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Lange Finger - flinke Beine

Lange Finger - flinke Beine

Titel: Lange Finger - flinke Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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verpflichtet. Außerdem kenne ich ihn schon seit fast dreißig Jahren. Und er weiß, daß auch er einmal ein Stückchen vom Erbschaftskuchen bekommen wird. Soll ich dir etwas verraten, Martin?«
    »Tu es!«
    »Ich bin direkt traurig darüber, daß ich bis morgen abend warten muß, bevor ich die Bilder sehe. Du hättest nicht sagen dürfen, daß sie so gut gelungen sind.«
    Eine Weile blieb es still in der Leitung, dann war Coxfords Stimme wieder da.
    »Du hast recht, Beverly, warum sollst du bis morgen warten. Ich werde mich noch in dieser Minute ins Auto setzen und dir die Bilder bringen.«
    »Das würdest du wirklich tun?«
    »Ich bin schon unterwegs. In spätestens einer Stunde werde ich vor deiner Tür stehen!«
    Es knackste in der Leitung. Auch Lady Beverly legte den Hörer zurück. Behutsam tat sie es.
    Sie würde Anne bitten, Tee zu bereiten, chinesischen Tee, den Martin so gern trank. Da fiel ihr ein, daß Anne ja ins Kino gegangen war... Nun ja, Tee zuzubereiten machte schließlich keine Schwierigkeit.
    Lady Beverly fühlte plötzlich Müdigkeit. Unendlich traurig nickte sie ihrem Spiegelbild zu. Vielleicht wollte sie auch noch etwas bemerken, doch da wurden ihre Gedanken abgelenkt.
    Ein leises metallisches Kratzen nahm ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. Da wieder...
    Das würde Anne sein.
    Automatisch glitten ihre Blicke zu der kleinen Rokokouhr, die vor dem Spiegel stand. 22 Uhr.
    Der Film schien ihr nicht gefallen zu haben. Sonst kam sie immer erst gegen 23 Uhr.
    Lady Beverly atmete erleichtert auf. Sie war ungern allein, obwohl sie die Ruhe liebte. Am zufriedensten machte sie jene Ruhe, die sie mit jemandem teilen konnte.
    Anne und sie zum Beispiel konnten am Abend vier Stunden dasitzen und lesen, ohne daß eine von ihnen ein Wort sprach.
    »Komm bitte noch einen Augenblick zu mir, Anne!« rief sie laut und begann damit, ihre Haare zu bürsten.
    Die Tür schwang zurück...
    Lady Beverly erstarrte mitten in der Bewegung.
    Ihr Herz begann schmerzhaft zu schlagen, und das Entsetzen hatte in Sekundenschnelle ihren Mund austrocknen lassen. Mühsam versuchte sie zu schlucken.
    Was sie im Spiegel sah, war nicht Anne.
    Ein Mann stand dort. Ein Mann in einem dunklen Overall, einer Strumpfmaske über dem Gesicht und einer Wollmütze auf dem Kopf. Er kam langsam auf sie zu.
    »Ein Einbrecher«, versuchte Lady Beverly Ordnung in ihre sich überschlagenden Gedanken zu bringen. »Ich bin allein... Anne kommt noch lange nicht, und Martin braucht auch eine Stunde.« Sie war hoffnungslos allein. »Ich muß stark sein. Er will sicher nur Geld... oder Schmuck... oder auch beides.«
    Langsam schob sie sich von der Wand ab und drehte sich um 180 Grad. Der Maskierte stand nur noch einen Meter von ihr entfernt...
    Und dann entdeckte sie etwas, was sie stutzig machte, ihr den Atem nahm und ihre Gedanken in Alarmzustand versetzte. Es waren die Hände des Mannes.
    Wie hypnotisiert starrte sie auf seine Hände, die in Einweghandschuhen steckten. Es kostete sie Mühe, ihre Blicke davon zu lösen und die Augen des ungebetenen Gastes zu suchen.
    Bewegungslos stand dieser vor ihr. Nichts regte sich an ihm...
    »Was wollen Sie? Geld?« Lady Beverly stieß es heftig hervor, obwohl sie sich eben noch vorgenommen hatte, Ruhe und Beherrschung zu bewahren.
    »Geld...« tönte es ihr höhnisch durch die Strumpfmaske entgegen. »Geld... Geld... Es ist schon komisch, daß auf der Welt immer die das meiste Geld haben, die am wenigsten Vernünftiges damit anzufangen wissen...«
    Lady Beverlys Körper hatte sich schon nach den ersten Worten versteift. Diese Stimme kannte sie doch, die war ihr vertraut... Aber das konnte doch nicht wahr sein... Sie mußte sich irren...
    Diesmal klang sie noch höhnischer:
    »Du fragst dich, woher du die Stimme kennst, was, Tante Beverly? Sie kommt dir verdammt bekannt vor...«
    Lady Beverly brachte im Augenblick nicht mehr als ein stummes Nicken zustande. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Sie wußte jetzt, daß einer ihrer Neffen vor ihr stand.
    »Du überlegst, welcher es sein könnte, stimmt’s? Wie hast du doch immer gesagt? Am Telefon und an der Stimme kann ich euch nicht auseinanderhalten...«
    Wieder nickte Lady Beverly.
    »Nun, wer glaubst du, steht vor dir? Der tüchtige John-Berry, dem du früher so oft heimlich ein Pfund zugesteckt hast, weil er so besonders fleißig war? Natürlich hat es John-Berry postwendend seinen Brüdern erzählt. Oder bin ich Christopher, der Mann, der eine arme

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