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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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gefangen genommen worden. Dabei soll ein Soldat getötet worden sein.«
    Duncan umklammerte den Becher.
    »Angesichts des Aufstandes glaube ich nicht, dass man sie besonders gut… ähem… Wir sind ihnen begegnet, als sie nach Inverness verlegt wurden.«
    »Sie? Soll das heißen, dass sie Frances nicht freigelassen haben?«
    »Nein«, antwortete James.
    »Mein Gott, Mutter wird den Winter nicht überleben!«
    »John ist sofort nach Glencoe aufgebrochen. Er und deine Mutter werden nach Perth reiten, um deinem Vater Bescheid zu geben und zu sehen, was sie ausrichten können.«

    Duncan fühlte sich innerlich zerrissen. Er sagte sich, dass er seine Mutter unterstützen musste, die nach Ranalds Tod und jetzt nach Frances’ Verhaftung bestimmt zutiefst niedergeschmettert war … Aber da waren auch Marion und ihre Probleme …

Mancher achtet Schatten wert,
Dem ist Schattenheil beschert.
    Shakespeare, Der Kaufmann von Venedig

20
Ein erster Schritt zur Versöhnung
    Unter den jakobitischen Soldaten, die inzwischen seit einem Monat in Perth einquartiert war, herrschte hektische Betriebsamkeit. Überall in den Straßen und Tavernen brachte man Trinksprüche auf die Gesundheit des Prätendenten James Stuart aus, der endlich den Fuß auf den eiskalten schottischen Boden gesetzt hatte und in den nächsten Tagen in der kleinen Stadt erwartet wurde. Der Earl of Mar, der Earl of Marischal sowie etwa dreißig Vertreter des hohen und niederen Adels hatten Perth verlassen, um James entgegenzureiten, der in Fetteresso, dem Hauptsitz der Keiths, zum König proklamiert worden war. Unterdessen bereitete man sich hier auf seine baldige Ankunft und die Krönung vor, die mit großem Pomp begangen werden sollte.
    Ich selbst befand mich seit etwas mehr als vierundzwanzig Stunden in Perth, und mir war wahrhaftig nicht nach Feiern zumute. Der Tag neigte sich, und damit würde auch das Jahr 1715 zu Ende gehen. Die Taverne in der Tay Street, in der ich Zuflucht gesucht hatte, war inzwischen überfüllt. In einer Mischung aus Furcht und Ungeduld wartete ich auf Colin, der sich auf die Suche nach Liam gemacht hatte. Wir mussten ihn so rasch wie möglich finden, um Frances und Trevor aus der misslichen Lage, in die sie sich gebracht hatten, zu befreien.
    Fast drei Wochen waren seit Liams überstürztem Aufbruch vergangen. Ich befand mich in einem Zustand vollständiger Verwirrung und schleppte mich, aller Gefühle entleert, mühsam dahin. Ich lebte wie in einem dichten Nebel, der sich nicht zerstreuen mochte. Um Liam und seinen Verrat, meinen Kummer und mein eigenes Leben ein wenig zu vergessen, stürzte ich
mich von morgens bis abends in die Hausarbeit. Doch nichts half. Wie hätte ich auch vergessen können?
    Margaret hatte mich zweimal aufgesucht. Im Grunde meines Herzens wusste ich, dass sie sich schämte und den Vorfall aufrichtig bereute. Aber ich hatte mich geweigert, ihr die Tür zu öffnen, um ihre nichtssagenden Entschuldigungen entgegenzunehmen, die mir auch keinen Trost gespendet hätten. Ich war noch nicht bereit, sie anzuhören… ebenso wenig, wie ich bereit war, Liam wiederzusehen. Doch hier ging es um das Leben unserer Tochter.
    Ich hatte Colin nichts von meinen Eheproblemen erzählt. Wahrscheinlich hegte er aber seine Vermutungen, da ich mich nur widerstrebend bereitgefunden hatte, nach Perth zu reisen, um Liam zu suchen. Außerdem hatte ich mich standhaft geweigert, mit ihm durch die Straßen der Stadt zu laufen, um meinen Mann zu finden. Er hatte die Diskretion besessen, nicht allzu viele Fragen zu stellen. Vielleicht wusste er ja auch bereits Bescheid. Das bezweifelte ich allerdings. Liam neigte nicht dazu, anderen sein Herz auszuschütten. Bei Margaret jedoch…
    Ich wies mein schlechtes Gewissen in die Schranken, das mich nicht in Ruhe ließ, biss die Zähne zusammen und trank einen Schluck Wein. Immer wieder sah ich beklommen zur Tür und rechnete jederzeit damit, ihn eintreten zu sehen. Ich schob meinen nur halb geleerten Teller zurück. Von der dunklen Ecke aus, in der ich saß, konnte ich den Raum mit einem Blick übersehen. Die Tür öffnete sich. Ein glatter, blonder Haarschopf erschien im Rahmen; Colin suchte in der Menschenmenge nach mir. Ohne zu bemerken, was ich tat, war ich aufgestanden und versuchte, hinter ihm Liams rote, lockige Mähne zu entdecken.
    Mein Herz schlug zum Zerspringen, meine Kehle fühlte sich wie ausgedörrt an und mein Magen krümmte sich. Doch Colin war allein. Ich biss mir auf die Lippen, um

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