Lanze und Rose
selbst geschickt hatte, eingetroffen und hatte traurige Kunde gebracht. Das Ende des Aufstands war eingeläutet. Am 29. Januar war Argyle gegen Perth marschiert. Man hatte mehrere seiner Dragoner gesehen, die auf Kundschaft ausgeschickt worden waren, und ein Spion hatte bestätigt, dass die Regierungstruppen aus Stirling abgerückt waren. Daraufhin hatte der jakobitische Oberkommandierende zur großen Bestürzung der Soldaten beschlossen, sich unverzüglich zurückzuziehen und die Stadt dem Feind zu überlassen. Er hatte eiligst einen Offizier nach Dundee geschickt, wo die drei französischen Schiffe im Tay ankerten, und ihnen befohlen, an der Küste entlang zur Bucht von Montrose zu segeln und dort auf den Prätendenten zu warten.
Patrick hatte angeordnet, sein Pferd im Morgengrauen zu satteln. Die jakobitischen Truppen hatten Perth am Morgen des 31. Januar verlassen, und heute hatten wir den 2. Februar. Seine Pflicht gebot es ihm, sich unverzüglich nach Montrose zu begeben und die Ankunft des Prinzen vorzubereiten, der sich offenbar anschickte, ins Exil zurückzukehren.
Nach einem sekundenlangen Kampf gegen das Naturgesetz löste sich ein weiterer Tropfen zögernd von dem Eiszapfen, fiel in die Pfütze und erzeugte eine Reihe sich immer weiter ausbreitender Kreise.
»Und was geht in deinem hübschen Köpfchen vor?«
Aus meinen Tagträumereien gerissen, fuhr ich zusammen. Liam schlang die Arme um meine Taille und zog mich an sich. Ich schloss die Augen und lehnte mich an seinen warmen Brustkorb.
»Nichts Besonderes«, gab ich matt zurück.
Seine frisch rasierte Wange strich an meiner Schläfe entlang.
»Was glaubst du, wie lange wir noch hierbleiben müssen?«, fragte ich seufzend.
»Hmmm … Ich werde wohl nicht umhin können, mit meinen Männern auch nach Montrose zu reiten. Dort, wo sich der Prätendent aufhält, werden auch die Mörder sein.«
Ich erschauerte. Blut, immer wieder Blut! Ich fühlte mich versucht, Liam anzuflehen, er möge unsere Tochter und mich zurück in unser Tal bringen; alles fahrenzulassen und uns dort zu vergraben, bis die Natur sich im Frühling erneuerte. Doch ich sagte nichts. Im Grunde meines Herzens wusste ich, dass er das Gefühl haben würde, seinen Prinzen im Stich zu lassen, zuzulassen, dass er ermordet wurde.
Wir besaßen eine Information von allergrößter Bedeutung; wir konnten sie nicht einfach für uns behalten. Wir ahnten ja nicht, welche Wendung die Ereignisse noch nehmen würden. Eine Dienstmagd, die uns Tee und ein wenig Gebäck reichte, brachte die Dinge ins Rollen.
Ich sah, wie sie Sàra etwas ins Ohr flüsterte; meine Schwägerin warf uns einen undeutbaren Blick zu und wandte sich dann wieder dem jungen Mädchen zu.
»Bist du dir sicher?«
»Mr. Milne hat versichert, dass es stimmt. Er hat uns unsere Bierbestellung gebracht, und …«
»Ist er noch hier?«
»Ich glaube schon, Madam.«
»Er soll herkommen.«
Mit einer Handbewegung entließ sie die Dienerin und rieb sich seufzend die Stirn.
»Ich fürchte, eure Mörderbande hält sich hier in der Gegend auf«, meinte sie nach kurzem Schweigen.
Liam erstarrte hinter mir. Duncan und Marion, die eine Partie Tricktrack spielten, sahen auf. Wir warteten darauf, dass Sàra weitersprach.
»Der Besitzer der Herberge, die uns das Bier liefert, sagt, dass eine Gruppe von Männern, die ziemlich finster aussehen, seit ein paar Tagen bei ihm logiert. Eines der Dienstmädchen hat sie angeblich über eine ›Mission‹ sprechen hören… und von einer
Belohnung, bei der ihnen die Augen leuchteten und die sie jetzt schon ausgäben, für Spiel und … Frauen.«
»Das muss nichts heißen«, meinte ich mit klopfendem Herzen. »Solche Männer mag es viele geben…«
»Aber nicht viele, die außerdem Mackay heißen und eine Binde über dem rechtem Auge tragen«, fiel Sàra ein.
»Sie müssen es sein«, sagte Liam zu mir.
Er ließ mich los und wandte seinen Blick der leuchtenden Landschaft zu, die ich zuvor betrachtet hatte, während er überlegte. Duncan war aufgestanden und ging auf dem Parkettboden unruhig hin und her. Am Rand des Teppichs blieb er stehen und sah zerstreut darauf hinunter.
»Wir müssen sie irgendwie daran hindern, sich dem Prinzen zu nähern. Wie viele sind es?«, fragte Liam und trat wieder zu uns.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Sàra.
Die Tür öffnete sich, und das Dienstmädchen kam herein und brachte die Antwort auf all unsere Fragen mit: einen kräftig gebauten Mann reiferen Alters,
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