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Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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hinunter. »Ich muß jetzt dringend was trinken.«
    Tommy schätzte die Temperatur in
der Zelle auf ungefähr fünfzehn Grad, aber trotzdem war sein Zellengenosse -
ein gut zwei Meter großer, gut zwei Zentner schwerer, unrasierter,
ungewaschener, einäugiger Psychopath mit tätowierten Disney-Figuren -
schweißgebadet.
    Vielleicht ist es dort oben auf
der Pritsche wärmer, überlegte Tommy, während er in der Ecke hinter der
Toilette kauerte. Oder vielleicht ist es Schwerstarbeit, jemanden sechs Stunden
lang drohend anzustarren, ohne zu blinzeln, wenn man nur ein Auge hat.
    »Ich hasse dich«, sagte Einauge.
    »Tut mir leid«, erwiderte Tommy.
    Einauge stand auf und ließ seine
Bizepse spielen ; Mickey und Goofy wölbten sich wütend. »Machst du
dich über mich lustig?«
    Tommy wollte nicht darauf
antworten, also schüttelte er heftig den Kopf, achtsam darauf bedacht, daß auch
nicht die leiseste Andeutung eines Lächelns seine Mundwinkel verzog.
    Einauge ließ sich auf die Pritsche
plumpsen und guckte wieder drohend. »Weshalb bist du hier?«
    »Für nichts«, erklärte Tommy. »Ich
habe nichts getan.« »Scheiß mich nicht an, du Arschgesicht. Weswegen haben sie
dich verhaftet?«
    Tommy wand sich, versuchte, sich
in die Wand der Zelle zu bohren. »Nun, ich habe meine Freundin in die
Gefriertruhe gelegt, aber ich denke nicht, daß das ein Verbrechen ist.«
    Zum ersten Mal, seit man ihn in
die Zelle gesteckt hatte, lächelte Einauge. »Find ich auch nicht. Du hast keine
Angriffswaffe benutzt, oder?«
    »Nö, eine Gefriertruhe von Sear's
mit Selbstabtau-Automatik.«
    »Oh, gut. Bei Verbrechen mit
Angriffswaffen sind die nämlich richtig scharf.«
    »Nun, und weswegen sind Sie hier?«
fragte Tommy und wagte sich einen Zentimeter aus der Ecke heraus. Er dachte an
Baby-Zertrampeln, an Kannibalismus, an Fast-Food-Massaker.
    Einauge ließ den Kopf hängen.
»Verstoß gegen das Urheberrecht.«
    »Wollen Sie mich auf den Arm
nehmen?«
    Einauge guckte drohend. Tommy
rutschte in seine Ecke zurück und fügte eilig hinzu: »Wirklich? Das ist
schlimm.«
    Einauge zog sein zerschlissenes
T-Shirt aus. Die sieben Zwerge tanzten zwischen Messer- und Schußnarben über
seinen Brustkorb. Auf seinem Bauch trieben Schneewittchen und Aschenputtel
nicht ganz jugendfreie Spiele.
    »Ja, ich hab den Fehler gemacht,
ohne Hemd rumzulaufen. Eins von den hohen Tieren bei Disney, der hier auf
Urlaub war, hat mich unten am Hafen gesehen. Er hat mir ihre Anwälte auf den
Hals gehetzt.«
    Tommy schüttelte mitfühlend den
Kopf. »Ich wußte nicht, daß man wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht in den
Knast wandern kann.«
    »Nun, eigentlich nicht. Die
Polizei ist erst ins Spiel gekommen, als ich dem Kerl die Schultern aus den
Gelenken gerissen habe.«
    »Das ist aber doch auch kein
Verbrechen, oder?«
    Einauge massierte sich die
Schläfen, als wäre es eine schmerzhafte Erinnerung. »Es war vor den Augen
seiner Kinder.«
    »Oh«, sagte Tommy.
    »Flood, hoch da», befahl ein
Wärter von der Zellentür aus. Hinter ihm stand Inspector Nick Cavuto.
    »Komm mit, Süßer«, sagte Cavuto.
»Wir machen jetzt einen letzten Spaziergang.«
    Der Blutschub rauschte nicht
brennend durch ihre Adern, wie er das zuvor immer getan hatte. Nein, es war
eher wie die angenehme Sattheit nach einer großen Lasagne und ein, zwei
doppelten Espressi. Trotzdem, ihre Glieder vibrierten vor Kraft ; sie
riß die Loft-Tür ebenso mühelos aus ihren metallenen Angeln, wie sie das
Plastik-Absperrband zerrissen hatte, das die Polizei vor die Tür geklebt hatte.
    Seltsam, ging es ihr durch den
Sinn, es ist also tatsächlich ein Unterschied, Blut aus einem lebenden Körper
zu trinken.
    Ihre Reue darüber, Simon getötet
zu haben, war binnen Sekunden verflogen, und der Jäger in ihr hatte die Zügel
an sich gerissen. Diesmal war ein neuer Aspekt des Jägers ans Licht gekommen, nicht
nur der Instinkt, zu jagen und sich zu verstecken, sondern auch zu beschützen.
    Wenn Tommy im Gefängnis war, weil
er sie in die Gefriertruhe gelegt hatte, dann bedeutete es, daß die Polizei
auch Peary gefunden hatte. Sie würden jetzt versuchen, Tommy auch mit den
anderen Morden in Verbindung zu bringen. Aber wenn sie ein weiteres Opfer
fanden, während Tommy hinter Gittern saß, dann würden sie ihn freilassen
müssen. Und sie brauchte ihn in Freiheit, zum einen, damit sie herausfinden
konnte, warum er sie eingefroren hatte, aber hauptsächlich, weil es an der Zeit
war, zum Gegenangriff auf den

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