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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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nämlich gern an Bord kommen, verstehst du!«
    Mit einem dumpfen Laut stieß das Boot gegen den Schiffsrumpf. Ein Mann fluchte und schimpfte verdrossen. Das Tauwerk der Wanten geriet ins Schwingen, dann erschien eine Hand auf der Reling. Duncan wies mit seiner Waffe in die Richtung, wo gleich der Mann auftauchen würde. Marion stöhnte auf und klammerte sich an seinem Rücken fest.
    »Bleib hinter mir«, flüsterte er ihr zu.
    Sie sagte nichts, aber er spürte, wie sie zitterte. James legte seine Pistole weg und zog den Dolch. Eine zweite Hand griff
nach der Reling. Mit einem Mal sprang Macgregor auf, holte mit der Waffe aus und ließ die Klinge auf die Hand heruntersausen, wobei er ein markerschütterndes Gebrüll ausstieß. Ein grauenhafter Schmerzenschrei zerriss die Finsternis. Die zweite Hand ließ los, und dann klatschte der Mann unter den entsetzten Schreien der Frauen, die in dem Boot saßen, ins Wasser.
    Marion starrte auf die vier kleinen, weißen Stummel, die auf das Deck gefallen waren. Auch Duncan hatte sie gesehen. Er drehte sich zu ihr um. Die junge Frau war leichenblass und vermochte die angstvoll aufgerissenen Augen nicht von den abgeschlagenen Fingern des Unglücklichen abzuwenden.
    »D … D … Duncan …«
    »Tuch …«
    Sanft schob er die junge Frau auf die andere Seite der Kanone und legte ihr eine Hand auf den Mund, um den Aufschrei zu ersticken, der unvermeidlich folgen würde. Ein Schuss schlug hinter ihm in die Reling ein. Die Männer aus dem Boot schrien und kletterten jetzt an den Sprossen der Taue hoch. Er durfte keine Zeit mehr verlieren. Duncan zog an Marions Arm, um sie zu zwingen, quer über das Deck nach Backbord zu laufen.
    »Runter mit dir!«
    Während sie das Spannseil ergriff, postierte er sich vor sie, so dass sein Körper sie schützte wie ein Schild. Marcus und Colin warteten im Boot. Duncan packte die Taue und setzte einen Fuß auf eine Sprosse.
    »James!«, schrie er, die Pistole in der ausgestreckten Hand. »Komm, ich gebe dir Deckung!«
    Der junge James Mor stürzte los. Doch plötzlich erschienen hinter dem Tauwerk das Gesicht eines Mannes und eine schussbereite Pistole.
    »Spring, James! Spring doch!«, brüllte Duncan und legte auf den Mann an.
    In dem Moment, als der Mann abdrückte, sprang James Mor. Duncan zögerte noch einen Moment, bis der Mann die Reling überkletterte. Dann drückte er den Abzug. Sein Ziel erstarrte, verzerrte das Gesicht und taumelte einen Schritt zurück, um schließlich ins Leere zu stürzen. Einige Augenblicke verstrichen,
und ihm ging richtig auf, was er soeben getan hatte. Zum ersten Mal hatte er einen Menschen getötet… Bei diesem Gedanken wurde ihm merkwürdig flau im Magen. Du hast getötet, um Leben zu retten … Das war nun wirklich nicht der richtige Moment, um sich solchen Grübeleien hinzugeben! Der dritte Mann zeigte sich nicht. Wahrscheinlich machte er sich vor Angst in die Hosen!
    Duncan kletterte ins Boot hinunter, und Colin schnitt mit seinem Dolch das Tau durch, das sie mit dem Schiff verband. Dann zogen sie James an Bord und nahmen Kurs auf Strone Point. Duncan ließ sich neben Marion, die wie Espenlaub zitterte, zu Boden fallen.
    »Es tut mir leid«, murmelte er und stützte sich auf die Kisten mit den Musketen.
    Sein Herz pochte heftig, und er schloss die Augen und schluckte.
    »Ich … bedaure das, Marion. Ich hätte dich nicht in diese Angelegenheit hineinziehen dürfen… Ich … Du hättest dabei umkommen können. Das habe ich nicht gewollt. Es tut mir leid.«
    »Ich wollte doch selbst mitkommen, Duncan.«
    Er nahm ihre Hand; sie war weich, aber eiskalt, daher schloss er die Finger um die ihren, um sie zu wärmen. Marion sprach weiter.
    »Mach dir keine Vorwürfe. Du konntest schließlich nicht wissen, was auf dem Schiff geschehen würde. Ich hätte dich ohnehin gezwungen, mich mitzunehmen.«
    Er wandte sich ihr zu. Im blassen Mondlicht lächelte sie leise.
    »Dir ist kalt, deine Hand ist ja eisig.«
    »Es geht schon …«
    Er löste sein Plaid und breitete die Arme aus, um die junge Frau einzuladen, sich an ihm aufzuwärmen.
    »Komm …«
    Einen Moment lang zögerte sie, doch dann schmiegte sie sich unter dem Plaid an ihn.

6
Eine Bresche in der Mauer
    Ihre Beute türmte sich auf den Karren: acht Kisten mit Musketen aus dem Besitz der Regierung, Munition und Schießpulver eingeschlossen; Whisky, Cognac, Mehl, Zucker und Salz, Gewürze und Tee aus dem Orient, zwei Ballen Samt und ein Ballen Seide, einige Teile

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