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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war nervtötend und außerordentlich beruhigend zugleich.
    Ich zeige ihnen, dass es mein Ernst ist, wenn ich sage, ich steige aus.
    Er ließ den Streifen auf den Boden fallen und fing mit dem nächsten an. Es war wichtig, langsam zu reißen. Es war wichtig, dass jeder Streifen so schmal wie möglich war, aber man durfte sie nicht zu schmal machen, sonst spielten sie einem einen Streich und brachen durch, ehe man das untere Ende der Seite erreicht hatte. Jeden Streifen genau richtig zu machen, das erforderte scharfe Augen und furchtlose Hände. Und die habe ich. Glaubt es mir. Glaubt es mir lieber.
    Riii-tsch.
    Vielleicht muss ich den Piloten umbringen.
    Seine Hände verharrten nach der halben Seite. Er sah zum Fenster hinaus und sah sein eigenes langes, teigiges Gesicht vor der Dunkelheit.
    Vielleicht muss ich auch den Engländer umbringen.
    Craig Toomy hatte noch nie in seinem Leben jemanden umgebracht. Würde er es fertigbringen? Er kam mit wachsender Erleichterung zur Überzeugung, dass er das konnte. Natürlich nicht, solange sie noch in der Luft waren; der Engländer war ziemlich schnell, kräftig, und hier oben gab es keine Waffen. Aber wenn sie gelandet waren?
    Ja. Wenn es sein muss, ja.
    Schließlich dauerte die Versammlung im Pru mindestens drei Tage. Es schien nun unabwendbar, dass er zu spät kam, aber immerhin konnte er es erklären: Er war unter Drogen gesetzt und von einer Regierungsagentur als Geisel genommen worden. Das würde sie verblüffen. Er konnte schon ihre staunenden Gesichter sehen, wenn er vor ihnen stand, dreihundert Banker aus dem ganzen Land, die sich versammelt hatten, um über Aktien und Zahlungsschwierigkeiten zu sprechen; Banker, die statt dessen die schmutzige Wahrheit hören würden, was die Regierung im Schilde führte. Meine Freunde, ich bin entführt worden von …
    Riii-tsch.
    … und konnte nur entkommen, indem ich …
    Riii-tsch.
    Wenn es sein muss, bringe ich sie beide um. Ich könnte sie sogar alle umbringen.
    Craig Toomys Hände bewegten sich wieder. Er riss den Rest des Streifens ab, ließ ihn auf den Boden fallen und fing mit dem nächsten an. Die Zeitschrift hatte viele Seiten, jede Seite ergab viele Streifen, und das bedeutete, es lag noch viel Arbeit vor ihm, bis das Flugzeug landete. Aber er machte sich keine Sorgen.
    Craig Toomy war der Macher-Typ.
     
5
     
    Laurel Stevenson schlief nicht wieder ein, döste aber leicht. Ihre Gedanken – die in diesem geistig losgelösten Stadium Träumen sehr nahe kamen – kreisten darum, warum sie wirklich nach Boston unterwegs war.
    Dies sollen meine ersten richtigen Ferien seit zehn Jahren sein, hatte sie gesagt, aber das war eine Lüge. Sie enthielt ein kleines Körnchen Wahrheit, aber sie bezweifelte, ob sie sehr glaubwürdig war, als sie sie erzählt hatte; sie war nicht zum Lügen erzogen worden, und ihre Technik war nicht sehr gut. Nicht, dass es die Leute, die von Flug Nr. 29 noch übrig waren, weiter bekümmerte, vermutete sie. Nicht in dieser Situation. Die Tatsache, dass man nach Boston unterwegs war, um einen Mann zu treffen – und mit ziemlicher Sicherheit mit ihm zu schlafen –, den man noch nie vorher gesehen hatte, verblasste neben der Tatsache, dass man in einem Flugzeug nach Osten flog, aus dem die meisten Passagiere und die gesamte Besatzung verschwunden waren.
     
    Liebe Laurel,
    ich freue mich so sehr darauf. Dich kennen zu lernen. Du musst nicht einmal mein Foto vergleichen, wenn Du von der Gangway kommst. Ich habe so viele Schmetterlinge im Bauch, dass Du nur nach dem Mann Ausschau halten musst, der irgendwo unter der Decke schwebt …
     
    Sein Name war Darren Crosby.
    Sie musste sein Foto nicht vergleichen, das stimmte. Sie hatte sich sein Foto eingeprägt wie die meisten seiner Briefe. Die Frage war warum. Und auf diese Frage hatte sie keine Antwort. Nicht einmal einen Hinweis. Es war ein weiterer Beweis für J. R. R. Tolkiens Feststellung: Man musste jedes Mal vorsichtig sein, wenn man aus seiner Tür herauskam, denn der Gehweg war in Wirklichkeit eine Straße, und die Straße führte immer weiter. Wenn man nicht aufpasste, wurde man … nun, einfach fortgetragen, Fremder in einem fremden Land, ohne Ahnung, wie man dorthin gekommen war.
    Laurel hatte allen gesagt, wohin sie ging, aber sie hatte keinem gesagt, warum sie ging oder was sie vorhatte. Sie hatte an der University of California studiert und ihren Doktor in Bibliothekswissenschaft gemacht. Sie war zwar keine Traumfrau, aber gut gebaut und

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