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Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Titel: Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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Selbstdisziplin, Hartnäckigkeit und Ordnungsliebe stehen heute vor allem für Eines: Langweile. Und wer will schon ein Langweiler sein? Ist es nicht besser, kurz und heftig Spaß zu haben, als sich endlos zu Tode zu langweilen?
    Tatsache ist freilich – und dies zu beleuchten, darin besteht eine Hauptintention dieses Buches –, dass ein langlebiger Langweiler vielleicht auf andere Menschen langweilig wirkt, sich selbst aber überhaupt nicht langweilt. Denn dadurch, dass er mit seinen Sekundärtugenden seine Kräfte bündelt, bringt er enorm viel zustande, und das macht in der Regel mehr Spaß, als wenig bis nichts zustande zu bringen. Ganz zu schweigen davon, dass der langlebige Langweiler in seiner Arbeit aufgeht und sie als sogenannten »Flow« erlebt, der ihn die Zeit vergessen lässt. Er gewinnt seinen Spaß nicht
dadurch, dass er von einem Vergnügen zum nächsten hüpft und sich dadurch erschöpft, sondern dadurch, dass er einfach und konzentriert »sein Ding macht« und dadurch Kräfte für ein langes Leben spart.
    Am Ende dieses Buches werden Sie feststellen, dass ein langes Leben Spaß machen kann, und zwar gerade dadurch, dass man eben keinen Spaß haben will. Das klingt vielleicht beim ersten Lesen etwas paradox, aber die Argumentationsketten dahin werden Sie möglicherweise überzeugen. Und wenn nicht, dann sollten weder Autor noch Leser enttäuscht sein. Denn schon Arthur Schopenhauer sagte:
    »Die Wahrheit kann warten, denn sie hat ein langes Leben vor sich.«

1. Die dicke Harriet von Galapagos: Kurz- und Langlebigkeit im Tierreich
    Es soll weibliche Wesen geben, die sich über einen Blumenstrauß freuen und ihn in eine Vase stellen. Harriet jedoch gehört nicht dazu. Sie bleibt zwar nicht gleichgültig, wenn man ihr ein paar Hibiskusblüten schenkt, doch sie sucht keine Vase dafür. Vielmehr stopft sie die Blumen samt Grün zwischen ihre massiven Kiefer – und fängt an zu malmen. So, wie sie es schon seit fast zwei Jahrhunderten macht. Denn Harriet ist eine Riesenschildkröte, die noch von Charles Darwin persönlich protegiert wurde. Sie stirbt am 23. Juni 2006 im Alter von 175 Jahren.
    Das sind fast zwei Jahrhunderte, in denen nicht nur zwei Weltkriege stattgefunden haben, sondern Harriet auch selbst viel erlebt hat. Aber eben auf ihre Weise, ganz ruhig, in stiller Routine und demütiger Schicksalsergebenheit. Geboren wurde sie 1830 auf den Galapagos-Inseln vor Equador. Fünf Jahre später – sie war gerade so groß wie ein Teller – nahm Charles Darwin sie mit an Bord seiner Beagle , um sie nach England zu verschiffen. Irrtümlich hielt er sie für ein Männchen und taufte sie auf den Namen »Harry«. Doch das machte dem Reptil weniger zu schaffen als die ungemütliche Witterung auf der nasskalten Insel.
    Also wurde Harriet im Jahr 1841 abermals verschifft. Ins australische Brisbane, wo sie zunächst im Garten einer Villa untergebracht wurde. Knapp zwei Jahrzehnte später ging es weiter in den botanischen Garten der Stadt, wo man die mittlerweile über einen Zentner schwere Schildkröte unbedingt zur Fortpflanzung animieren wollte. Doch das Problem war, dass man sie immer noch für ein Männchen hielt und ihr ein Weibchen nach dem anderen zuschanzte. Das konnte nicht
klappen. Doch während sich die Menschen in ihrer Umgebung ziemlich irritiert darüber zeigten, blieb Harriet so ruhig und gelassen wie immer. Sie fraß weiter ihre Blumensträuße, und als der botanische Garten 1952 geschlossen wurde, ließ sie sich ohne Murren ins Naturschutzgebiet an Australiens Goldküste umsiedeln. Dort entdeckte ein Zoodirektor aus Hawaii auch endlich die Wahrheit über ihr Geschlecht – und aus »Harry« wurde kurzerhand Harriet. Die Namensgebung wäre sicherlich schwieriger verlaufen, hätte Darwin sie dereinst auf »Dick« oder »Tom« getauft, wie er es mit zwei von Harriets Geschwistern getan hatte.
    1988 kam Harriet in den Zoo von Brisbane. Eine Attraktion, der man zum Geburtstag alle Jahre wieder einen Gemüsekuchen kredenzte. Ihr Pfleger tat alles, damit es ihr gut ging. Er baute ihr beispielsweise eine Höhle, in die sie sich im Fall eines Regenschauers zurückziehen konnte. Doch Harriet lehnte solche Bequemlichkeiten kategorisch ab. Sie stand jeden Morgen zur gleichen Zeit auf und ging jeden Abend zur gleichen Zeit schlafen. Im Freien, ohne Dach über dem Kopf. Sie hatte immerhin schon ertragen, dass man sie 130 Jahre lang irrtümlich für einen Mann gehalten hatte. Ein paar Regentropfen

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