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Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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werden viel Spaß miteinander haben!«
    Maurice machte sich daran, Proben
von Lidschatten, Lippenstiften, Wimperntusche und Puder neben der
Winter-Farbpalette auf dem Tresen aufzutürmen. Er öffnete ein
Wimpertusche-Röhrchen und hielt die Bürste neben Jodys Gesicht. »Diese hier
heißt Elm Blight und gleicht der Farbe von abgestorbenen Bäumen im Schnee. Es
paßt wunderbar zu Ihren Augen. Nur zu, meine Liebe, probieren Sie's aus.«
    Während Jody sich mit Hilfe des
Vergrößerungsspiegels auf dem Tresen die Wimpern tuschte, las Maurice ihr die
Typ-Beschreibung der Winterfrau vor.
    »Die Winterfrau ist so ungezügelt
wie ein Eisregen, so frisch wie Neuschnee. Auch wenn einige sie als kalt
ansehen, so schlägt doch ein feuriges Herz unter der Eisköniginnenschale. Sie
liebt die nackte Schlichtheit japanischer Kunst und die gewagte Komplexität
russischer Literatur. Sie zieht gerade Linien geschwungenen vor, grübelt lieber
statt zu schmollen und hört lieber Rock-and-Roll statt Country and Western. Ihr
Getränk ist der Wodka, ihre Automarke ist deutsch, ihr Schmerzmittel ist Advil.
Die Winterfrau mag ihre Männer schwach und ihren Kaffee stark. Sie neigt zu
Anämie, Hysterie und Selbstmord.« Maurice trat vom Tresen zurück und verbeugte
sich tief, so als hätte er gerade eine Rezitation beendet.
    Jody sah vom Spiegel auf und
blinzelte ; die Wimpern ihres rechten Auges bildeten ein
sternenförmiges Uhrwerk Orange -Muster gegen ihre blasse Haut. »Das
können die alles an meiner Farbpalette ablesen?«
    Maurice nickte und zückte einen
Zobelpinsel.
    »Hier, meine Liebe, versuchen Sie
mal dieses Rouge, um Ihre wundervollen Wangenknochen hervorzuheben. Es heißt
American Rust und hat die Farbe eines 63er Rambler, der viel auf mit Salz
gestreuten Straßen gefahren wurde. Hundertprozent Winter.«
    Jody beugte sich über den Tresen,
um Maurice Zugriff auf ihre Wangen zu erlauben.
    Eine halbe Stunde später schaute
sie in den Spiegel - der nunmehr auf seine nicht vergrößernde Seite
herumgedreht war - und schürzte die Lippen. Zum ersten Mal sah sie wirklich wie
ein Vampir aus.
    »Ich wünschte, ich hätte eine
Kamera«, überschlug sich Maurice. »Sie sind ein Winter-Meisterwerk!« Er reichte
ihr eine kleine Tüte voller Kosmetika. »Das macht dann dreihundert Dollar.«
    Jody bezahlte ihn. »Kann ich mich
hier irgendwo umziehen? Ich möchte so gern sehen, wie ich in meiner neuen
Aufmachung aussehe.«
    Maurice deutete quer durch das
Geschäft. »Dahinten ist eine Umkleidekabine. Und vergessen Sie nicht Ihr
Gratisgeschenk, die Needless-Notion-Lotion-Serie im Wert von fünfzig Dollar.«
Maurice hielt eine imitierte Gucci-Plastik-Kulturtasche voller Fläschchen hoch.
    »Vielen Dank.« Jody nahm die
Tasche und trollte sich in Richtung Umkleidekabine. Auf halbem Weg durch das
Geschäft vernahm sie die Stimme der adretten Verkäuferin aus der
Abendmoden-Abteilung. Als Jody sich umdrehte, sah sie die Frau mit Maurice
tuscheln. Jody konzentrierte sich und konnte über die Menschenmenge und die
Weihnachtsmusik-Beschallung hinweg verstehen, was sie sagten.
    »Wie ist es gelaufen?« fragte die
Verkäuferin.
    Maurice grinste. »Sie sieht jetzt
aus wie eine aufgedonnerte Barbiepuppe.«
    Die Frau und Maurice rieben sich
hämisch die Hände. Schnepfen, dachte Jody.

 
26. KAPITEL
    Am Ende
der Nacht ...
     
    Der Kaiser hielt ein Streichholz
an das Ende einer kubanischen Zigarre und zog, bis die Spitze wie eine
Revolution loderte.
    »Ich stimme nicht mit ihrer Ideologie
überein«, sagte der Kaiser, »aber eins muß man den Marxisten wirklich lassen -
sie verstehen es, eine gute Zigarre zu rollen.«
    Bummer nieste und knurrte die
Zigarre an, dann schüttelte er sich heftig und bespritzte den Kaiser und
Lazarus mit einem feinen Sprühregen.
    Der Kaiser kraulte den Boston
Terrier hinter den Ohren. »Beruhig dich, mein kleiner Kamerad, du könntest ein
Bad gebrauchen. Wenn wir unseren Feind besiegen, dann durch Ritterlichkeit und
Mut, nicht durch unseren Gestank.«
    Kurz nach Sonnenuntergang hatte
ein Mitglied des Jachtclubs dem Kaiser die Zigarre geschenkt und ihn
eingeladen, die Duschanlage des Clubs zu benutzen. Sehr zum Leidwesen des
Club-Hausmeisters hatte der Kaiser seine Dusche mit Bummer und Lazarus geteilt,
die den Abfluß hoffnungslos mit Fell und dem Zeug und dem Dreck, aus dem Helden
gemacht sind, verstopften. Nun verbrachten sie den Abend auf demselben Pier,
auf dem sie geschlafen hatten. Der Kaiser genoß seine Zigarre,

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