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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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angesichts einer Armee von zwei- oder dreitausend Soldaten?«
    Die Hände auf dem Rücken verschränkt, den Blick auf die verzogenen Deckenbretter gerichtet, begann Alasdair seine Wanderung von neuem. Er hatte jetzt die fünfzig überschritten, und seine Haare waren inzwischen so weiß wie der Wintermantel, der Schottland bedeckte. Doch sein lebhafter Blick und seine energischen Züge zeugten von der großen Kraft, die noch in ihm wohnte.
    Wenn John, der Chief des Clans, abwesend war, führte der jüngere Sohn des großen MacIain die Männer mit eiserner Faust. Die beiden Brüder ergänzten einander vorzüglich. Es war, als hätte man MacIain in zwei Hälften geteilt: auf der einen Seite
John, der Weise, Geduldige und Mitfühlende; und auf der anderen Alasdair, der aufbrausend und arrogant sein konnte. Nach all den Jahren konnte ich mir eine Vorstellung davon machen, wie ihr Vater gewesen sein mochte, Alasdair MacIain Abrach Macdonald von Glencoe, den man vor dreiundzwanzig Jahren grausam und feige abgeschlachtet hatte. Sandy, wie Liam ihn freundschaftlich nannte, rieb sich murrend die Augen.
    »Ich weiß nicht… So ein Schwachkopf, dieser Trevor Macdonald!« , rief er aus und erhob die Arme zum Himmel. »Ohne Rückendeckung einen Nachschubkonvoi der Garde anzugreifen!«
    »Ich darf dich daran erinnern, dass du von dem Ehemann meiner Tochter sprichst«, tadelte Liam ihn sanft.
    »Ja, sicher…«
    Er zögerte noch einen Moment lang und ließ dann mit einem ergebenen Seufzer die Schultern sinken.
    »Schön, einverstanden! Mir bleibt ja auch nichts anderes übrig. Nach der Ankunft des Prätendenten in Perth wird Mar sicherlich darauf bestehen, dass seine Truppen für einen Gegenschlag gerüstet sind.«
    Krachend flog die Tür auf, und Colin trat ein.
    »Jetzt ist es geschehen! Sie sind an Land gegangen«, verkündete er völlig außer Atem. »Es sind fast sechstausend, mit ihrem ganzen Arsenal!«
    Sprachlos starrten wir ihn an. Colin schloss langsam die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Dann berichtete er.
    »Gerade eben habe ich Adam und John Cameron von Lochiel getroffen. Sie haben erfahren, dass sechstausend Holländer in Berwick eingetroffen sind. Ein Teil von ihnen hat zusammen mit einer Abteilung von Argyles Scots Edinburgh erreicht. Dann haben sie den Forth überquert und Burntisland eingenommen. Als unsere Truppen, welche die benachbarten Dörfer besetzt hielten, von diesen Bewegungen erfuhren, haben sie sofort die Segel gestrichen. Die Männer kehren nach Perth zurück und geben das gesamte Territorium nördlich des Forth auf.«
    Bleiernes Schweigen senkte sich über uns, das nur von Liams rauem Husten unterbrochen wurde. Ich warf ihm einen ratlosen
Blick zu, und er zuckte die Achseln. Was können wir schon dagegen tun? , schien er sagen zu wollen.
    »Das ist noch nicht alles«, fuhr Colin fort, der durch die Nachricht, die er uns verkünden musste, sichtlich niedergeschmettert war. »Die Sache ist verloren…«
    »Was sagst du da?«, murmelte Alasdair verblüfft. »Eine abwegige Vorstellung!«
    »Nein, es ist bestätigt – zumindest inoffiziell. Die Anführer haben entschieden, die Truppen zurückzuziehen, sobald Argyle gegen uns marschiert. Diese Entscheidung ist schon zwei Wochen alt, doch Mar hat sie geheimgehalten, um die Moral der Soldaten nicht zu zerstören und eine Meuterei in Perth zu verhindern. Aber das Gerücht geht überall um…«
    Mir stockte das Blut in den Adern. Mar gab auf? Sollte das alles umsonst gewesen sein? Nein, ich musste träumen!
    »Woher hast du diese Information?«
    Colin lächelte dümmlich und kratzte sich am Kinn. Seine Wangen liefen rosig an.
    »Ähem… Von Griseal, einer Kammerzofe, die für den Dienst beim Earl of Mar eingeteilt wurde…«
    »Eine Kammerzofe?«, rief Alasdair lachend aus. »Komm schon, Colin, das kannst du doch nicht ernstnehmen. Gewiss hat sie dir Schauermärchen erzählt, um sich interessant zu machen.«
    »Ich versichere dir, dass sie das gar nicht nötig hatte …«
    Er warf mir einen Blick zu und wandte sich dann peinlich berührt rasch ab. Liam hatte es bemerkt, doch er tat, als wäre nichts, und biss nur die Zähne zusammen. Mir pochte das Blut in den Schläfen. Dieser Bastard von Mar … Er hatte uns zum Narren gehalten! All diese Menschen waren umsonst gestorben! Colin sprach weiter.
    »Ich gestehe, das ich ihr ebenfalls kaum glauben konnte. Sie hat mir erzählt, dass sie ein Gespräch zwischen Mar und Seaforth mitangehört hat. Daraufhin

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