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Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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vorbeiging,
entdeckte sie ein Schild mit der Aufschrift: Mélange-Jungcreme - Weil er nie
verstehen wird, warum Sie es wert sind«. Ja, die wußten Bescheid. Die Gerechten
und die Verletzten werden Trost in einem Einkauf bei Macy's finden.
    Es waren noch zwei Wochen bis
Weihnachten, und die Geschäfte am Union Square blieben bis spät in den Abend
geöffnet. Alle Gänge waren mit Lametta und Lichterketten geschmückt, und jeder
Gegenstand, der nicht zum Verkauf bestimmt war, war mit unechtem Immergrün,
roten und grünen Schleifen und verschiedensten Plastikvarianten von Schnee
verziert. Horden von tütenbeladenen Käufern wälzten sich durch die Gänge wie
ein Ballett der fröhlichen Schlittenglöckchenversion des Bataaner
Todesmarsches, immer darauf bedacht, in Bewegung zu bleiben, damit nicht
irgendein übereifriger Dekorateur sie mit Schaufensterpuppen verwechselte und
mit Schnee aus der Dose besprühte.
    Jody beobachtete die Wärme-Auren
der Lichter, atmete den Duft von Fudge und kandierten Äpfeln und tausend
verschiedenen Parfüms und Deos ein, lauschte auf das Surren der Motoren, die
unter der Weihnachtsliederbeschallung kleine elektrische Elfen und Rentiere zum
Leben erweckten - und es gefiel ihr.
    Weihnachten ist als Vampir besser,
dachte sie bei sich.
    Früher hatten die Menschenmassen
sie gestört, aber jetzt schienen sie wie ... wie Schlachtvieh: harmlos und
unwissend. Für den Jäger in ihr schienen selbst die Frauen in Pelzmänteln, die
Jody früher mächtig auf die Nerven gegangen waren, nicht nur harmlos, sondern
sogar über die anderen erhaben in dieser neugefundenen Welt sinnlicher
Erfahrungen.
    Ich würde mich gern nackt auf Nerz
wälzen, dachte sie bei sich. Sie runzelte über sich selbst die Stirn.
Allerdings nicht mit Tommy. Jedenfalls noch eine Weile nicht.
    Sie bemerkte, daß ihr Blick über
die Menschenmenge wanderte und nach jener dunklen Aura Ausschau hielt, die die
Sterbenden - ihre Beute - verriet, dann rief sie sich selbst zur Ordnung und
erschauerte. Sie blickte über die Köpfe der Leute hinweg, so wie man im
Fahrstuhl Blickkontakt vermied, und sah aus dem Augenwinkel einen schwarzen
Schimmer.
    Es war ein Cocktailkleid, schlicht
drapiert an einer ausgezehrten Venus-von-Milo-Schaufensterpuppe mit einer
Weihnachtsmannmütze. Das KS, das Kleine Schwarze: das Modeäquivalent zu
Atomwaffen ; öffentlich getragene Reizwäsche, deren Wirkung nicht auf
dem beruhte, was sie war, sondern was sie nicht war. Man mußte tolle Beine und
eine ebenso tolle Figur besitzen, um ein KS zu tragen. Jody verfügte über
beides. Aber man mußte auch Selbstbewußtsein besitzen, und das hatte sie sich
nie antrainieren können. Jody blickte auf ihre Jeans und ihr Sweatshirt, dann
auf das Kleid, dann auf ihre Tennisschuhe. Sie drängelte sich durch die Menge
zu dem Kleid.
    Eine mollige, geschmackvoll
gekleidete Verkäuferin näherte sich Jody von hinten. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Jodys Blick war starr auf das
Kleid gerichtet, so als wäre es der Stern von Bethlehem und sie hätte die Hände
voll mit Weihrauch und Myrrhe. »Ich möchte das Kleid in Größe 38 probieren.«
    »Sehr wohl«, sagte die Verkäuferin.
»Ich bringe Ihnen Größe 40 und auch eins in 42.«
    Jody sah die Verkäuferin zum
ersten Mal an und bemerkte, daß die Frau auf ihr Sweatshirt starrte, als würde
ihm gleich Tentakeln wachsen, um sie damit zu erdrosseln.
    »38 reicht völlig«, sagte Jody.
    »38 könnte ein bißchen knapp
sitzen«, erwiderte die Frau.
    »Das soll es ja gerade«, gab Jody
zurück. Sie lächelte höflich, während sie sich im Geiste vorstellte, wie sie
der Verkäuferin ganze Büschel ihres geschmackvoll gefärbten Haars ausriß.
    »Lassen Sie uns einmal die Größe
vergessen«, sagte die Verkäuferin und gab sich alle Mühe, das Preisschild so zu
halten, daß Jody es sehen konnte. Sie blickte verstohlen zu Jody, um ihre
Reaktion zu sehen.
    »Er bezahlt«, sagte Jody, nur um
sie zu ärgern. »Es ist ein Geschenk.«
    »Oh, wie nett«, erwiderte die
Verkäuferin und versuchte sich ein Lächeln abzuringen, war aber offensichtlich
angewidert. Jody konnte es nur zu gut verstehen. Vor sechs Monaten hätte sie die
Art von Frau gehaßt, die sie vorgab zu sein. »Es ist wie geschaffen für
elegante Weihnachtsfeiern«, bemerkte die Verkäuferin.
    »Um ehrlich zu sein, ist - es für eine Beerdigung.« Jody konnte sich nicht erinnern, je soviel Spaß beim
Einkaufen gehabt zu haben.
    »Oh, tut mir leid.« Die
Verkäuferin schaute

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