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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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funktionierte. Er konnte aufhören. Diesmal stand er vorsichtiger auf und blieb einen Augenblick stehen (er drehte Toms Scout vorsichtig den Rücken zu, weil er nicht sehen wollte, was darin war), bevor er wieder zu gehen versuchte. Er stellte fest, dass die Nadeln schwächer pieksten. Anfangs ging er mit ausgeprägtem Hinken, aber nach den ersten paar Schritten wurde sein Gang gleichmäßiger.
    Er hatte die Büsche fast hinter sich, die Shooter mit Toms Scout platt gefahren und teilweise entlaubt hatte, als er ein Auto näher kommen hörte. Mort ließ sich ohne nachzudenken auf die Knie sinken und sah, wie ein rostiger alter Cadillac vorbeifuhr. Dieser gehörte Don Bassinger, der ein Haus auf der anderen Seite des Sees hatte. Bassinger, ein Alkoholikerveteran, der die meiste Zeit damit verbrachte, die Reste einer einstmals üppigen Erbschaft zu versaufen, benützte den Lake Drive häufig als Abkürzung zur so genannten Bassinger Road. Don war so ziemlich der einzige ganzjährige Gast hier unten, dachte Mort.
    Nachdem der Caddy nicht mehr zu sehen war, stand Mort auf und eilte den Rest des Weges zur Straße hinauf. Jetzt war er froh, dass er den Buick nicht mitgebracht hatte. Er kannte Don Bassingers Cadillac, und Bassinger kannte Morts Buick. Es war so früh am Tag, dass Don wahrscheinlich noch nicht völlig weggetreten war; und er würde sich wahrscheinlich daran erinnern, dass er Morts Auto gesehen hätte, wäre es hier gewesen, nicht weit von der Stelle entfernt, wo jemand demnächst einmal eine außerordentlich schreckliche Entdeckung machen würde.
    Er gibt sich größte Mühe, dich mit dieser Sache zu belasten, dachte Mort, während er den Lake Drive entlang zu seinem Haus hinkte. Das macht er schon die ganze Zeit. Wenn jemand gestern Nacht ein Auto bei Tom Greenleaf gesehen hat, war es mit Sicherheit dein Buick. Er hat sie mit deinen Werkzeugen umgebracht …
    Ich könnte die Werkzeuge wegschaffen, dachte er plötzlich. Ich könnte sie in den See werfen. Wahrscheinlich wird mir schlecht werden, wenn ich sie rausziehe, aber fertigbringen würde ich es.
    Tatsächlich? Ich weiß nicht. Und selbst wenn … nun, Shooter wird mit ziemlicher Sicherheit auch an diese Möglichkeit gedacht haben. An alle anderen scheint er gedacht zu haben. Und er weiß, wenn du den Schraubenzieher und die Axt verschwinden lässt und die Polizei sucht den Boden des Sees nach ihnen ab und findet sie, sieht alles noch viel schlimmer für dich aus. Siehst du, was er gemacht hat? Siehst du es?
    Ja. Er sah es. John Shooter hatte ihm ein Geschenk gemacht. Es war eine Teerpuppe. Eine große, klebrige Teerpuppe. Mort hatte der Teerpuppe mit der linken Hand eins auf den Kopf verpasst, und die war kleben geblieben. Also hatte er der Teerpuppe mit der rechten Hand in den Magen geschlagen, damit er wieder frei kam, aber seine rechte Hand war auch daran kleben geblieben. Er hatte – wie hieß das Wort, das er mit so eitler Selbstgefälligkeit benützt hatte? Geschwindelt, nicht? Ja, das war es. Und dabei war er die ganze Zeit immer mehr mit John Shooters Teerpuppe verklebt. Und jetzt? Nun, er hatte allen möglichen Leuten Lügen erzählt, und das würde schlecht aussehen, wenn es herauskam, und eine Viertelmeile hinter ihm trug ein Mann eine Axt als Hut, auf deren Stiel Morts Name geschrieben war, und das würde noch schlechter aussehen.
    Mort stellte sich vor, wie das Telefon in dem einsamen Haus läutete, und zwang sich zum Laufschritt.

 
37
     
    Shooter rief nicht an.
    Die Minuten zogen sich wie Karamell, und Shooter rief nicht an. Mort ging rastlos durch das Haus und zupfte und zauste an seinem Haar. Er stellte sich vor, dass so einem Junkie zumute sein musste, der auf seinen Dealer wartete.
    Zweimal hatte er Zweifel am Warten und ging zum Telefon, um die Behörden anzurufen – nicht den alten Dave Newsome, nicht einmal den County Sheriff, sondern die State Police. Er würde sich an den alten Grundsatz aus Vietnam halten: Bring sie alle um und lass Gott sie aussortieren. Warum nicht? Schließlich hatte er einen guten Ruf; er war ein angesehener Bürger zweier Städte in Maine, und John Shooter war ein …
    Was genau war Shooter?
    Das Wort ›Phantom‹ fiel ihm ein.
    Auch das Wort ›Irrlicht‹ fiel ihm ein.
    Aber nicht das hinderte ihn. Was ihn hinderte, war die schreckliche Gewissheit, dass Shooter versuchen würde anzurufen, während Mort selbst telefonierte … und Shooter würde das Besetztzeichen hören, auflegen und Mort würde nie

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