Lange Zähne
umherwanderten, gegen Wände liefen,
dann zurücksetzen und weiterkrochen, bis sie eine andere Wand rammten.
»Euch geht's beschissen, stimmt's.
Keiner hat euch lieb? Nun, es sieht nicht so aus, als ob Jody Verwendung für
euch haben wird. Aber wer hat denn auch schon mal von einem Vampir mit einem
schwachen Magen gehört? Es gibt keinen Grund, daß es uns allen beschissen gehen
muß.«
Tommy hatte die Plastikkisten, in
denen er Scott und Zelda getragen hatte, als Wäschekörbe benutzt. Er kippte die
schmutzige Wäsche auf den Boden und legte nasse Handtücher in die Kisten. »Auf geht's,
Jungs. Wir gehen in den Park.«
Er setzte Scott in eine Kiste und
trug ihn die Treppe hinunter zum Bürgersteig. Dann ging er nach oben, um Zelda
zu holen und ein Taxi zu rufen. Als er wieder auf die Straße kam, stand einer
der Rocker/Bildhauer vor der Gießerei und tupfte sich mit einer Bandanna den
Schweiß aus dem Bart.
»Du wohnst oben, stimmt's?« Der
Bildhauer war etwa fünfunddreißig, langhaarig und bärtig. Er trug eine speckige
Jeans und eine Jeansweste, ohne Hemd darunter. Sein Bierbauch ragte aus der
Weste und hing über seinen Gürtel wie ein großer, behaarter Sack mit Pudding.
»Ja, ich bin Tom Flood.« Tom
stellte die Kiste ab und streckte seine Hand aus. Der Bildhauer packte sie so
fest, daß Tommy vor Schmerz zusammenzuckte.
»Ich bin Frank. Mein Partner heißt
Monk. Er ist drinnen.«
»Monk?«
»Abkürzung für Monkey. Wir
arbeiten in Messing und Bronze.«
»Oh«, sagte Tommy und nickte, als
hätte er verstanden, während er sich seine gequetschte Hand massierte.
»Was sind denn das für Schildkröten?«
fragte Frank.
»Haustiere«, erklärte Tommy. »Sie
werden zu groß für die Wohnung, also fahre ich mit dem Taxi rüber zum Golden
Gate Park und setze sie im Teich aus.«
»Ist deine Alte deshalb so sauer
abgebraust?«
»Ja, sie will sie nicht mehr im
Haus haben.«
»Scheißweiber«, sagte Frank
mitfühlend. »Meine letzte Tussi hat mir immer in den Ohren gelegen, weil ich
meinen Hobel im Wohnzimmer stehen habe. Den Hobel hab ich immer noch.«
Offenkundig sollte Tommy nach
Franks Ansicht Jody in einer Kiste aus dem Haus tragen. Frank hielt ihn für
einen Schwächling. »Ich hab mich da nicht reingehängt«, erklärte Tommy
achselzuckend, »sie haben ihr gehört. Mir sind sie egal.«
»Ich könnte zwei Schildkröten
gebrauchen, wenn du das Geld für's Taxi sparen willst.«
»Wirklich?« Tommy hatte die
Vorstellung, die Kisten in ein Taxi zu laden, sowieso nicht gefallen. »Ihr
wollt sie aber doch nicht essen, oder? Ich meine, mir ist das egal, aber ...«
»Nee, niemals, Mann.«
Ein blaues Taxi fuhr vor und hielt
an. Tommy gab dem Fahrer ein Zeichen, dann drehte er sich wieder zu Frank um.
»Ich habe sie mit Hamburgern gefüttert.«
»Cool«, sagte Frank.
»Ich muß los.« Tommy öffnete die
Taxitür und sah noch ein letztes Mal zu Frank. »Kann ich sie besuchen?«
»Jederzeit«, erwiderte Frank. »Nachher.«
Er bückte sich und hob die Kiste mit Zelda hoch.
Tommy stieg in das Taxi. »Marina
Safeway«, sagte er. Er würde zwei Stunden zu früh zur Arbeit kommen, aber er
wollte nicht im Loft bleiben und eine weitere Tirade riskieren, sollte Jody
zurückkommen. Er konnte die Zeit ja mit Lesen oder so was totschlagen.
Als das Taxi losfuhr, schaute er
aus dem Rückfenster und sah, wie Frank gerade die zweite Kiste ins Haus trug.
Tommy war zumute, als hätte er gerade seine Kinder ausgesetzt.
Ich vermute, es hat sich nicht
alles verändert, als ich mich verändert habe, dachte Jody. Ohne zu wissen, wie
sie dort hingekommen war, fand sie sich bei Macy's am Union Square wieder. Es
war so, als ob irgendein instinktives Navigationssystem, aktiviert durch
Konflikte mit Männern, sie dorthin geführt hatte. In der Vergangenheit hatte
sie sich Dutzende Male hier wiedergefunden, ausgestattet mit einer Handtasche
voller tränennasser Kleenexe und einer Handvoll Kreditkarten, die sich ihrem
Limit entgegenneigten. Es war eine weitverbreitete und sehr menschliche
Reaktion. Sie entdeckte andere Frauen, die dasselbe taten: Kleiderständer
durchsahen, Stoffe befühlten, Preise verglichen, ihre Tränen und ihre Wut
niederkämpften und tatsächlich glaubten, wenn die Verkäufer ihnen sagten, sie
sähen atemberaubend aus.
Jody fragte sich, ob Kaufhäuser
wohl wußten, welcher Prozentanteil ihrer Einnahmen aus häuslichem Unfrieden
stammte. Als sie an einem Aufsteller mit sündhaft teuren Kosmetika
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