Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
Vom Netzwerk:
befindet…«
    An einer Falte, die sich in seinen Augenwinkel eingegraben hatte, lief eine Träne entlang. Lange schwiegen wir und klammerten uns, von unserer Pein geschüttelt, aneinander.
    »Liam.«
    Er sah mich aufmerksam an.
    »A ghràidh !«, flüsterte er und drückte mich fest an sich.
    Seine Wärme hüllte mich ein wie ein magischer Balsam. Ich spürte, wie er zitterte, so, als fröre er, als gäbe er seine ganze Körperwärme her, um mich zu trösten. Ich sehnte mich ganz schrecklich danach, ihn ganz nahe bei mir zu spüren. Doch zugleich kämpfte ich gegen die schrecklichen Bilder an, die bei Nacht in meinem aufgewühlten Geist aufstiegen. Ich zog mich auf den Bettrand zurück, und er löste sich seufzend von mir und wahrte erneut diesen furchtbaren Abstand zwischen uns.
    »Caitlin, a ghràidh, ni maitheanas dhomhj .« Caitlin, meine Liebste, verzeih mir.
    Ich spürte seinen heißen Atem im Nacken, am Hals, auf der Brust…
    »Bitte, lass dich von mir lieben. Vergib mir…«
    Sein Flehen erstickte und entflammte mich zugleich. Alles war so verworren.
    »Liam…«
    Er schnürte die Bänder meines Rocks auf… Margarets Rock … ich versuchte ihn zurückzustoßen, doch er hielt mich fest.
    »Hör auf, Liam…«
    »Ich halte es nicht mehr aus.«
    Mein Rock rutschte mir auf die Knie herunter. Jetzt machte er sich an meinem Unterrock zu schaffen. Lass dich einfach gehen, Caitlin! Doch das brachte ich nicht fertig. Ich sah, ich sah… Gott helfe mir!
    »Ich kann nicht… Ich bitte dich…«

    »Du kannst, Caitlin. Wenn ich es vermocht habe, dann schaffst du das ebenfalls.«
    »Wenn du … Was?«, rief ich aus und versuchte ihn wegzuschieben. »Wovon redest du?«
    »So etwas vergisst man nie, verstehst du«, antwortete er. »Aber man findet sich mit der Zeit damit ab.«
    Ich versuchte zu verstehen, worauf er hinauswollte. Er hielt mich an den Schultern fest und sah mir traurig in die Augen.
    »Die Erinnerung ist eine schöne Sache, weil sie uns wunderbare Augenblicke immer wieder neu erleben lässt. Aber sie ist auch etwas Schreckliches, denn sie hindert uns daran, etwas, das wir nicht mehr sehen wollen, vollständig zu vergessen. Ich weiß das.«
    Plötzlich begriff ich. Lord Dunning! Er spielte auf den Handel an, den ich mit dem Mann geschlossen hatte, der ihn fälschlich des Mordes angeklagt hatte, während in Wahrheit ich die Schuldige war. Ich hatte Liams Freilassung mit meinem Körper erkauft. Eine Nacht gegen ein Leben… Der Bastard! Wie konnte er es wagen, einen solchen Vergleich zu ziehen? Er musste gespürt haben, dass ich seine Anspielung verstanden hatte, denn seine Finger gruben sich in meine Schultern und hielten mich nieder.
    »Hör mir zu, Caitlin…«
    »Du bist ein solches Schwein, Liam Macdonald! Du hast kein Recht, einen Vergleich zwischen Margaret und…«
    »Winston Dunning?«, warf er ein.
    Ich zuckte zusammen. Zwanzig Jahre war das her … Und ausgerechnet heute brachte er das Thema wieder auf!
    »Glaubst du vielleicht, dass ich mich nicht erinnere? Man vergisst niemals ganz. Zugegeben, die Erinnerung verblasst. Man kann es fertigbringen, sie in einen Winkel seines Geistes zu verbannen. Doch sie ist immer da, hinterlistig und bereit, in dem Moment, in dem man am wenigsten damit rechnet, wieder an die Oberfläche zu kommen. Ich weiß, wovon ich rede. Ich verstehe dich.«
    Ich fand keine Worte, um meiner Verzweiflung und meinem Groll Ausdruck zu verleihen. In seinem Blick dagegen stand
keine Spur von Rachedurst. Er hatte mich nicht verletzen wollen. Aber dennoch war der Schmerz unerträglich!
    »Ich liebe dich, a ghràidh . Stoß mich nicht zurück.«
    Langsam lösten sich seine Hände von meinen Schultern, um auf meine Brust hinabzuwandern, die er durch den dicken Wollstoff meines Mieders hindurch streichelte. Dann knotete er die Bänder auf und sah mich dabei an. Sein Atem ging langsamer und beherrschter, während meiner sich beschleunigte. Von Panik war ich wie gelähmt. Margaret …
    Während mein Mieder ebenfalls zu Boden glitt, schloss ich die von meinen Tränen brennenden Augen und biss mir auf die Lippen. Ich schmeckte Blut und verzog das Gesicht. Behutsam zupfte er an meinem Hemd und entblößte eine meiner Schultern. Mit unendlicher Zärtlichkeit liebkoste er mich und hielt sich lange bei einer blassen Narbe auf, einem Andenken an unsere Flucht aus dem verfluchten Herrenhaus, im Dunkel einer fernen Nacht im Mai.
    Ein wollüstiger Schauder lief mir über das Rückgrat. Mit einem Mal

Weitere Kostenlose Bücher