Bertin winkte beschwichtigend ab. »Ich habe nicht unterstellt, Madame, ich habe gefragt... Doch kommen wir zu mir. Wie Sie gleich feststellen werden, ist es auch mit meiner Moral nicht mehr weit her. Ich betone besonders das >mehr<, denn bis zu dem Augenblick, als ich Sie aus jenem Haus am Boulevard Raspail kommen sah, war ich der durchaus seriöse Privatdetektiv Georges Bertin. In dem bewußten Augenblick aber sagte ich zu mir: Georges, mit deiner ganzen Anständigkeit wirst du nie auf einen grünen Zweig kommen. Hier ist die Gelegenheit, pack zu!«
    »Sie wollen mich also erpressen!« zischte Chantal.
    »Ein schlimmes Wort für einen solchen Vorgang. Obwohl mir der Begriff »Umverteilung von Vermögen< besser gefiele, kann ich nicht umhin, Ihnen recht zu geben: Ja, ich will Sie erpressen!«
    »Sie wagen viel!« sagte Chantal Chatalain, und ihre Stimme klang um eine Nuance gefaßter. Sicher dachte sie, daß eine Bedrohung, die man noch mit Geld abzuwehren vermochte, kalkulierbar war. Und langsam kehrte Leben in ihr vor Schreck erstarrtes Inneres zurück. Ja, sie versuchte es sogar mit einem Bluff:
    »Ich werde meinem Mann alles beichten. Dann können Sie erpressen, wen Sie wollen.«
    Georges Bertin lächelte gleichermaßen ironisch und vielsagend.
    »Ihr Mann, Madame, ist ein Sauberkeitsfanatiker. Er haßt erbarmungslos alles, was die Gesellschaft gefährdet. Und er macht keine Ausnahmen. Er hat zum Beispiel einen leitenden Angestellten seines Verlages entlassen, weil dessen Sohn mit Rauschgift handelte, gefaßt und verurteilt wurde. Er praktizierte also regelrechte Sippenhaft! Können Sie sich vorstellen, wie er reagiert, wenn er am kommenden Montag meinen Bericht erhält? Ein Bericht, in dem steht, daß seine Frau ständiger Gast in einer Spielhölle ist, in der nicht nur Marihuana, sondern auch Opium geraucht wird...
    Wo also, Madame, liegt das größere Risiko? Überlegen Sie mal, wer von uns beiden mehr zu verlieren hat. Mir, zum Beispiel, wird Monsieur Chatalain sicher leichter glauben, wenn ich ihm beweise, daß Sie bei Trévert verkehren. Dann ist Ihre Behauptung, >ich sei ein Erpressen, keinen Sou mehr wert. Wer glaubt schon einer Spielerin? Ich verliere also nichts. Nun zu Ihnen: So, wie ich Chatalain kennengelernt habe, wird er noch am Tage meiner Berichtübergabe seinen Anwalt mit der Scheidungsklage beauftragen. Er wird sich von Ihnen ebenso schnell scheiden lassen, wie er Sie geheiratet hat. Ihr Zukunftsweg zeigt in diesem Fall steil nach unten. Denn als schuldig Geschiedene wird Sie auch keiner Ihrer reichen Freunde mehr kennen wollen. Das allein

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