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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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sich bereits viele Kisten mit Musketen, zwei Fässer Schießpulver, zwei Kisten mit Munition und zwei Fässchen Branntwein angeeignet, als auf dem Oberdeck ein Schuss krachte. In dem winzigen Moment, der darauf folgte, spürte Duncan, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. Das Weinfässchen, das er soeben an die Winde hängen wollte, rutschte ihm weg, und kalter Schweiß lief ihm über den Rücken. Angetrieben von einer entsetzlichen Vorahnung kletterte er, immer vier Stufen zugleich nehmend, die Stiege hinauf, gefolgt von den beiden anderen, die ihre Pistolen zogen. Von entsetzlicher Panik ergriffen sah er sich auf dem Deck um und erblickte James, der, die Pistole in der Hand, hinter einer Kanone kauerte und ihm bedeutete, sich ebenfalls hinzuhocken. Von der Spitze des Masts her erklang ein Schrei, und ein zweiter Schuss war zu hören. Hinter James zersplitterte das Geländer der Reling, und er warf sich hinter die benachbarte Kanone.
    Duncans Herz klopfte zum Zerspringen. Marion … Woher war der erste Schuss gekommen? Hatte der Wachposten auf sie geschossen?
Auf der Holy Faith, die neben ihnen lag, schien alles ruhig zu sein. Sicherlich war es Rob gelungen, die Mannschaft, die an Bord geblieben war, zu überwältigen. Ein weiterer Schuss hallte über das Deck. James hatte auf den Mastkorb gefeuert, aus dem ein Schmerzenschrei zu ihnen drang. Mit einem trockenen Knall fiel die Pistole des Wachpostens auf das Deck. Von diesem Mann hatten sie wahrscheinlich nichts mehr zu fürchten. Einige Augenblicke später stürzte der Körper des Seemanns ins Leere und gesellte sich auf dem Boden zu seiner Waffe. Plötzlich tauchte an Backbord eine Gestalt auf und kletterte über das Geländer der Reling. James, der unterdessen seine Pistole nachgeladen hatte, erblickte sie und zielte. Duncans Magen zog sich krampfartig zusammen.
    »Neiiin!«, schrie er und stürzte sich auf Macgregor.
    Der Schuss ging los und traf mit einem Funkenhagel eines der Geschütze.
    »Macgregor!«, brüllte er und stieß den anderen zu Boden. »Das war Marion, du Schwachkopf! Schaust du niemals hin, bevor du schießt?«
    James Mor machte sich los und drehte sich zu der Gestalt um, die auf dem von den Seewinden glatt polierten Geländer erstarrt war.
    »Aber sie sollte doch im Boot bleiben!«, verteidigte er sich und zuckte die Achseln.
    Völlig außer sich packte Duncan Marion am Arm und zog sie ohne Umstände hinter sich her.
    »Lass mich los!«, kreischte sie und schlug hektisch um sich. »Du tust mir weh …«
    »Schweig still, Marion!« Er schrie jetzt ebenfalls.
    Brutal stieß er sie gegen den Mast und bedachte sie schwer atmend mit finsteren Blicken. Sie schluchzte vor Angst angesichts seiner Wut und hielt die Tränenflut zurück, die drohte, ihre Wangen zu überschwemmen. Duncan, der vor lauter Furcht um sie kurzzeitig die Beherrschung verloren hatte, kam langsam wieder zu sich.
    »Ich hatte dich gebeten, im Boot zu bleiben. Ist dir eigentlich klar, dass du um ein Haar getötet worden wärest?«

    »Ich habe Schüsse gehört… Und ich hatte Angst…«
    Sie schluchzte auf.
    »Ein Boot an Steuerbord!«, rief James. »Wir müssen die Ladung schneller verstauen. Gleich bekommen wir Gesellschaft!«
    Eilig kletterte Marcus in das Boot, um die Kisten, die Colin ihm anreichte, entgegenzunehmen. James beobachtete durch eine leicht geöffnete Geschützpforte das sich nähernde Boot. Duncan schob Marion hinter eine der Kanonen der Steuerbordbatterie und kauerte sich in der Nähe einer Geschützpforte zusammen. Er schob sie einen Spaltbreit auf und machte seine Pistolen schussfertig.
    Das Boot war nur noch ein kurzes Stück vom Schiff entfernt. An Bord befanden sich fünf Personen, drei Männer und zwei Frauen, die ohne Unterlass kicherten. Duncan wandte sich zu Marion um. Sie lehnte an der Kanone und hielt ihren Sgian dhu in den Händen, die sie wie zum Gebet gefaltet hatte. Ihre Lippen bewegten sich, doch kein Laut kam darüber.
    »Seid ihr noch gescheit, mitten in die Nacht mit euren Pistolen herumzuspielen? Wollt ihr etwa, dass Neish auftaucht und uns mit unseren kleinen Mitbringseln überrascht? He! Willie, Beacham!«, rief eine Stimme.
    Marion schreckte zusammen, warf Duncan einen verängstigten Blick zu und biss sich heftig auf die Lippen. Er legte einen Finger auf den Mund, um ihr zu bedeuten, dass sie schweigen sollte.
    »Wiiilie!«, brüllte die heisere Stimme noch einmal. »Holst du das Boot jetzt ein oder nicht? Die hübschen Ladies würden

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