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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hatte; Mut gehörte zu den Eigenschaften, für die er bezahlt wurde. Er erinnerte sich, wie ein Pilot ihm einmal gesagt hatte: »Sie bezahlen uns hunderttausend Dollar oder mehr pro Jahr, Brian, und das machen sie wirklich nur aus einem einzigen Grund. Sie wissen, in der Laufbahn eines jeden Piloten kommen einmal dreißig oder vierzig Sekunden, wenn tatsächlich alles nur von ihm abhängt. Sie bezahlen uns dafür, dass wir nicht erstarren, wenn diese Sekunden schließlich kommen.«
    Es war schön und gut, wenn einem das Gehirn sagte, dass man runter musste, ob mit oder ohne Wolken, dass es eben keine andere Wahl gab; aber die Nervenenden schrieen weiter ihre uralte Warnung und telegrafierten das alte Hochspannungsentsetzen vor dem Unbekannten. Selbst Nick, was immer er war oder auf dem Boden tat, hatte vor den Wolken zurückweichen wollen, als es ernst wurde. Er hatte Brian gebraucht, um zu tun, was getan werden musste. Er und alle anderen hatten Brian gebraucht. Jetzt waren sie unten, und es waren keine Ungeheuer unter den Wolken; nur diese unheimliche Stille und ein verlassener Gepäckzug, der unter der Tragfläche einer Delta 727 stand.
    Wenn du also übernehmen und Kapitän sein willst, mein nasendrehender Freund, meinen Segen hast du. Ich lasse dich sogar meine Mütze aufsetzen, wenn du möchtest. Aber erst, wenn wir das Flugzeug verlassen haben. Bis du und der Rest tatsächlich auf festem Boden steht, unterliegt ihr meiner Verantwortung.
    Aber Nick hatte ihm eine Frage gestellt, und Brian ging davon aus, dass er eine Antwort verdiente.
    »Jetzt verlassen wir das Flugzeug und sehen nach, was Sache ist«, sagte er und drängte sich an dem Engländer vorbei.
    Nick legte ihm eine Hand auf die Schulter und hielt ihn zurück. »Glauben Sie …«
    Brian verspürte eine uncharakteristische Zorneswallung. Er schüttelte Nicks Hand ab. »Ich glaube, wir sollten das Flugzeug verlassen«, sagte er. »Niemand wird uns eine Gangway herrollen, daher benützen wir die Notrutsche. Danach dürfen Sie denken, mein Freund.«
    Er ging in die erste Klasse … und fiel fast über den Getränkewagen, der auf der Seite lag. Jede Menge Glasscherben und ein Gestank nach Alkohol, der einem das Wasser in die Augen trieb. Er stieg darüber hinweg. Nick holte ihn am Ende der Ersten-Klasse-Kabine ein.
    »Brian, wenn ich etwas gesagt habe, das Sie beleidigt hat, tut es mir leid. Sie haben hervorragende Arbeit geleistet.«
    »Sie haben mich nicht beleidigt«, sagte Brian. »Es ist nur so, in den vergangenen zehn Stunden hatte ich mit einem Leck und Druckabfall über dem Pazifik zu kämpfen, habe erfahren, dass meine Exfrau bei einem dummen Wohnungsbrand in Boston ums Leben gekommen ist und bin dann direkt in einen schlechten Fernsehfilm hineingeflogen. Ich fühle mich ein wenig losgelöst.«
    Er ging durch die Business Class in die Hauptkabine. Einen Augenblick herrschte völliges Schweigen; sie saßen nur da und sahen ihn mit ihren weißen Gesichtern voll dumpfer Verständnislosigkeit an.
    Dann begann Albert Kaussner zu applaudieren.
    Nach einem Augenblick stimmte Bob Jenkins ein … und Don Gaffney … und Laurel Stevenson. Der kahle Mann drehte sich um, entblößte Zähne, die zu weiß und ebenmäßig waren, dass sie etwas anderes als eine Zahnprothese sein konnten, und fing ebenfalls an zu applaudieren.
    »Was ist denn?« wandte sich Dinah an Laurel. »Was passiert?«
    »Es ist der Kapitän«, sagte Laurel. Sie fing an zu weinen. »Es ist der Kapitän, der uns sicher heruntergebracht hat.«
    Da fing auch Dinah an zu applaudieren.
    Brian betrachtete sie wie vom Donner gerührt. Nick, der hinter ihm stand, stimmte ein. Sie machten die Sicherheitsgurte auf und standen vor ihren Sitzen und spendeten ihm Beifall. Die einzigen, die nicht aufstanden, waren der bärtige Mann – der immer noch in der letzten Reihe schnarchte – und Craig Toomy, der sie alle mit einem unheimlichen, irren Blick musterte und dann einen weiteren Streifen aus dem Bordmagazin riss.
     
6
     
    Brian spürte, wie sein Gesicht rot anlief – dies war einfach zu albern. Er hob die Hände einen Augenblick, aber sie machten trotzdem weiter.
    »Meine Damen und Herren, bitte … bitte … Ich versichere Ihnen, es war eine reine Routinelandung …«
    »Papperlapapp, Madam, war gar nix«, sagte Bob Jenkins in einer passablen Gary-Cooper-Imitation, und Albert prustete vor Lachen. Neben ihm schlug Bethany die Augen auf und sah sich benommen um.
    »Wir sind lebend runtergekommen,

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