Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens
doch ist es gerade dieser Wankelmut, der das Prinzip der Freiheit am Laufen hält. Würden die Wähler und Konsumenten nicht permanent ihr Verhalten ändern, gäbe es keine Demokratie und auch kein Wirtschaftswachstum mehr. Es ist daher nur logisch, dass Wankelmut und Unentschiedenheit heute ein gutes Image haben, während Konsequenz und Entschlussfestigkeit eher der Mief des unflexiblen Spießertums anhaftet. Ganz zu schweigen davon, dass Menschen mit diesen Eigenschaften den Ruf einer echten Spaßbremse haben. Denn wer will schon mit jemandem shoppen gehen, der im Einkaufscenter gnadenlos seine Vorsätze durchzieht? Nach dem Motto: »Ich gehe jetzt
da hinein, kaufe mir eine Hose und ein Paar Schuhe aus dem Sonderangebot, und dann nehme ich mir noch ein Eis auf die Hand, um schließlich auf dem schnellsten Weg wieder von hier zu verschwinden.« So jemand taugt nicht für ausgiebige Shopping-Touren. Und wer will schon mit jemandem auf eine Party gehen, der um Punkt Mitternacht die Segel streicht, weil er am nächsten Morgen früh raus muss? Niemand. Jedenfalls niemand, der Spaß haben will.
Selbst in den Führungsetagen haben einsame Entscheider und Bestimmer kein gutes Image mehr. Hier rücken nun zunehmend die kooperativen Geister nach, die möglichst viele Daten, Meinungen und Optionen einfließen lassen, bevor es zum Entschluss kommt. Nicht, dass es für die Unternehmenskultur wirklich gut wäre, wenn die Epoche der alten Patriarchen wiederkäme. Aber alle diese Entwicklungen in Richtung Kooperation und unendlichen Daten-Input vor dem Entschluss zeigen deutlich, dass es jetzt sexy und angesagt ist, aus Vielem immer und immer wieder wählen zu können. Wer hingegen aus Wenigem seine schnellen und unwiderruflichen Entschlüsse formt, ist einfach nur langweilig und von gestern. Aber er darf sich trösten: Er ist vermutlich immer noch da, wenn die anderen längst zum Gestern gehören, weil sie schon tot sind.
Einfach machen statt schön träumen: Realisten leben länger
Tom Hanks ist ein erfolgreicher Mann. Zweifacher Oscarpreisträger, und seine Filmproduktionen spielen Millionen ein. So etwas schafft man nur mit viel Disziplin.
Latte Macchiato hingegen ist ein erfolgreiches Getränk. Noch Mitte der Neunziger war er nördlich der Alpen sowie in den USA praktisch unbekannt. Doch dann setzte er zu einem
Höhenflug an, der ihn speziell in den Großstädten zu einem der beliebtesten Getränke überhaupt machte. Mittlerweile ist er sogar zu einer Metapher für einen bestimmten Lebensstil geworden. Es gibt die Latte-Macchiato-Mütter und die Latte-Macchiato-Familien, in den Cafés am Prenzlauer Berg hackt die Latte-Macchiato-Generation auf ihren Laptops herum, und wenn sich die Paarship.de- und Elitepartner.de-Bekanntschaften das erste Mal zum Kaffee treffen, treffen sie sich eigentlich zum Latte Macchiato. Er unterscheidet sich deutlich vom Kännchen-Kaffee in Omas Lieblingskonditorei und dem tiefschwarzen Koffein-Teer der Truckerbuden, denn er steht für einen urbanen, intellektuellen, müßiggängerischen und etwas dekadenten Lebensstil. Von daher passt er eigentlich so gar nicht zum disziplinierten Tom Hanks. Trotzdem gab es eine Zeit, in der täglich mehrere Gläser Latte Macchiato durch seine Kehle flossen. Vermutlich hat es ihm einfach geschmeckt. Denn der cremige Milch-Kaffee-Mix ist wie eine Süßigkeit: genauso lecker, und genauso kalorienreich. Wenn man noch etwas Zucker in ihm deponiert, kommt er pro Glas auf mindestens 100 Kilokalorien. Macht bei drei Portionen 300 Kilokalorien, was nicht nur ungefähr einem Achtel des täglichen Energiebedarfs entspricht, sondern auch kaum satt macht, weil ja nichts gegessen, sondern nur etwas getrunken wurde. Da sind Gewichtsprobleme praktisch vorprogrammiert.
Es verwundert daher nicht, dass Tom Hanks schon bald zu seinem Entsetzen feststellen musste, dass er zehn Kilogramm zu viel auf den Rippen hatte. Wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen hätte er nun den Hometrainer anwerfen, einen Fitness-Coach engagieren und sich einer knüppelharten Diät unterwerfen können. Doch nach kurzer Überlegung kam er zu dem Schluss, dass er nur den Latte Macchiato weglassen wollte. Denn das schien ihm die realistischere und erfolgversprechendere Option. Erstens, weil das Gemisch so viele Kalorien hat. Und zweitens, weil es leichter ist, einen Latte
durch einen trivialen und kalorienarmen Kaffee zu ersetzen, als sich den Torturen von Diäten und Fitnessprogrammen zu
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