Lanze und Rose
gegeben? Argyle?«
Wütend drückte Duncan ein wenig fester auf den Dolch, so dass er dem anderen die Haut aufritzte. Der Mann stöhnte vor Schmerz.
»J… ja.«
»Der Duke ist ein Bastard! Ich hätte ihm doch die Zähne einschlagen sollen…«
Wenn das noch möglich gewesen wäre, hätte der Mann die Augen noch weiter aufgerissen.
»Nein… Ihr irrt Euch. Nicht der D… Duke…«, stotterte er mit vor Furcht erstickter Stimme.
»Sein Sohn…«
»John?«
»Ja.«
Also hatte der Duke sich an die Bedingungen ihrer Übereinkunft gehalten. Es war sein schwachsinniger Sohn, der weiter hinter seinem Rücken intrigierte. Duncan stöhnte.
»Ihr werdet mich doch nicht töten, oder?«
Er lachte sarkastisch auf.
»Tote reden nicht, mein Alter. Und ich möchte, dass du deinem Herrn eine Nachricht von mir überbringst.«
»J… j… ja…«
»Sag ihm, wenn er uns noch einmal belästigt, dann ziehe ich ihm die Haut ab und mache mir einen Schild daraus. Ist das klar?«
»Ganz klar … Einen Schild…«
Duncan sah auf den Mann hinunter, der unter seinem Dolch
vor Angst schlotterte. Beißender Uringestank stieg ihm in die Nase. Er zog sich ein wenig zurück und sah am feuchten Schritt der Hose, dass der Mann sich nass gemacht hatte.
»In Sheriffmuir hättest du es aber nicht lange gemacht! Was sind das nur für Männer, die dieser Idiot John für seine schmutzigen Geschäfte anheuert?«
»Bitte … Lasst mich jetzt los«, bettelte der andere. »Ich werde die Botschaft überbringen… Au!«
Duncan hatte ihm einen Schnitt in die linke Wange beigebracht.
»Das ist für Sheriffmuir, du kleiner Dreckskerl!«, zischte er und gab ihn abrupt frei.
Hinter ihm gellte ein schriller Schrei. Mit gezücktem Dolch sprang er auf. Marion stand über dem Bewusstlosen und hielt die Pistole, die Duncan hatte fallen lassen, als er sich auf den anderen Reiter gestürzt hatte, auf ihn gerichtet. Die Waffe zitterte dermaßen, dass sie es kaum fertigbrachte, damit auf seine Brust zu zielen. Gleichzeitig starrte sie verblüfft auf den Mann, der vor Schmerz wimmerte und sich die verletzte Wange hielt.
»Was machst du da?«, schrie Duncan. »Ich hatte dir doch befohlen, in Deckung zu bleiben!«
»Ich hatte Angst. Ich habe einen Schuss gehört, und ich dachte schon…«
Ihre Lippen zitterten ebenso heftig wie ihre Hände. Duncan stieß einen ungeduldigen Seufzer aus und wandte sich zu dem Verletzten um. Er entriss ihm seine Pistole, die er noch im Gürtel stecken hatte, und schleuderte sie ins Unterholz. Dasselbe wollte er mit der Waffe des Bewusstlosen wiederholen, doch dann überlegte er es sich anders und steckte sie in seinen Gürtel.
»Komm, Marion. Verschwinden wir von hier!«
Einige Meilen später erreichten sie die Taverne, in der die Macgregors auf sie warteten. Marion rutschte vom Pferd und begann zu zittern und zu schluchzen. Duncan nahm sie in die Arme.
»Jetzt ist alles gut, mo aingeal «, flüsterte er ihr ins Ohr.
»Oh Duncan! Ich hatte solche Angst. Ich dachte … Ich dachte … sie hätten dich…«
»Hatte ich dir nicht gesagt, dass ich mir von einem Campbell nicht das Fell abziehen lasse?«, fragte er lächelnd.
»Das ist nicht komisch, Duncan Macdonald! Ich hatte Angst.«
Jetzt sah sie ihn ärgerlich an.
»Aber trotzdem hast du mit meiner Pistole auf den Mann angelegt! Was hättest du getan, wenn er zu sich gekommen wäre?«
»Na ja, ich hätte natürlich geschossen!«
Er schüttete sich vor Lachen fast aus.
»Die Waffe war nicht geladen, mo aingeal .«
22
Gequälte Seelen
In Gedanken versunken ging Alasdair Og Macdonald unruhig in unserem kleinen Zimmer in der St. John’s Street auf und ab. Die Straße lag nur wenige Schritte vom Glockenturm der St. John’s Kirk entfernt, die vor einigen Tagen das neue Jahr eingeläutet hatte. Liam hatte ihn soeben um die Erlaubnis gebeten, mit Colin und mir nach Inverness zu reiten.
»Hör zu, Sandy«, sagte Liam, »alles, worum ich dich bitte, sind zwei Wochen, allerhöchstens drei.«
»Ich gebe dir fünf, wenn es nötig ist, Liam«, antwortete Alasdair. »Das ist nicht das Problem. Was mir zu schaffen macht, ist, euch allein reisen zu lassen. Argyle erwartet eine Armee, und wir wissen nicht, wo sie an Land gehen wird. Wenn sie sich in Inverness ausschifft, dann sitzt du dort in der Falle.«
»Noch ein Grund mehr!«, erwiderte Liam. »Warum willst du noch weitere Männer in die Höhle des Löwen schicken? Außerdem, was machen schon zwei oder drei Männer mehr aus,
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