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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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fort.
    »Ich möchte, dass du mir versprichst, Liam niemals davon
zu erzählen. Wenn er das erfährt, wird er vor Wut rasen … Und umso mehr, weil Colonel Turner getötet worden ist.«
    Matthew nahm meine Hand und legte sie an seine raue Wange.
    »Du kannst dich auf mich verlassen. Ich schwöre dir, dass ich ihm kein Wort sagen werde.«
    »Danke.«
    Ich schickte mich zum Aufstehen an, doch er hielt mich am Arm fest.
    »Warte, Caitlin, da ist noch etwas, über das ich heute mit dir sprechen wollte. Bis du morgen aufwachst, bin ich wahrscheinlich bereits unterwegs.«
    Neugierig sah ich ihn an und setzte mich dann wieder neben ihn.
    »Du weißt, dass ich mich wegen meiner angeheirateten Familie nicht so an diesem Aufstand beteiligen kann, wie Patrick das tut. Aber ich möchte, dass du weißt, dass mein Herz mit euch und mit dem Prätendenten ist. Vielleicht habe ich meinen Arm ja doch nicht umsonst verloren.«
    »Ich weiß, Matthew. Du brauchst kein schlechtes Gewissen deswegen zu haben.«
    »Ich liebe Joan und möchte sie nicht in eine unhaltbare Lage bringen. Ihre Beziehung zu ihrer Familie ist ohnehin schon ziemlich belastet, seit sie zum Katholizismus übergetreten ist, um mich zu heiraten.«
    »Ja, ich verstehe.«
    Er rieb sich die Stirn und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar.
    »Aber eines kann ich vielleicht tun …«
    Er unterbrach sich und überlegte offenbar, was er sagen sollte.
    »Vor vier Tagen hatte ich im Hafen von Leith zu tun und habe zufällig ein Gespräch zwischen zwei Männern mit angehört, deren Gesichter ich nicht erkennen konnte. Sie befanden sich hinter mir, und ich dachte, wenn ich mich umdrehte, würden sie ihre kleine Verschwörung bestimmt unterbrechen.«
    Abwesend musterte er die silbernen Schnallen seiner Schuhe. Dann sprach er leise weiter.

    »Du bist die Erste, der ich davon erzähle, aber du musst Patrick darüber unterrichten. Es geht um den Prätendenten.«
    Fasziniert starrte ich ihn an.
    »Es gibt ein Komplott gegen ihn.«
    »Ein Komplott?«
    Das, was er mir anvertrauen wollte, beunruhigte ihn sichtlich.
    »Man will ihm ans Leben. Es gibt Leute, die sich verschworen haben, ihn zu ermorden. Ein Königsmord, Kitty.«
    »Den Prätendenten töten? Ich wusste, dass für seine Festsetzung eine Belohnung ausgesetzt ist, aber ihn gleich umzubringen …«
    »Nach dem, was ich gehört habe, haben diese Leute kein besonderes Interesse an der Belohnung.«
    »Und du konntest ihre Gesichter nicht sehen?«
    »Nein. Als ich begriff, dass ihr Gespräch beendet war, habe ich mich umgedreht, doch ich musste feststellen, dass sie bereits fort waren. Um mich herum waren nur Hafenarbeiter, Seeleute und Händler.«
    »Hast du mit Joan darüber gesprochen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich war der Ansicht, dass diese Sache zu gefährlich ist. Sie braucht nichts davon zu erfahren.«
    »Nein, allerdings nicht.«
    »Du musst es Patrick sagen«, fuhr Matthew nach kurzem Schweigen fort. »Er wird wissen, wem er die Information weitergeben muss. Ihr dürft nicht jedem vertrauen. In der Umgebung des Earl of Mar muss es Verräter geben. Überall wimmelt es von Spionen.«
    Er verstummte. Mit seiner einen Hand strich er zärtlich an meinem Kinn entlang und drückte mir dann einen Kuss auf die Wange.
    »Sieh dich auf deiner Rückreise vor, meine kleine Kitty.«
    Von neuem bellte der Hund, dann hallte von der Back Causeway das Klappern von Holzschuhen zu uns herüber. Laute Stimmen erklangen; zweifellos ein Streit zwischen zwei Matrosen. Der Wind hatte aufgefrischt und wirbelte das tote Laub wie Schneegestöber um uns herum.

    Abrupt fuhr ich hoch, und mein Herz raste wie ein kleines, panisches Tier in einem Käfig. Meine Finger, die ich in die Laken krallte, entspannten sich ein wenig. Wach auf, Caitlin, das ist nur ein Traum! Langsam gewöhnten meine Augen sich in dem engen Dachzimmer, das ich mit Sàra teilte, an das Halbdunkel. Ich sah zu dem anderen Bett. Es war leer.
    Aufatmend ließ ich die Leintücher fahren und sank auf das Kopfkissen zurück. Schon wieder ein Albtraum. Seit dem Abschied von Liam suchten sie mich regelmäßig heim. Sie waren immer wieder anders, doch ähnelten sie sich auch alle.
    Ich strich mir eine Haarsträhne zurück und befeuchtete meine ausgetrockneten Lippen mit der Zunge. Meine Kehle war trocken und mein Nachthemd schweißnass. Ja, meine Träume hatten alle eines gemeinsam: den Tod, einen gewaltsamen, grausamen Tod. Die Schwingen des großen Raben schwebten über mir, um mich

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