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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hast du auch nicht. Du bist ein Langweiler, Craiggy-weggy.« Sie sang das Lied zu Ende und blies das Streichholz selbst aus, bevor die Haut zwischen dem zweiten und dritten Zehen mehr als nur leicht gereizt war, aber Craig vergaß die gelbe Flamme und das schwarze, verkrümmte Holz nie wieder, während seine Mutter mit ihrer dröhnenden, falschen Alkoholikerstimme ›Happy birthday, dear Craiggy-weggy, happy birthday to yooou‹ sang.
    Druck.
    Druck in den Gräben.
    Craig Toomy bekam weiterhin nur Einsen und verbrachte weiterhin viel Zeit in seinem Zimmer. Der Ort, der sein Gefängnis gewesen war, wurde zu seiner Zuflucht. Er lernte meistens dort, aber manchmal – wenn etwas schlecht lief, wenn ihm zumute war, als würde er mit dem Rücken zur Wand stehen –, nahm er ein Blatt Notizpapier nach dem anderen und riss es in schmale Streifen. Er ließ sie zu einem wachsenden Berg zu seinen Füßen fallen, während seine Augen starr ins Leere blickten. Aber diese leeren Zeiträume waren nicht häufig. Noch nicht.
    Er machte den Abschluss an der Highschool. Seine Mutter kam nicht. Sie war betrunken. Er absolvierte die Prüfung der UCLA School of Accounting an neunter Stelle. Seine Mutter kam nicht. Sie war tot. Im dunklen Graben, der im Mittelpunkt seines eigenen Herzens existierte, war Craig Toomy ziemlich sicher, dass die Langoliers sie endlich geholt hatten.
    Craig arbeitete für die Desert Sun Banking Corporation in Kalifornien und nahm an deren Ausbildungsprogramm für leitende Angestellte teil. Er war ziemlich gut, was nicht überraschend war. Craig Toomy war schließlich geschaffen worden, um alle Einsen zu bekommen, um unter dem Druck zu gedeihen, der in den tiefen Gräben herrscht. Manchmal, nach einem kleinen Misserfolg in der Arbeit (und damals, vor erst fünf Jahren, waren sämtliche Misserfolge klein gewesen), kehrte er in seine Wohnung in Westwood zurück, keine fünf Meilen von der Eigentumswohnung entfernt, die Brian Engle nach seiner Scheidung beziehen sollte, und riss stundenlang Papier in kleine Streifen. Dieses Papierreißen wurde allmählich immer häufiger.
    In diesen fünf Jahren fuhr Craig den Beförderungszug wie ein Windhund, der einen mechanischen Hasen verfolgt. Der Büroklatsch spekulierte, er könnte durchaus der jüngste Vizepräsident in der ruhmreichen vierzigjährigen Geschichte von Desert Sun werden. Aber manche Fische sind nur eingerichtet, ein Stück weit zu steigen, und nicht weiter; sie explodieren, wenn sie ihre eingebauten Grenzen überschreiten.
    Acht Monate zuvor hatte Craig Toomy die alleinige Aufsicht über sein erstes großes Projekt bekommen – das Gegenstück der Firma zu einer Doktorarbeit. Dieses Projekt war von der Aktienabteilung ins Leben gerufen worden. Aktien – ausländische Aktien und Schrottaktien (was ab und zu ein und dasselbe war) – waren Craigs Spezialität. Dieses Projekt sah vor, eine begrenzte Anzahl südamerikanischer Aktien – manchmal Schulden-Aktien genannt – nach einem sorgsam ausgeklügelten Plan zu kaufen. Die Theorie hinter solchen Käufen war durchaus logisch, bedachte man die geringen Risiken bei solchen Aktien und die großen Steuervorteile bei solchen Verkäufen, die fast immer zu Gewinn führten. (Onkel Sam überschlug sich praktisch regelrecht, um zu verhindern, dass die komplexe Struktur südamerikanischer Schuldverschreibungen nicht wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzte.) Man musste nur vor sichtig genug vorgehen.
    Craig Toomy hatte einen kühnen Plan vorgelegt, bei dem mehrere Brauen in die Höhe gegangen waren. Er kreiste um den Ankauf verschiedener argentinischer Aktien, die im allgemeinen als das größte zahlreicher Übel angesehen wurde. Craig hatte nachdrücklich und überzeugend für seinen Plan gesprochen und Fakten, Zahlen und Hochrechnungen angeführt, die seine Behauptung untermauern sollten, dass argentinische Aktien weitaus stabiler waren, als es den Anschein hatte. Mit einem kühnen Streich, argumentierte er, konnte Desert Sun zum wichtigsten – und reichsten – Käufer ausländischer Aktien im amerikanischen Westen werden. Das Geld, das sie verdienten, sagte er, wäre aber längst nicht so wichtig wie die langfristige Glaubwürdigkeit, die sie aufbauen konnten.
    Nach manchen Diskussionen – darunter vielen erhitzten – bekam Craig grünes Licht für das Projekt. Tom Holby, ein Seniorvizepräsident, hatte Craig nach der Versammlung beiseite genommen und ihm gratuliert … und ihn gewarnt. »Wenn sich das am

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