Lanze und Rose
sah ich Liam so, wie er in diesem Moment war: dieser Highlander, der mich mit seiner gewaltigen Statur erschreckte, aber mich mit seiner Zärtlichkeit und seinem eindringlichen Blick auch anrührte und eine kleine Flamme in mir schürte, die trotz allem immer noch brannte. Lösch sie nicht aus, Caitlin … Lass dich von ihr in Brand setzen, dich von ihr verzehren …
»Liam…«
»Tuch! «
Mein Hemd gesellte sich zu meinen anderen Kleidungsstücken, und seine Finger zogen eine flammende Spur über meine Haut. Margarets Haut … Ich zitterte vor Eifersucht und Verlangen. »Du bist meine Frau, Caitlin«, murmelte er zwischen meinen Brüsten. »Lass dich von mir lieben…«
Ohne recht zu wissen, wie mir geschah, fand ich mich vollständig nackt auf dem Bett wieder. Reglos wie eine Statue kniete er zwischen meinen Schenkeln und ragte über mir auf. Sein Blick liebkoste mich, wie seine Hände es ebenso zärtlich getan hatten. Caitlin, ganz bestimmt hat er Margaret nie so angeschaut, wie er dich ansieht…
Dieser letzte Gedanke machte mich kühn, und ich zupfte langsam und zögernd an seinem Hemd, um es aus seinem Kilt zu ziehen. Er rührte sich nicht und sah mir dabei zu. Hatte Margaret ihm das Hemd ausgezogen, oder hatte er es selbst getan? Caitlin, hör auf, dich selbst zu zerfleischen! Doch die Gedanken waren stärker als ich. Margaret war da und stand zwischen uns beiden, verflucht sollte sie sein! Meine Finger krallten sich in die abgetragenen Laken.
»Ich kann nicht…«
Ich barg mein Gesicht in den Händen, um Liams Blick zu entgehen. Ein enttäuschter Seufzer entrang sich seiner Kehle, während ich schluchzte, zornig auf mich selbst.
»Seall orm, a ghràidh «, murmelte er nach einer Weile. Sieh mich an, meine Liebste.
Langsam ließ ich die Hände sinken und sah in sein Gesicht, das durch meinen Tränenschleier verschwommen wirkte.
»Warum?«, fragte er einfach.
»Sie ist da; ich sehe sie immer zwischen uns stehen. Ich brauche noch Zeit.«
Bedächtig schüttelte er den Kopf und schlug die Augen nieder.
»Es tut mir leid, Liam. Ich…«
Ich hätte ihm gern gesagt, wie sehr ich ihn liebte, doch die Worte wollten mir einfach nicht über die Lippen. Der richtige Zeitpunkt war verstrichen. Unergründlich und düster wie das Wasser eines Lochs ruhte sein Blick noch ein paar Minuten auf mir. Dann schlug er plötzlich mit einer schroffen Bewegung die Bettdecke über meinen nackten Körper und stand auf.
»Nicht so leid, wie es mir tut, Caitlin.«
Ohne ein weiteres Wort rückte er seine Kleidung zurecht und ging zur Tür. »Ich brauche frische Luft. Warte nicht auf mich. Ich werde wegen unseres Aufbruchs morgen noch einige Einzelheiten mit Sandy besprechen.«
Die Tür fiel zu. Ich blieb liegen und starrte an die Deckenbalken. Hatte ich das letzte Band zwischen uns zerschnitten? Ich zerrte an dem Federbett und zog es bis unter mein zitterndes Kinn hoch.
Arme Idiotin! , schalt ich mich mit zusammengebissenen Zähnen.
Von neuem überfiel mich tiefe Verbitterung und ein nicht zu unterdrückendes Schuldgefühl, und ich vergoss ganze Tränenströme auf mein Kopfkissen.
Einige Stunden später wachte ich auf. Mein Kissen war feucht, und mir klapperten die Zähne. Das Zimmer lag in eiskalter Dunkelheit. Von der Straße drangen gedämpft streitende Stimmen herein, und ich wandte den Kopf zum Fenster. Liam war nicht zurückgekehrt. Ich spitzte die Ohren; der Radau kam näher. Schimpfend erhob ich mich aus dem Bett und warf eilig meine Kleider über, die auf dem eisigen Boden verstreut lagen. Dann stellte ich mich ans Fenster. Auf der engen Straße drängte sich, eingequetscht zwischen den hohen Mauern, an denen Fackeln hingen, eine Horde Männer. Ich schob einen Fensterladen leicht zurück, um besser hören zu können, was sie riefen. Ein Mann, der in einer Hand ein Schwert und in der anderen eine Whiskyflasche schwenkte, protestierte laut gegen den Earl of Mar und die jakobitischen Anführer.
»Das alles wird sich noch zu einer Meuterei auswachsen«, brummte ich und schloss den Fensterladen.
Der kalte Luftzug hatte mich endgültig geweckt. Gequält von Hunger, Niedergeschlagenheit und Angst lief ich im Zimmer auf und ab und versuchte, meine Gedanken zu sammeln. Zuerst musste ich zusehen, dass ich etwas in den Magen bekam. Um den Rest würde ich mich danach kümmern.
Einige Zeit später war ich gut gesättigt und trank meinen Bierkrug aus, als mein Blick den eines jungen Mannes traf, der mit dem Rücken an
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