Lanze und Rose
saßen, uns einen missbilligenden Blick zu. Ich bezweifelte allerdings, ob der Umstand, dass er »dreckigen Jakobiten«, die im Übrigen ihre Zeche mit gutem Geld bezahlten, das Abendessen brachte, den Ruf seiner schäbigen Herberge
noch schädigen könnte. Die schmierigen Wände schienen noch nie getüncht worden zu sein; und die Fenster waren derart schmutzig, dass es in dem Gastraum selbst am helllichten Tag dunkel sein musste. Auch die Möbel und das Geschirr befanden sich in einem beklagenswerten Zustand.
»Marion und du, ihr geht zum Tolbooth und zieht Erkundigungen ein«, erklärte Liam nach reiflicher Überlegung. »Calum hat recht. Wir sollten uns nicht allzu offen zeigen. Außer vielleicht, jemand verschafft uns Plaids in den Farben des Fraser-Clans…«
»Pah!«, rief Robin aus. »Da setze ich mich lieber der Gefahr aus, mich in unseren Farben zu zeigen, als den Tartan des Simon Fraser von Lovat zu tragen, dieses gerissenen Halunken! Der Verräter hat in Sheriffmuir die dreihundert Mann seines Clans, die sich dem Prätendenten angeschlossen hatten, zurückgezogen. Er glaubt, indem er dem Haus Hannover dient, verschafft er sich die Gelegenheit, seine Ländereien und seine Titel zurückzuholen, die beschlagnahmt wurden, nachdem die Intrigen, mit denen er sich an die Spitze seines Clans gestellt hat, aufgedeckt wurden. Wenn ihr meine Meinung hören wollt, dann hätte man ihn am besten aufgeknüpft.«
Liam runzelte die Stirn.
»Beruhige dich, mein Alter«, unterbrach er ihn im Flüsterton. »Das sollte ein Scherz sein, und ich rate dir sehr, leiser zu sprechen.«
Ich fand, dass Liam trotz des schwierigen Anliegens, das uns herführte, ziemlich gute Laune hatte. Es war Ewigkeiten her, dass ich ihn hatte scherzen hören.
»Hoppla!«, ließ sich Duncan vernehmen. »Wenn man vom Teufel spricht… Zwei Gentlemen vom Clan der Fraser statten uns einen Besuch ab.«
Mit einer diskreten Handbewegung wies er auf zwei Männer, die soeben in die Taverne getreten waren. Der erste, an dem die gewaltige Statur und der Raubtierblick ins Auge stachen, trug Hosen aus Tartan-Stoff, die eng an seinen mächtigen Schenkeln anlagen. In einem der roten Hosenbänder, die unter seinen Knien verschnürt waren, steckte ein Sgian dhu . Unter seinem
nachlässig über die Schultern gelegten Plaid platzte eine Weste aus dem gleichen Stoff beinahe aus den Nähten. Auf seinem Kopf saß ein Barett, an dem ein silbernes Wappen steckte.
Der andere, zweifellos sein Leibwächter, hatte das Plaid auf traditionelle Weise drapiert; er trug es als Kilt um die Hüften und hatte den überschüssigen Stoff als Regenschutz über die Schultern geschlungen. Die beiden wandten uns den Rücken zu und sprachen mit dem Wirt, der uns ohne Unterlass verstohlene Blicke zuwarf. An meinem Schenkel spürte ich, wie Liam sich verspannte. Niemand sprach ein Wort. Die Männer blieben nur kurz.
»Lord Lovat in höchsteigener Person!«, hauchte Donald.
»Wir dürfen uns hier nicht aufhalten«, meinte Liam.
Er warf ein paar Geldstücke auf den Tisch, um dem Tavernenbesitzer zu bedeuten, dass wir aufbrachen. Wir wandten uns schon zum Gehen, als der gute Mr. Ross uns sichtlich besorgt anrief.
»Ich habe keine Ahnung, was Ihr hier wollt; aber Ihr müsst die Stadt verlassen.«
Die Männer sahen einander an.
»Wenn Euch die Farbe unseres Geldes nicht gefällt, gehen wir eben woanders hin, Sir«, gab Liam zurück und musterte den schmächtigen Burschen kühl. »Außerdem geht es Euch nichts an, was wir hier tun.«
Mit diesen Worten wandte er sich ab, doch der Mann hielt ihn am Ärmel fest. Den Dolch in der Hand, fuhr Liam herum und packte den anderen am Kragen. Ich hielt die Luft an.
»Ihr irrt Euch, was meine Absichten angeht«, widersprach Mr. Ross lebhaft und verdrehte beim Anblick der Klinge entsetzt die Augen. »Ich wollte Euch lediglich warnen…«
»Warnen?«, gab Donald zurück. »Dass Fraser sich in der Stadt aufhält, wussten wir bereits.«
»Nein, Ihr wisst gar nichts. James Edward … Der Prätendent bereitet seine Flucht vor. Sie steht unmittelbar bevor. Sie werden alle Rebellen hinter Schloss und Riegel stecken… Ihr dürft nicht hierbleiben.«
Liams Kiefer zuckte; dann gab er ihn brüsk frei.
»Euer Name lautet Ross?«
Der Wirt nickte.
»Die Haltung Eures Clans bezüglich des Aufstandes ist reichlich widersprüchlich. Vielleicht könntet Ihr mich ein wenig aufklären…«
»Meine Frau ist eine Mackintosh und verwandt mit dem alten Borlum«,
Weitere Kostenlose Bücher