Lanze und Rose
zusammen.
»Habt Ihr mit jemandem darüber gesprochen?«
Er wirkte nervös und gestikulierte ohne Unterlass mit den Händen.
»Ich verbreite keine Gerüchte, Mr. Gordon«, versetzte Colin trocken.
William Gordon presste die Lippen aufeinander. Von neuem neigte er den Kopf, sah mich an und entschuldigte sich ein weiteres Mal für sein Ungeschick.
»Ich wünsche Euch ein gutes neues Jahr, Madam, Sir.«
Dann wandte er sich ab und verschwand.
»Es war besser, nichts zu sagen, verstehst du?«
»Hmmm…«
Ich steckte die Nase in mein Glas und schaute dem hochaufgeschossenen Jüngling nach. Ich hatte ihn schon irgendwo gesehen … Aber wo?
»Und wie gedenkt Glenlyon diese Sache zu regeln?«, fragte ich und wandte meine Aufmerksamkeit erneut Colin zu.
»Ich nehme an, er wird ein Gespräch mit dem Duke verlangen und ihm den Beweis für die Machenschaften seines Sohnes unter die Nase halten. Wenn der Duke nur noch einen winzigen
Funken Ehrgefühl besitzt, wird er darauf eingehen, diesen Brief gegen unser Dokument auszutauschen. Andernfalls werden in ganz Schottland wenig schmeichelhafte Flugschriften herumgehen, und er wird zum Gespött seiner Landsleute werden. Ein Duke, der sich von seinem eigenen Sohn derart übel mitspielen lässt! Außerdem wissen wir noch nicht, wie der Aufstand ausgehen wird. Wer würde sich in die Gefahr bringen, sich in einer solchen Lage wiederzufinden? Wenn Stuart den Thron besteigt, wird man Argyle wegen Majestätsbeleidigung anklagen, und er wird seinem Großvater aufs Schafott folgen. Es ist ja ganz offensichtlich seine Unterschrift, mit der der Königsmord befohlen wird…«
Zerstreut hörte ich zu, wie Colin mir das Komplott auseinandersetzte und anschließend die Szene in Marion Campbells Zimmer schilderte, und leerte dabei den zweiten Krug. Ich vermochte den Blick nicht von der Tür zu wenden, doch Liam kam nicht. In meinem Hals bildete sich ein Kloß. Mir wurde klar, dass ich im Grunde darauf hoffte, ihn zu sehen; und wenn nur, um mich zu vergewissern, dass es ihm gutging. Gib es doch zu, Caitlin, er fehlt dir … Nein, dazu fühlte ich mich noch zu verbittert und zerrissen; ich grollte ihm zu sehr …
Colins Finger strichen über meine tränenfeuchte Wange.
»Er hat mich betrogen.«
Stumm vor Verblüffung sah er mich an. Am liebsten hätte ich ihm den Mund geschlossen, ehe sein Kiefer noch auf die Tischplatte fiel.
»Wie bitte?«
»Liam hat mich betrogen«, brachte ich mühsam hervor.
Plötzlich verspürte ich das Bedürfnis, ihm alles zu erzählen. Ich musste diese schreckliche Last abwerfen, die mich seit Wochen nicht mehr atmen ließ, diesen Schmerz, der mir das Herz zuschnürte.
»Mit Margaret Macdonald.«
»Wie konnte denn das geschehen?«
Ich erzählte ihm, wie es dazu gekommen war, dass Liam das in meinen Augen Unverzeihliche begangen hatte. Berauscht vom Wein und von der Stimmung, die in dem großen Raum herrschte,
wurde ich redselig. Mit schleppender Stimme sprudelte ich meinen ganzen Zorn, meine Verbitterung und meine Reue hervor. Am Ende sah ich in Colins graue, mitfühlende Augen.
»So, jetzt weißt du alles. Er hat gesagt, er werde nicht zurückkehren…«
Der Schmerz schnürte mir die Kehle zu, und ich brach in Tränen aus. Ein wenig verunsichert setzte Colin sich neben mir auf die Bank und umarmte mich voller Zuneigung.
»Ich weiß nicht, was ich denken soll, Caitlin. Das tut mir so leid … Gott, ich hatte ja keine Ahnung, dass Liam zu einer solchen Schurkerei in der Lage ist.«
Nach einer Weile hatte ich mich beruhigt. Die Wärme seines Körpers spendete mir Trost, und ich schmiegte mich an ihn. Er beugte sich über mich und küsste mich auf die Stirn.
»Ich bringe dich jetzt auf dein Zimmer. Du musst dich ausruhen«, erklärte er und half mir beim Aufstehen.
Während er meinen Umhang aufhob, der auf den Boden gerutscht war, schwankte ich gefährlich.
»Uuups!«, rief ich aus und hielt mich an seinem Arm fest. »Wackle doch nicht so, Colin…«
»Ich bewege mich gar nicht, Caitlin. Und nun komm. Du bist diejenige, die sich nicht mehr auf den Beinen halten kann.«
Im Zimmer war es dunkel und eiskalt. Ich war in kaltem Schweiß gebadet, und mein Kopf drehte sich ganz fürchterlich. Nachdem er mich auf den einzigen Stuhl gesetzt hatte, zündete Colin eine Kerze an. Dann schlug er die Bettdecke zurück. Mit klappernden Zähnen sah ich ihm zu. Das Feuer war ausgegangen. Ich musste es neu anfachen. Es war so kalt …
»Hoppla!«, rief er und konnte
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