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Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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»Vermutlich. Soweit wir es überprüfen können. Kann ich
jetzt aus der Wanne raus?«
    »Klar.« Er reichte ihr über die
Schulter ein Handtuch. »Jody, wirst du mich verlassen, wenn ich alt werde?«
    »Du bist neunzehn.«
    »Ja, aber nächstes Jahr werde ich
zwanzig sein, dann einundzwanzig ; dann werde ich pürierte
Brechbohnen essen und mich vollsabbern und dich alle fünf Sekunden nach deinem
Namen fragen, und du wirst sechsundzwanzig und knackig sein, und du wirst mich
jedesmal hassen, wenn du meine Inkontinenz-Windeln wechseln mußt.«
    »Was für eine erhebende
Vorstellung!«
    »Nun, du wirst es hassen,
stimmt's?«
    »Gehen dir da nicht ein wenig die
Pferde durch? Deine Blasenkontrolle ist klasse ; ich habe dich sechs
Bier trinken sehen, ohne daß du einmal aufs Klo mußtest.«
    »Sicher, jetzt, aber ...«
    »Hör zu, Tommy, könntest du das
Ganze mal von meinem Standpunkt aus betrachten? Es ist auch das erste Mal, daß
ich mir wirklich Gedanken darüber machen muß. Ist dir klar, daß ich niemals
blaue Haare haben und mit kleinen Trippelschritten gehen werde? Ich werde
niemals immer ganz langsam und vorsichtig fahren und stundenlang über meine
Wehwehchen klagen. Ich werde niemals zu Denny's gehen und all die
Gratis-Marmeladedöschen klauen und sie in meiner riesigen Handtasche hamstern.«
    Tommy sah sie an. »Darauf hast du
dich gefreut?
    »Darum geht es nicht, Tommy. Ich
mag unsterblich sein, aber ich habe einen großen Teil meines Lebens verloren.
Wie zum Beispiel Pommes Frites. Es fehlt mir, Pommes Frites zu essen. Ich bin
Irin, mußt du wissen. Seit der großen Hungersnot werden die Angehörigen meines
Volkes nervös, wenn sie nicht alle paar Tage Fritten essen. Hast du darüber mal
nachgedacht?«
    »Nein, hab ich nicht.«
    »Ich weiß nicht einmal, was ich
bin. Ich weiß nicht, warum ich hier bin. Ich wurde von irgendeiner
geheimnisvollen Kreatur erschaffen, und ich habe nicht die leiseste Ahnung,
warum oder was er von mir will oder was ich tun soll. Ich weiß nur, daß er auf
eine Weise in meinem Leben herumpfuscht, die ich nicht verstehe. Hast du auch
nur die leiseste Vorstellung, wie das ist?«
    »Um ehrlich zu sein, ich weiß
genau, wie das ist.“ »Wirklich?«
    »Natürlich, jeder tut das. Wo wir
gerade dabei sind, der Kaiser hat mir erzählt, daß sie heute eine weitere
Leiche gefunden haben. In einem Waschcenter in Tenderloin. Gebrochenes Genick
und kein Tropfen Blut mehr.«

 
20. KAPITEL
    Engel
     
    Wäre Inspector Alphonse Rivera ein
Vogel gewesen, dann wäre er eine Krähe. Er war schlank und dunkel, mit
markanten Zügen und schwarzen Augen, in denen Argwohn und Tücke funkelten. Dank
seines krähengleichen Aussehens durfte er bei verdeckten Ermittlungen immer
wieder die Rolle von Koks-Dealern übernehmen. Mal als Kubaner, mal als
Mexikaner und einmal als Kolumbianer war er öfter Mercedes gefahren und hatte
mehr Armani-Anzüge getragen als die meisten echten Drogenhändler, aber nach
zwanzig Jahren bei der Drogenkommission, bei drei verschiedenen Einheiten, war
er zum Morddezernat gewechselt mit der Behauptung, er müsse endlich mit einer
besseren Klasse von Menschen arbeiten - nämlich den toten.
    O die Freuden des Morddezernats!
Simple Verbrechen der Leidenschaft, die meisten binnen achtundvierzig Stunden
aufgeklärt oder auf immer ungelöst. Keine verdeckten Operationen, keine Koffer
voller Steuerzahlergeld, keine Verkleidungen, nur einfache Schlußfolgerungen -
manche von ihnen sehr einfach: eine tote Frau in der Küche ; ein
betrunkener Ehemann mit einer rauchenden Achtunddreißiger in der Diele ; und Rivera, in seinem billigen italienischen Anzug von der Stange, würde dem
frischgebackenen Witwer sanft die Waffe abnehmen, während dieser nur immer
wieder und wieder »Leber und Zwiebeln« murmelte. Eine Leiche, ein Verdächtiger,
eine Tatwaffe und ein Motiv: Fall gelöst und weiter zum nächsten, sauber und
schnell. Bis jetzt.
    Wenn man mein Glück auf Flaschen
ziehen könnte, würde es als chemischer Kampfstoff eingestuft, dachte Rivera
verbittert. Er las abermals den Bericht des Rechtsmediziners. »Todesursache:
Bruch des fünften und sechsten Wirbels (gebrochenes Genick). Der Tote hat große
Mengen Blut verloren - keine sichtbaren Verletzungen.« Für sich genommen war es
ein einzigartig nichtssagender Bericht, aber er stand nicht allein. Es war die
zweite Leiche innerhalb eines Monats, die einen hohen Blutverlust ohne
sichtbare Verletzungen aufwies.
    Rivera blickte über

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