Langenscheidt Anwalt-Deutsch/Deutsch-Anwalt
lesen, denn „furtum usus“ oder „Gebrauchsanmaßung“ ist tatsächlich straflos! Wenn man eine fremde Sache nur an sich nimmt und benutzt, ohne sie endgültig stehlen zu wollen, wird man dafür nicht bestraft. Der Richter muss es halt nur glauben!
Merke: » Ich hab’s nicht geklaut, ich wollte es doch zurückbringen! Echt! «
(Der Richter rechnet nicht)
Juristen können von Geburt an kein Mathe, sonst hätten Sie ja nicht Jura studiert. Und weil das jeder weiß, muss man in einem gerichtlichen Urteil alles ernst nehmen, mit Ausnahme der Rechenergebnisse. Denn die erheben laut Gesetz grundsätzlich keinen Anspruch auf Richtigkeit. Tja, so einfach kann man es sich natürlich auch machen! Am liebsten hätten Juristen schon in der Schule ihre Matheklausuren mit dem Satz beendet: „Keine Gewähr für die Richtigkeit der Ergebnisse.“ Später im Beruf dürfen sie das tatsächlich – allerdings nur, wenn sie es auf Latein sagen!
Merke: Auf Latein klingt selbst » Ich bin zu blöd zum Rechnen « nach solider humanistischer Bildung.
(Der lichte Moment)
Wer etwas rechtswirksam gekauft hat, der war juristisch betrachtet auf jeden Fall bei klarem Verstand. Das sehen Sie anders, wenn Sie sich die letzten Wochenendeinkäufe Ihrer Gattin anschauen? Mag sein, aber » Meine Frau spinnt, nehmen Sie den Krempel gefälligst zurück! « – ganz so einfach geht es leider nicht immer. Denn selbst wenn Sie prinzipiell recht hätten, könnte sich Ihre Frau möglicherweise auf ein „lucidum intervallum“ berufen. Also auf einen lichten Moment während des Kaufrausches, in dem sie durchaus kurz überblicken konnte, was sie gerade tut. Na und wenigstens solche Momente wollen Sie ihr als liebender Gatte doch wohl nicht absprechen, oder?
In juristischen Uni-Klausuren wimmelt es übrigens nur so von unerkannt Geisteskranken, die in lichten Momenten Vasen kaufen – es sind immer Vasen –, um diese nach Beendigung des lichten Moments, aber noch vor dem Bezahlen, wieder kaputt zu schlagen. Und die armen Jurastudenten sollen dann entscheiden, wer in diesen ungemein realitätsnahen Fällen für den Schaden aufkommen muss. Als junge Anwälte wundern sie sich später, wo eigentlich die ganzen geisteskranken Mandanten mit den kaputten Vasen bleiben …
Merke: » Schatz, natürlich erscheint es irgendwie verrückt, dass ich das alles gekauft habe, aber glaube mir: Beim Bezahlen hatte ich immer kurz ein lucidum intervallum. Wir müssen das also alles behalten! «
(Es steht nicht fest)
Oder auch: » Puh, keine Ahnung, ich weiß es einfach nicht. Haben Sie ’ne Idee? « Das ist die typische Ausgangssituation eines Gerichtsverfahrens. Der Richter weiß halt nicht, was in dem Fall wirklich passiert ist – non liquet, eben! Also muss er sich von den Prozessparteien erst einmal gründlich vorlügen lassen, wie es angeblich war. Am Ende des Verfahrens ist der Richter dann einen großen Schritt weiter: Nun würde er selbst die Frage nach seinem eigenen Namen mit einem unsicheren „non liquet“ beantworten. Genau in diesem Augenblick ist das Verfahren reif für ein Beweislasturteil. Der Richter sagt also: » Was weiß ich, wie es in Wirklichkeit war. Du kannst nichts beweisen, also verlierst du den Prozess! «
Merke: » Wir befinden uns hier in einer klassischen non-liquet-Situation « klingt doch deutlich souveräner als: » Ich habe durch euer Gequatsche völlig den Überblick verloren. «
Nie ohne Anwalt ...
7. Kapitel
Nie ohne Anwalt zum Shoppen
... zum Shoppen
Unser Kaufrecht ist eine tolle Erfindung. Wenn Sie zu Recht unzufrieden mit etwas sind, das sie gekauft haben, dürfen sie es einfach zurückbringen.
Nur einmal zum Vergleich: Wenn Sie zu Recht unzufrieden mit etwas sind, das Sie geheiratet, gezeugt oder sich angefuttert haben, werden sie es nicht so einfach wieder los! Unser Kaufrecht ist also eine echte Errungenschaft. Und obendrein ist es gar nicht schwierig zu verstehen. Im Prinzip funktioniert es immer so:
Die Vorgeschichte
Sie kaufen etwas.
Das ist kaputt.
Sie bringen es zurück.
Die Rechtslage
Sie dürfen wählen: Verkäufer repariert die kaputte Ware oder gibt Ihnen neue Ware – diesmal nicht kaputt.
Hat nicht geklappt? – O.K., einen Versuch hat der Verkäufer noch.
Hat immer noch nicht geklappt?
Sie dürfen wählen: Sie behalten das kaputte Ding, bekommen es aber billiger oder Sie geben es zurück und kriegen Ihr Geld wieder.
Haben Sie sich die Schritte 4 bis 7 gemerkt? Gratulation! Dann wissen Sie jetzt
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