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Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel

Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel

Titel: Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Blazon
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Glasstück in seinem Griff zu farbigem Pulver zerstob. »Ist das alles, ihr undankbares Pack? Wollt ihr mich betrügen?« Die größte der Gestalten, die hinter dem Glashaufen kauerte, zuckte zusammen. Es war ein dürres Mädchen, struppig und zäh. Wenn sie etwas sagte, schwiegen die anderen.
    »No, il mio Maestro«, flüsterte sie in ängstlicher Ehrfurcht. Die anderen versuchten, sich kleiner zu machen, und senkten den Blick. »Und warum gehorcht ihr dann meinen Befehlen nicht?«, donnerte der Dunkle. »Habe ich euch nicht gerettet und vor dem Tod bewahrt? War ich nicht großherzig? Habe ich euch etwa nicht Augen zum Sehen in der Nacht gegeben, die Flinkheit von Mäusen, die Geschmeidigkeit der Aale? Und dann findet ihr nur DAS hier?« Er schüttelte den Kopf. »Jahrhunderte schenkte ich euch«, grollte er. »Und was gebt ihr mir zum Dank?«
    Diesmal antwortete nicht einmal das dürre Mädchen. Seine Sklaven verharrten in Erwartung der Strafe. Wie ein Wurf Kätzchen sahen sie aus, eng aneinandergeschmiegt. Einer der Jungen war eben erst herbeigeschwommen und auf die Gondel geklettert, jetzt versuchte er, sich noch kleiner zu machen, als er ohnehin war. Der Dunkle lächelte grimmig. Dann griff er zu dem Riemen und schlug damit gegen den metallenen Bugkamm der Gondel.

Kristina trat näher an das Bild heran. Vor Violettas Gemälde war aller möglicher Kram säuberlich aufgereiht: glatte grüne Algen, die über Nacht schon ein wenig eingetrocknet waren, Stoffrosen, wie sie als Dekoration an manchen Gondeln befestigt waren. Ein pinkfarbenes Quietscheentchen lag neben einem Radiergummi. Und dazwischen Kronkorken, bunte Glasscherben und alte, verwitterte Münzen. Die Dinge wirkten fast wie Gaben vor einem Altar für die Dogaressa. Und auf Violettas rechter Wange prangten drei winzige Mehlflecken, als hätten zierliche Finger sie dort berührt.
    »Das ist ja mein Radiergummi, den er mir geklaut hat«, rief Jan. Jetzt bestand kein Zweifel mehr, wer die Gegenstände hier abgelegt hatte.
    »Mach ein Foto, Jan«, sagte Kristina leise.
    Funken flirrten vor ihren Augen, nachdem der Blitz mehrmals das Zimmer erhellt hatte. Jan fotografierte weiter: das Zimmer, Nonnas Bett und die Perlenkordel am Fenster. Draußen wurde das Heulen des Windes lauter und vermischte sich mit einem schwingenden Ton – so als hätte draußen jemand mit einem Stock gegen ein Metallgeländer gehauen. Ein ziemlich großes Metallgeländer. »Hast du das auch gehört?«, fragte Kristina. Aber Jan war schon am Fenster und drückte sich die Nase platt. Kristina atmete tief durch und wagte sich ebenfalls heran. Die Hände fest um die Kante des Fensterbretts gekrampft, wagte sie einen Blick auf den Kanal.

Die Gondel begann, sich zu drehen, Strudel tanzten um sie herum, ein Sog, der jedes andere Schiff sofort auf den Grund des Kanals gezogen hätte. Unter dem Boot schabte etwas entlang. Wasser schäumte auf, ein Wirbel tat sich auf wie ein grüner Trichter.
    »Seht und lernt«, sagte der Dunkle. Er hob die Hand und deutete auf das dürre Mädchen. Eine unsichtbare Kraft schleuderte sie von der Gondel, sie fiel ins Wasser, ohne einen Laut von sich zu geben. Das Letzte, was ihre Gefährten von ihr sahen, waren ihre weit aufgerissenen Augen und eine Hand, die verzweifelt nach dem aufgewühlten Grün schlug und auf etwas Schuppiges, Glitschiges traf. Eine Sekunde später hatte der Strudel sie verschlungen. Die Sklaven schrien entsetzt auf, jammerten und klagten, aber sie wagten es nicht, das Boot zu verlassen.

Natürlich war es draußen wieder neblig, aber an einer Stelle auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals trieb an dem Seitenkanal besonders viel weißer Dunst. Fast wie eine weiße Wolke. Davor verwandelte sich das Wasser in einen kochenden Strudel.
    »Was ist das denn?«, sagte Kristina mehr zu sich selbst.
    »Vielleicht ein Mini-Tsunami«, vermutete Jan. Das war natürlich Unsinn. Das Wasser war nur vom starken Wind aufgewühlt – aber auf eine sehr seltsame Art. Grüne Wirbel verschwanden und tauchten etwas weiter entfernt wieder auf. An manchen Stellen bäumte sich eine einzelne Welle auf, schlängelte ein Stück weiter, nur um dann wieder abzutauchen. Viele solcher Wellen schwappten in großen Bögen von einer Uferseite zur anderen, fast so, als würde das Wasser sich in einer windenden Bewegung in Richtung Lagune davonwälzen.

Die Gondel hörte auf, sich zu drehen, der Wassersog löste sich auf, die Kraft, die unter der Wasseroberfläche

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