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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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am Rumpf des Schiffes von dem Geräusch zu unterscheiden, mit dem sich ein Boot näherte. Aber die Macgregors
waren hartgesottene Diebe und verstanden sich auf ihr Metier. Nannte man Rob Roy nicht den Fürsten der Diebe?
    Marion saß im hinteren Teil des kleinen Bootes zwischen Duncans Schenkeln und krallte, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein, ihre Nägel in seine angespannten Muskeln. Sie waren zu fünft. James Mor Macgregor, Robs ältester Sohn, war unter ihnen, außerdem sein Vertrauensmann, Colin Macnab. Der fünfte Mann, ein ziemlich dickbäuchiger, gedrungener Bursche, saß am Ruder. Rob würde die Enterung der Holy Faith leiten.
    Duncan war unruhig. Gewiss, er war schon oft auf Raubzug gegangen, aber er hatte noch nie einen Überfall auf ein Schiff unternommen. Bis jetzt hatte er sich mit dem Vieh der Campbells oder dem Nachschub, der nach Fort William unterwegs war, zufriedengegeben. Marions Fingernägel gruben sich schmerzhaft in seine Schenkel, und er verzog das Gesicht. Sanft legte er eine Hand auf die Marions, die daraufhin ihren Griff löste. Die junge Frau wandte sich zu ihm um und öffnete den Mund. Doch er legte einen Finger auf die Lippen, um ihr Schweigen zu gebieten, schüttelte den Kopf und runzelte ernst die Stirn.
    Vielleicht hätte er sie doch mit dem alten Fergus am Ufer zurücklassen sollen, wie Macgregor vorgeschlagen hatte. Nein, dazu wäre er nicht in der Lage gewesen … Er kannte diese Männer nicht persönlich und vertraute ihnen nicht. Dann hätte er sich damit abfinden müssen, nicht an dieser Expedition teilzunehmen; doch das Angebot war zu verführerisch gewesen. Alles in allem war Marion am besten im Boot aufgehoben, bei ihm.
    Der Mond war nur eine schmale Sichel, die über ihnen in der Finsternis hing, und spendete nur ein schwaches Licht. Die Nacht war ihr Verbündeter. Sie hatten sich alle das Gesicht mit Schlamm eingeschmiert, damit sich das Licht nicht auf ihrer Haut spiegelte, und sich die dunklen Plaids über die Hemden gezogen.
    Das Schiff war jetzt nur noch einige Bootslängen von ihnen entfernt. Backbord im Heck zeichnete sich die Silhouette eines Wachpostens ab, und ein anderer beugte sich über den Bugspriet. Aber wo steckten die beiden anderen? Duncan sah zum Mastkorb des Fockmastes auf und entdeckte, was er suchte. Ein
Arm hingen schlaff über den Rand, schwach beleuchtet vom Mondlicht. Er versetzte James Mor einen leichten Stoß in die Rippen und wies auf den Mastkorb. Der Bursche, der ebenso dunkles Haar besaß wie er, nickte und lächelte zufrieden. Nun mussten sie nur noch einen Mann finden. Vielleicht hielt er sich ja an Steuerbord auf? Sie hatten sich dem Schiff inzwischen so weit genähert, dass man es nicht mehr feststellen konnte. Möglicherweise befand er sich ja auch auf einem der unteren Decks oder im Laderaum. Sie würden es bald genug feststellen.
    Das Boot lag jetzt unterhalb der Fockwanten. Der Kurze warf ein Seil mit einem Enterhaken, der aus einem kräftigen, gegabelten Ast bestand; doch er glitt an der Takelage ab und fiel schwer in seine ausgestreckten Hände zurück. Niemand rührte sich. Zwischen seinen Schenkeln spürte Duncan, wie Marions Herzschlag sich beschleunigte.
    »Hey, Willie!«, schrie über ihnen eine heisere Stimme. »Ist noch was da?«
    Von neuem spürte Duncan, wie Marion ihm die Fingernägel in die Haut grub. Im Boot war die Spannung unerträglich angestiegen. Sie hatten die Läufe und Schlösser ihrer Pistolen und die Klingen ihrer Dolche geschwärzt, damit ihr Aufblitzen nicht den Blick der Matrosen auf sich lenkte. Langsam zog Duncan die Pistole, die an seinem Gürtel hing. Die Losung lautete, nur zu schießen, wenn es gar nicht anders ging; ansonsten würden sie den Dolch vorziehen. Schüsse würden nur die Aufmerksamkeit des Wachpostens an Land erwecken und einen Alarm auslösen.
    »Warte, ich sehe mal nach«, antwortete eine zweite Stimme. »Dieser verfluchte Neish hat bestimmt seine Branntweinreserve weggeschlossen, mal wieder …«
    Schritte hallten über das Oberdeck, und die Stimme entfernte sich.
    »Das ist nicht gerecht! Die ganze Mannschaft geht von Bord, um zu feiern, und wir …«
    »Jetzt hör schon auf zu flennen, Beacham! Immer noch besser hier als im Loch. Und wenn Neish dich nicht angeheuert hätte, würdest du genau dort sitzen. Ich kann dir versichern, dass es
weit angenehmer ist, mit trockener Kehle unter dem Sternenhimmel zu sitzen, als in einer Zelle sein verfaultes Wasser mit den Ratten zu

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