Langenscheidt Nachbar-Deutsch u Deutsch-Nachbar
verletzt werden. Nur so können sie sichergehen, dass das boshafte Schild nicht vorzeitig entfernt oder beschädigt wird. Steht so eine Schmähschrift auf eigenem Grund und Boden, ist deren Beschädigung oder Entfernung durch Dritte direkt die Basis für weitere Verfahren zu den Themen Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung oder gar Diebstahl! Selbst bei den gelungensten Sprüchen ist den Verfassern davon abzuraten, sie auf fremde Hauswände oder den Autotüren des Zielobjekts anzubringen – auch das ist Sachbeschädigung!
Franz Obst als Rechtsanwalt meint dazu:
Wer seine eigenen Wände angemessen verziert, bewegt sich grundsätzlich auf rechtlich sicherem Terrain, es sei denn, der Adressat einer beleidigenden Äußerung ist unzweifelhaft auszumachen. In diesem Fall droht eine Strafanzeige wegen Beleidigung oder übler Nachrede gemäß §§ 185 ff. Strafgesetzbuch (StGB). Wer eine solche Anzeige erstatten will, sollte allerdings die Antragsfrist von drei Monaten, innerhalb derer der Strafantrag zu stellen ist, im Auge behalten. Vergreift man sich zur Verschönerung des nachbarschaftlichen Umfeldes an fremden Objekten, winkt § 303 StGB mit Strafe wegen Sachbeschädigung, wobei auch hier die Strafantragsfrist von drei Monaten ab dem Vorfall gilt.
Papierkrieg mit Abmahnungen, Eingaben und Schiedsverfahren
Nichts ist bequemer als ein nachbarschaftlicher Stellungskrieg am heimischen PC. Dazu werden Grundbuchauszüge, Katasterunterlagen sowie ein paar Titel oder Links zum Nachbarschaftsrecht benötigt. Hilfreich sind außerdem eidesstattliche Versicherungen von Nachbarn aus dem eigenen Fanzirkel. Danach kann es dann losgehen: Mit einem ersten Anwaltstermin, sofern man rechtsschutzversichert ist. Oder gegebenenfalls in eigener Regie, falls das Verfahrensrisiko aus dem privaten Sparstrumpf bestritten wird. Erfahrene Krawallmacher suchen sich gerne Rechtsanwälte aus, die erst kurz im Geschäft sind. Denn die nehmen aus wirtschaftlichen Gründen zuweilen auch mal kleineren Nachbarschaftszoff an, selbst wenn der nicht besonders Erfolg versprechend ist. Trägt ja immerhin zur Deckung ihrer Büromiete bei – egal, was letztlich dabei herauskommt.
So oder so, es werden Forderungen gestellt oder Unterlassungen verlangt, klare Fristsetzungen und die Androhung weiterer Schritte im Fall der Nichterfüllung inklusive. Und natürlich die vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung – zugestellt per Übergabeeinschreiben mit Rückschein. Der Grundstein zum Nachbarschaftsstreit ist damit gelegt. Was nicht heißt, dass auf behördliche Eingaben oder Anzeigen verzichtet wird, denn eine zweite Front erhöht immer den Druck und strapaziert so das Nervenkostüm der Gegner.
Hinweis: Wer qualifizierten Streit sucht oder versehentlich davon betroffen ist, dem ist fast immer mit einer passenden Rechtsschutzversicherung gedient. Die aber – Achtung! – teilweise auch Wartezeiten zwischen Versicherungsbeginn und erstem Verfahren vorsieht. Oder verlangt, dass der Rechtsfrieden vor Versicherungsbeginn noch bestand (der Versicherungsvertrag zielt also nicht darauf ab, einen bestehenden Altkonflikt justiziabel aufzuheizen). Manche Versicherungen bieten – Gott sei Dank – anwaltliche Mediation zur Befriedung von Streitigkeiten an. Eine schöne Alternative nicht nur für Pazifisten und Blumenkinder, sondern für jeden wohlmeinenden Rechtsschutzversicherten ohne Krawallgene.
Es schadet auch nichts, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt ortsgebundene, juristische Halblaien einzuspannen, also zum Schiedsmann zu gehen. Kostet fast nichts außer Zeit – natürlich auch dem ausgewählten Opfer aus der Nachbarschaft. Schiedsmänner und -frauen sind nette, honorige Mitbürger, die mitunter auch nachbarschaftlichen Blödsinn glauben und dann mit ihrem juristischen Halbwissen emsig befrieden wollen. Schön, so einen Gutmenschen mit ein paar Halbwahrheiten auf seiner Seite zu haben. Und die Schlichtung für irgendwas zu verlangen, was einem gerade so in den Sinn kommt: Der Hamster des bösen Nachbarn hat am Grenzzaun gesundheitsschädigend gefurzt, eine Bananenschale wurde absichtlich auf die Eingangsstufen gelegt, damit man sich die Knochen bricht. Oder der Nachbar hätte mit seinem Auto „kurz lang, kurz lang kurz, kurz kurz kurz, lang kurz lang kurz, kurz kurz kurz kurz“ gehupt. Was eindeutig „Arsch“ im Morsealphabet bedeutet!
Man muss dem Schiedsmann als Antragsteller ja nicht unbedingt verraten, dass man selbst für die Huperei
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