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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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gegangen war, um sich ans Bett ihres Mannes zu setzen, ging ich in den Garten hinaus, um vor dem Schlafengehen ein wenig Luft zu schnappen.
    Die Blätter eines Apfelbaums bebten in der Herbstbrise, die mein Haar hochhob und es rund um mein Gesicht fliegen ließ. Ich zog das Plaid fester um meine Schultern und tat ein paar Schritte durch das trockene Laub, bevor ich mich in der Nähe des Gemüsegartens auf einer Holzbank niederließ. Was Liam wohl in diesem Moment tat? Wo mochte er sein? Seit seinem Aufbruch im September hatte ich nichts von ihm gehört und wusste auch nicht, wo sich die Highlander-Armee momentan aufhielt.
    Ein Hund kläffte. Von der Straße her klangen gedämpft die Stimmen betrunkener Seeleute. Dagegen konnte ich das Klappern der Töpfe aus der Küche deutlich vernehmen. Für mich klang das Geräusch wie das Aufeinanderklirren von Schwertern, und ich erzitterte vor Furcht.
    Hinter mir raschelte das Laub. Ich drehte mich um und erblickte die Silhouette meines Bruders Matthew, der sich näherte.
    »Darf ich?«

    Ohne auf eine Antwort zu warten, nahm er Platz, beugte sich nach vorn und stützte seinen rechten Ellenbogen auf ein Knie.
    »Ich reise morgen ab«, erklärte er ohne Vorrede und sah auf das Gras zwischen seinen Füßen.
    »Jetzt schon?«
    »Es muss sein, Kitty. Du weißt doch, dass Joan sich halb zu Tode sorgt, wenn ich fort bin.«
    Er sah sich im Garten um, als fürchtete er die Anwesenheit indiskreter Zuhörer, und wandte sich mir zu.
    »Es gefällt ihr nicht, dass ich für die Jakobiten arbeite.«
    »Aber Patrick ist dein Bruder!«, rief ich aus. »Das hier hat nichts mit den Jakobiten oder mit der Sache zu tun!«
    Er streckte die Finger seiner rechten Hand, ballte sie dann zur Faust und starrte darauf.
    »Du weißt ganz genau, dass alles mit der Sache zu tun hat. Joan begreift das. Sie steht loyal zu mir, aber ihr Name hindert sie daran, mich zu unterstützen. Ihr Onkel, Colonel Richard Munden, kommandiert das 13. Dragoner Regiment der Regierungsarmee. Du siehst also …«
    Ich legte die Hand auf den leeren Ärmel seines abgetragenen Rocks und drückte seinen Arm zum Zeichen, dass ich verstanden hatte.
    »Und wie geht es deinen Töchtern?«
    In der Dunkelheit blitzte ein Lächeln auf.
    »Den beiden geht es gut. Fiona ist eine richtige kleine Hexe, und Rosalind hat immer noch Schnupfen. Aber abgesehen davon ist alles in Ordnung.«
    »Sie fehlen mir; du musst sie einmal mit ins Tal bringen. Im Frühling vielleicht, wenn unsere Hügel voller Hyazinthen sind und die Heide blüht …«
    Ein langes Schweigen trat ein.
    »Und Liam?«, fragte mein Bruder dann.
    »Wie du dir wahrscheinlich denken kannst, ist er mit der Armee von General Gordon gezogen«, antwortete ich fast unhörbar. »Duncan und Ranald ebenfalls. Ich bete für sie.«
    »Ja … Ich hätte gerne einen Sohn gehabt. Aber ich vermute,
dass wir uns in unruhigen Zeiten um unsere Töchter weniger sorgen müssen.«
    Spöttisch verzog ich das Gesicht.
    »Ach, mach dir da keine Illusionen, Mat!«, rief ich aus. »Frances hat uns am Abend, bevor die Truppen abmarschierten, verkündet, sie wolle heiraten. Und ich wusste nicht einmal, dass sie einen Liebsten hatte!«
    Matthew schüttete sich vor Lachen aus.
    »Oh, Kitty, sie kommt ganz nach dir!«
    »Das ist nicht komisch«, brummte ich lächelnd.
    »Und, hat sie bekommen, was sie wollte?«
    »Allerdings«, murmelte ich. »Ihr Trevor Macdonald wartete schon in der Scheune auf sie.«
    »Nun, ich wette, dass du Großmutter wirst, ehe das kommende Jahr vorüber ist«, neckte er mich.
    »Aber ich bin zu jung, um Großmutter zu werden, Mat. Ich bin neununddreißig, sehe ich etwa aus wie eine Großmutter?«
    Er wandte sich mir zu und musterte mich einen Moment lang, wobei er die Augen zusammenzog und die Lippen aufeinanderpresste. Seine Mundwinkel zuckten.
    »Ach was! Du hast vielleicht ein paar Falten und graue Haare. Aber alles in allem siehst du gar nicht so übel aus für eine Frau von…«
    »Matthew Dunn!«, schrie ich und schlug auf seine Schulter ein. »Du elender …«
    »Ganz ruhig, Schwesterchen! Du bist immer noch ganz entzückend, weißt du!«
    Ich brach in Gelächter aus und kniff ihn in die Wange.
    »Sonst hätte der Gouverneur sich schließlich nicht…«
    Peinlich berührt unterbrach er sich. Ich zog eine finstere Miene.
    »Tut mir leid, Kitty«, entschuldigte er sich sogleich. »Ich wollte damit nicht sagen …«
    »Schon gut.«
    Ich legte eine Pause ein und fuhr dann nachdenklich

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