Lanze und Rose
gestellt und schmal wie die eines Raubtieres. Aber von einem Blau …
»Aha«, gab sie einfach zurück.
Wie in ihre eigenen Gedanken versunken fixierte sie einen Punkt jenseits des Bettes. Dann, plötzlich, sah sie wieder Duncan an. Der junge Mann spürte, wie eine Woge des Begehrens in ihm aufstieg. Sie schien sein Erschauern wahrzunehmen, denn sie lugte, ein Lächeln auf den Lippen, schamlos zwischen seine Beine. Rasch schlug er ein Laken darüber. Ein seltsamer Funke
blitzte in ihren Augen auf. Sie befeuchtete einen Finger und strich sich die Augenbrauen glatt.
»Was hast du vor?«, fragte Duncan, den ihr geheimnisvolles Gebaren neugierig machte.
»Gar nichts«, antwortete sie einfach und sprang aus dem Bett.
Er stützte sich auf einen Ellbogen und beobachtete sie halb gebannt und halb belustigt. Sie nahm einen Strumpf von der Stuhllehne und bückte sich dann langsam, um den anderen aufzuheben, der auf der Erde lag. Ihre Bewegungen strahlten etwas Provozierendes aus. Sie war sich ihrer verführerischen Macht und des Augenpaares, das sie buchstäblich verschlang, bewusst. Verunsichert zog Duncan ein Bein an, um sein wachsendes Begehren zu verbergen. Vor Lust stellten sich ihm alle Körperhaare auf.
Marion setzte sich auf den Rand des Stuhls und warf ihm einen kurzen, schmachtenden Blick zu, bevor sie ihre kleine Vorstellung wieder aufnahm. Bewusst langsam zog sie einen Strumpf an, den sie dann glatt strich, indem sie zärtlich über das feine Wollgewebe fuhr.
»Hmmm…«, machte sie dazu.
Seufzend band sie einen Strumpfhalter aus roter Seide um ihre Hüften. Dann begann sie mit dem zweiten Strumpf. Schließlich erhob sie sich, um das Ergebnis zu prüfen, und sah ihn von neuem an. Sie spielte das große Spiel der Verführung, und er unterlag ihr.
Mit einer anmutigen, fließenden Bewegung reckte sie sich wie eine Katze, hob die Arme über den Kopf und wölbte leicht den Rücken. Die erste Morgenröte übergoss sie mit Farben wie ein Gemälde. Sie tauchte ihre Schulter in Blau, überzog ihren Arm zärtlich mit Rosa. Ein dunkelbrauner Schatten glitt über ihre Kehle, Gold färbte ihre Brüste, und Purpur unterlegte ihre Wangenknochen. Sie war ein lebendes Bild, in Licht gehüllt. Duncan sah zu, wie diese Erscheinung sich wiegte wie eine Wasserpflanze, die sich einer zurückweichenden Woge widersetzt, und er fragte sich, wie Gott eine so schöne Frau hatte schaffen können, und warum er sie gerade ihm geschenkt hatte. Allerdings
stieg in ihm auch kurz der Gedanke auf, was er für eine so prachtvolle Gabe würde zahlen müssen.
Sie war wie der Gesang eines Zaunkönigs inmitten krächzender Raben. Sie war die Primel, die in einer Granitspalte wächst, der Tautropfen, der in seinem Tal glitzerte. Einen Augenblick lang ließ sie ihn alles vergessen: dass ihnen die Krone der Stuarts entglitt, dass die Kapitulation kurz bevorstand, dass ihnen Verfolgung drohte und Hungersnot, Verzweiflung und Elend sie erwarteten. Ihm war alles gleichgültig. Sollten sich die Menschen doch gegenseitig umbringen, sollte ihnen doch der Himmel auf den Kopf fallen… Das Zusammensein mit ihr war das Einzige, worauf es ihm ankam. Sie machte ihn glücklich. Einen Moment lang schloss er die Augen, um sich ihr Bild einzuprägen. Dann schlug er sie wieder auf, um seine Fantasie erneut zu nähren.
Angetan mit einem Perlmuttreflex und einem Cape aus Gold, das ihr über den Rücken, der sich unter ihrer eigenen Berührung wölbte, fiel, ließ sie ihn vor Begehren fast bersten. Zigeunerin, Zauberin, Göttin – all das war sie. Mit einschmeichelndem Lächeln und glühendem, aufwühlendem Blick legte sie ein Kleidungsstück nach dem anderen an. Marion zog sich so aufreizend an, wie eine andere Frau sich ausziehen mochte, um einen Mann in Versuchung zu führen. Sie strich sich über die Hüfte, streifte eine Brustwarze, berührte die Pforte ihres geheimen Gartens. Je weiter sie sich bedeckte, umso mehr wuchs seine Erregung.
Das kleine Spiel währte noch einige Minuten, während derer sich Duncans Herzschlag immer weiter beschleunigte. Inzwischen war sie vollständig angezogen, und er stand restlos in Flammen. Mit raschelnden Röcken trat sie ans Bett und betrachtete zufriedenen Blickes ihr Opfer. Der undefinierbare Duft, der von ihr ausging, machte ihn wahnsinnig vor Begehren. Mit einer raschen Bewegung zog er sie auf sich, küsste sie gierig und kostete ihre Lippen und ihre Haut. Ehe er wusste, wie ihm geschah, war er in ihr. Er stieß ein
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