Lanze und Rose
geschehen, wenn ich hier gewesen wäre.«
»Unsinn!«, murmelte sie ernst. »Sie hätten dich getötet. Diese Kerle waren auf der Suche nach dir. Es waren die Männer, die uns gestern Nacht gefolgt sind.«
»Hmmm…«
Er stützte sich auf einen Ellbogen, um sie anzusehen, und verzog das Gesicht, als er den gewaltigen Bluterguss erblickte, der die rechte Seite ihres Kiefers überzog.
»Diese Bastarde! Ich habe mich wohl nicht deutlich genug ausgedrückt. Dieser Hund… Dem breche ich alle Knochen, wenn…«
»Lass nur. Wenn du versuchst, mich zu rächen, wird das die Spannungen zwischen unseren beiden Clans nur noch verstärken. Das sollen die Männer meines Vaters übernehmen.«
»Aber sie haben dich geschlagen!«
»Nicht so schlimm, Duncan«, sagte sie in einem Tonfall, der ihn beschwichtigen sollte. »Ein paar blaue Flecke und…«
»Du blutest ja!«, schrie er erschrocken auf.
Entsetzt riss er die Augen auf, als er den noch feuchten Blutfleck auf ihrem Hemd entdeckte. Er wollte das Kleidungsstück hochschlagen, doch sie gebot ihm mit einer Handbewegung Einhalt.
»Nicht…«
»Aber du bist verletzt!«
»Ich bin nicht verwundet; jedenfalls ist es nicht das, was du glaubst.«
Er sah sie mit verwirrter Miene an und begriff ihre mehrdeutigen Worte nicht. Von neuem betrachtete er das Hemd. In dem Stoff war kein Riss oder Einschnitt zu entdecken. Ein schrecklicher Verdacht stieg in ihm auf.
»Marion… Sie haben dich doch nicht…?«
Er brachte es einfach nicht heraus. Dann fiel ihm etwas anderes ein.
»Ist das überhaupt dein Blut?«, fragte er in der Annahme, dass sie vielleicht ihren Angreifer verletzt hatte.
»Ja.«
Er runzelte die Stirn und schloss die Augen.
»Was haben sie nur mit dir gemacht , mo aingeal ?«, fragte er mit zitternden Lippen.
»Nun ja, zuerst habe ich einen Schlag auf den Kiefer abbekommen. Anschließend einen gut gezielten Fausthieb in den Bauch.
Und zum Abschluss noch einen Fuß in die Rippen, jedenfalls glaube ich, dass es ein Fuß war.«
»Das ist nicht komisch, Marion. Woher kommt dann dieses Blut?«
»Ich habe meine Regel, du Riesendummkopf!«
»Deine Regel?«
»Weißt du wenigstens, was das ist?«
Mit einem Mal begriff er und fühlte sich wie der letzte aller Schwachköpfe.
»Ähem, ja… Nun gut.«
»Der Schlag in den Leib hat sie ein wenig früher als gedacht ausgelöst. Nicht so schlimm.«
Er warf noch einen Blick auf den scharlachroten Fleck. Doch seine Erleichterung währte nicht lange. Sie war geschlagen worden. Diese Bande von Bastarden hatte feige eine Frau verprügelt, und mehr noch, die Tochter ihres eigenen Clanchiefs!
»Oh doch, das ist schlimm. Du hättest tot sein können, Marion, ist dir das eigentlich klar?«
»Ich weiß. Aber ich bin es nicht, daher …«
»Kanntest du die Männer?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich bringe dich zurück nach Glenlyon…«
»Nein!«, rief sie und klammerte sich an Duncans feuchtes Plaid. »Ich will nicht zurück. Ich will hier bei dir bleiben!«
»Sei doch vernünftig! Ich muss wieder nach Perth. Hier lassen kann ich dich nicht, und mich begleiten kannst du in diesem Zustand ganz offensichtlich nicht!«
»Du weißt doch, dass ich nicht vernünftig bin, Duncan Macdonald!« , gab sie sofort zurück. »Und was mein Befinden angeht, so habe ich mir keine Knochen gebrochen. Das sind nur einige Prellungen, die man in ein paar Tagen nicht mehr sehen wird. Wenn mein armer Magen, der schon seit heute Morgen knurrt, einmal gefüllt ist, geht es mir schon viel besser.«
Unentschlossen sah er sie noch einen Moment an.
»Lass uns später noch einmal darüber reden… Ich habe zwei schöne Hasen mitgebracht«, erklärte er in einem entspannteren Tonfall. »Möchtest du sie als Ragout essen, oder lieber gebraten?«
»Wie du willst. Ich glaube, ich würde sie auch roh verschlingen, solchen Hunger habe ich. Heute Abend werde ich keine Ansprüche stellen, auch wenn ich eigentlich damit gerechnet hatte, einen schönen Braten von einem unserer Rinder vorgesetzt zu bekommen«, meinte sie und lächelte leise.
Duncan erwiderte ihr Lächeln.
»Daran hatte ich auch schon gedacht«, erklärte er. »Vielleicht beim nächsten Mal.«
»Weißt du, ich kenne die Stellen, an denen mein Vater seine schönsten Tiere weiden lässt. Ich könnte sie dir zeigen.«
Er zog eine Augenbraue hoch und lachte dann laut heraus.
»Schließlich bin ich jetzt eine Macdonald«, erklärte sie mit schelmischem Lächeln. »Ich gehöre zu den
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