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Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Titel: Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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etwas nicht, denn unser Willensreservoir ist begrenzt. Wer beispielsweise vom Frühstück an auf seine Kalorienzufuhr geachtet hat, wird am Ende des Tages Probleme damit haben, sich noch zum Sport aufzuraffen. Wer sich bei der Arbeit ständig darauf konzentriert hat, seine Angelegenheiten der Reihe nach zu erledigen, wird am Abend nur noch schwer ausreichend Kraft und Freude finden, um mit seinem Lebenspartner einen Tanzkursus zu besuchen. Vielleicht schafft er es am Anfang noch das eine oder andere Mal, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis sein Elan nachlässt und Arbeitsstruktur oder Tanzkurs oder sogar beides auf der Strecke bleibt.
    Wer ausgerechnet zum Frühjahrputz in seiner Wohnung mit dem Rauchen aufhören will, wird dabei vermutlich ebenfalls scheitern – und am Ende als erschöpfter und frustrierter Immer-Noch-Raucher in einem staubigen Wohnzimmer sitzen. »Wir haben keinen Willensvorrat für die Arbeit, dann noch einen für den Sport und noch einen für die Familie«, erklärt der amerikanische Psychologe Roy Baumeister. »Wir benutzen immer dieselbe Willenskraft, um mit dem frustrierenden Verkehr, verlockenden Süßigkeiten, nervigen Kollegen, unzufriedenen Chefs und quengelnden Kindern fertig zu werden.« Und dies bedeutet, dass jede mit einem willentlichen Entschluss verknüpfte Tätigkeit an unserem Willensreservoir zehrt, bis am Ende vieles von dem, was wir eigentlich tun wollten, unerledigt bleibt.

    Es hat also keinen Sinn, die generelle Kehrtwende zu einem disziplinierten Menschen zu beschließen, man muss sich vielmehr in kleinen Schritten dazu entwickeln. Also erst mit dem Rauchen aufhören und dann mit dem Sport anfangen. Erst einmal ein paar Wochen pünktlich alle Termine einhalten, bevor man sich auch noch beim Spanisch-Kurs einschreibt. Oder anders herum, doch in jedem Fall nacheinander. »Wer große Veränderungen in seinem Leben herbeiführen will, sollte sich nicht dadurch sabotieren, indem er gleichzeitig noch andere Veränderungen vornimmt«, warnt Baumeister. Es gilt vielmehr: Eines nach dem Anderen, die Disziplinlosigkeiten nacheinander abbauen, sich durch viele kleine Übungen zum großen Ganzen eines durchdisziplinierten Menschen hocharbeiten.
    So kann man sich beispielsweise erst einmal die »Ähs« und »Öhs« oder die Schimpfwörter beim Sprechen abgewöhnen. Das mögen zwar viele für altmodisch halten, und es trägt wohl auch nicht unmittelbar zur Lebensverlängerung bei – sieht man mal davon ab, dass Schimpfwörter durchaus lebensverkürzende Prügel einbringen können, aber das ist ja eher selten. Doch wer in einem kleinen Bereich einen Punktsieg für seine Selbstbeherrschung eingefahren hat, wird später bei einem anderen kleinen Bereich weniger Mühe haben, wieder einen Punktsieg einzufahren. Denn so wie jede Willensanstrengung am gesamten Willensreservoir zehrt, trägt jedes noch so kleine Willenstraining zur Stärkung des Gesamtwillens bei. Wichtig ist nur, wie bei jedem Training, dass man sich dabei nicht erschöpft.
    Hören Sie niemals auf, diszipliniert zu sein!
    Muss man geistig rege bleiben, jeden Tag Sudoku-Rätsel lösen, sich regelmäßig mit Gleichgesinnten zum Gedächtnistraining
treffen oder sich als 70-Jährige noch in den Hörsaal einer Universität setzen, um gesund in ein hohes Lebensalter zu kommen? Es ist sicher nicht falsch, so etwas zu tun, denn wie jedes andere Organ bleibt auch das Gehirn umso besser in Schuss, je mehr es trainiert wird. Doch wenn es um das reine Jungbleiben und späte Sterben geht, reichen auch weniger anspruchsvolle Tätigkeiten. Wie etwa das Blumengießen.
    In den 1970ern führten die amerikanischen Psychologinnen Ellen Langer und Judith Roplin an Altenheimbewohnern einen Test durch, durch den sie mehr darüber erfahren wollten, inwieweit sich Lebensqualität und Lebenserwartung durch relativ einfache Strukturierungen des Alltags verbessern ließen. Sie teilten ihre Probanden in zwei Gruppen ein: Der einen stellte man ein paar Pflanzen in ihre Zimmer – mit der Vorgabe, dass die Senioren sich um ihre grünen Zöglinge kümmern, sie also an die richtige Stelle im Raum positionieren, wässern und bei Bedarf von alten Blättern befreien sollten. Außerdem sollten sie Pläne erarbeiten, wann und wo sie ihre Besuche empfangen wollten und welche Filme am Abend gesehen wurden. Die andere Gruppe wurde ebenfalls mit Pflanzen versorgt, doch dort musste man sich nicht darum kümmern. Die Pflege erfolgte durch das Personal, die

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