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Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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ich mal
einen Sommer lang Rettungsschwimmer«, erklärte er.
    »Und«
    »Ich mußte
Wiederbelebungsmaßnahmen lernen. Ich habe den halben Sommer damit zugebracht,
vollgepißtes Swimmingpool-Wasser aus erschöpften Neunjährigen zu pumpen.«
    »Und?«
    »Ertrinken.«
    »Ertrinken?«
    »Ja, wir ertränken dich. Wenn du
unsterblich bist, kann dir nichts passieren. Wenn nicht, wird dich das kalte
Wasser frisch halten, und ich kann dich wiederbeleben. Auf Peary stapeln sich
noch gut dreißig Schalen mit Eiswürfeln. Könntest du ein paar holen?«
    »Tommy, ich weiß nicht, ob wir das
tun sollten.« »Du willst es doch wissen, oder nicht?«
    »Aber eine Wanne mit Eiswasser?«
    »Ich bin alle Möglichkeiten
durchgegangen - Pistolen, Messer, eine Spritze mit Kaliumnitrat. Das hier ist
die einzige Methode, die fehlschlagen kann, ohne dich wirklich umzubringen. Ich
weiß, daß du es wissen willst, aber ich will dich dabei nicht verlieren.«
    Jody war gerührt. »Das ist das
Netteste, was je jemand zu mir gesagt hat.«
    »Nun, du würdest mich ja auch
nicht umbringen wollen, oder?« Tommy war ein wenig besorgt darüber, daß Jody
alle vier Tage sein Blut trank. Nicht daß er sich krank oder schwach fühlte ; ganz im Gegenteil, jedesmal wenn sie ihn biß, war er energiegeladener, stärker,
wie es schien. Im Supermarkt konnte er zweimal so viele Kartons ausladen, und
sein Verstand schien schärfer, reger. Er kam gut mit seiner Geschichte voran.
Langsam freute er sich darauf, gebissen zu werden.
    »Na, dann komm schon«, sagte er.
»In die Wanne mit dir.«
    Jody trug ein Seidennachthemd, das
sie zu Boden gleiten ließ. »Du bist sicher, wenn's nicht klappt ...«
    »Dir wird nichts passieren.«
    Sie ergriff seine Hand. »Ich
vertraue dir.«
    »Ich weiß. Und jetzt in die Wanne
mit dir.«
    Jody stieg in das kalte Wasser.
»Es ist recht kühl«, bemerkte sie.
    »Ich dachte nicht, daß du es
fühlen könntest.«
    »Ich kann Temperaturschwankungen
fühlen, aber sie machen mir nichts aus.«
    »Damit werden wir als nächstes
experimentieren. Tauch unter.«
    Jody legte sich in die Wanne, ihr
Haar ausgebreitet auf dem Wasser wie scharlachroter Seetang.
    Tommy sah auf seine Uhr. »Nachdem
du untergetaucht bist, darfst du nicht die Luft anhalten. Es wird schwer sein,
aber saug das Wasser in deine Lunge. Ich lasse dich vier Minuten drin, dann
hole ich dich wieder raus.«
    Jody atmete ein paarmal tief durch
und sah ihn dabei an. Panik blitzte in ihren Augen. Tommy beugte sich herunter und
küßte sie. »Ich liebe dich«, sagte er.
    »Wirklich?«
    »Natürlich.« Er drückte ihren Kopf
unter Wasser.
    Sie kam wieder hoch. »Ich dich
auch«, sagte sie. Dann tauchte sie wieder unter.
    Sie versuchte, das Wasser
einzuatmen, aber ihre Lunge weigerte sich, und so hielt Jody einfach die Luft
an. Vier Minuten später packte Tommy sie unter den Achselhöhlen und zog sie
hoch.
    »Ich hab's nicht getan«, sagte
sie.
    »Himmel, Jody, ich schaff das
nicht noch mal.« »Ich habe die Luft angehalten.«
    »Vier Minuten lang?«
    »Ich glaube, ich hätte es
stundenlang gekonnt.« »Versuch's noch mal. Du mußt das Wasser einatmen, sonst
wird du nie sterben.«
    »Vielen Dank, Trainer.«
    »Bitte schön.«
    Sie tauchte ab und atmete einmal
tief durch, noch bevor sie darüber nachdenken konnte. Sie lauschte auf das
Klirren der Eiswürfel an der Oberfläche und beobachtete das Badezimmerlicht,
das sich durch das Wasser brach, gelegentlich durchbrochen von Tommys Gesicht,
wenn er zu ihr herunterschaute. Da war keine Panik, kein Ersticken - Jody
verspürte nicht einmal die Klaustrophobie, die sie erwartet hatte. Um ehrlich
zu sein, war es sogar recht angenehm.
    Tommy zog sie hoch, und sie
hustete kräftig Wasser aus, dann fing sie wieder an, normal zu atmen.
    »Bist du in Ordnung?«
    »Mir geht's gut.«
    »Du bist wirklich ertrunken!«
    »So schlimm war es nicht.«
    »Versuch's noch mal.«
    Diesmal ließ Tommy sie zehn
Minuten unter Wasser, bevor er sie wieder hochzog.
    Nachdem der Husten vorüber war,
sagte sie: »Ich vermute, das war's.«
    »Hast du den langen Tunnel mit dem
Licht am Ende gesehen? Alle deine verstorbenen Verwandten, die auf dich warten?
Die feurigen Tore der Hölle?«
    »Nö, nur Eiswürfel.«
    Tommy drehte sich um und ließ sich
auf die Badezimmermatte plumpsen, den Rücken zur Wanne. »Ich komme mir vor, als
wäre ich es, der gerade ertrunken ist!«
    »Ich fühle mich phantastisch.«
    »Das wäre es dann wohl, denke ich.
Du bist unsterblich.«

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