Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel
zusammen.«
Kein Zweifel: Im Spalt zwischen den Gardinen leuchteten zwei glühende Augenpunkte. Das Kind hatte hinter dem Vorhang gestanden und sie beobachtet. Es musste dann unbemerkt an ihnen vorbei zu dem Loch im Keller gehuscht sein. »Cool, ein richtiges Geisterfoto.« Jan strahlte. »Und ich habe es gemacht!«
»Könnte aber auch eine Katze sein, die hinter dem Vorhang hockt«, gab Luca zu bedenken.
»Nein!«, riefen Pippa, Jan und Kristina wie aus einem Mund.
»Und warum ist auf dem Foto an der Mauer nichts zu sehen?«
»Auf den Fotos sieht man seine Augen wohl nur, wenn sie reflektieren. Aber an der Mauer hat er nicht in die Kamera geschaut. Er hat geweint.«
Jetzt blickte Pippa so besorgt und bestürzt drein, dass Kristina der Satz sofort leidtat. »Donno soll nicht weinen«, sagte die Kleine. »Und der Doge darf ihm nichts tun. Wir müssen das Makaroni-Auge finden, damit er Donno in Ruhe lässt.«
Jetzt musste Jan trotz allem kichern und auch Kristina konnte nicht anders als grinsen. »Makaro«, berichtigte sie. »Das Auge des Makaro. Was auch immer ein Makaro sein soll.«
»Jedenfalls müssen wir ihm helfen«, ereiferte sich Pippa. »Er ist mein Freund – und er hat dich vor dem bösen Dogen gerettet!«
Kristina wollte schon widersprechen, aber sie musste zugeben, dass tatsächlich etwas dran war. Vielleicht hatte er sie wirklich nur in Sicherheit bringen wollen und sich dabei einfach ungeschickt angestellt. Und wenn es so war, dann hatte er vermutlich auch in San Polo versucht zu helfen, als er sie in die Wand schubste, die wohl so etwas wie ein geheimes Portal gewesen war.
Vielleicht habe ich ja auch einen unsichtbaren Freund, dachte sie.
Luca betrachtete immer noch mit gerunzelter Stirn Violettas Porträt mit dem Altar davor. »Ich glaube nicht, dass die Kinder eure Ahnin hassen, wie eure Nonna sagt. Für mich sieht es eher so aus, als würden sie Violetta verehren.«
»Sie hassen keinen«, beharrte Pippa stur. »Habt ihr nicht zugehört? Il Doge nero ist der Böse. Die Donnole müssen ihm gehorchen, weil er ihnen sonst etwas antut. Und der Doge will das Makaroni-Auge und den Vianellos was Schlimmes antun.«
Kristina und Jan zuckten zusammen. Etwas zu vermuten, war eine Sache, es so deutlich zu hören, eine ganz andere. Kristina schluckte schwer. »Na toll«, murmelte sie. »Die Toten und die Bösen sind hinter uns her. Die besten Weihnachtsferien aller Zeiten.«
»Wenn das stimmt«, sagte Luca nachdenklich, »würde ich mich davor hüten, ihnen dieses Auge zu geben, falls ihr es findet. Wer weiß, was der Doge damit vorhat.«
»Aber dann müssen die Donnole sterben!« Pippas Gesicht nahm langsam die Farbe ihrer Haare an. Um ihren unsichtbaren Freund machte sie sich wohl viel mehr Sorgen als um Kristina und Jan.
»Also glaubst du uns endlich?«, fragte Jan Luca.
Luca drehte seine Teetasse in den Händen. »Na ja, komisch ist es schon, dass Pippa und ihr dasselbe gesehen habt. Außerdem habe ich meinem Vater die Gondel beschrieben, von der Kristina mir erzählt hat. Er sagt, niemand kann heutzutage eine bunt bemalte Gondel gesehen haben. Solche gibt es nämlich schon seit Ewigkeiten nicht mehr.«
»Komisch, vor einer Viertelstunde ist so eine direkt über mich drübergefahren«, sagte Kristina spitz.
»Warum gibt’s die nicht mehr?«, wollte Jan wissen.
»Na ja, die Adelsfamilien versuchten sich früher gegenseitig mit der prächtigsten und buntesten Gondel auszustechen. Das gab so viel Streit, dass es schließlich verboten wurde, sie zu bemalen. Seit vielen Hundert Jahren müssen alle Gondeln deshalb schwarz sein.«
Viele Hundert Jahre. Kristina rieb sich unbehaglich über die Oberarme. »Meinst du, wir kriegen raus, wer der Doge war?«
»Mein Vater hat einen Ausweis fürs Stadtarchiv«, antwortete Luca, während er die Fotos auf dem Bildschirm weiter durchklickte. »Ich werde ihm nur nicht auf die Nase binden, dass ausgerechnet eine von den verrückten Vianellos es wissen will. Oh, was ist das denn?«
Auf dem Bildschirm erschien das Schriftstück, das Jan abfotografiert hatte.
»Das haben wir in einem Schrank von Nonna gefunden.« Bevor Kristina etwas sagen konnte, hatte Jan schon das lederne Päckchen unter seinem Pulli hervorgezogen. Kristina wusste nicht, ob es richtig war, Nonnas heimliche Schätze hier einfach auszubreiten – ausgerechnet bei den Erzfeinden Pezzi. Aber Jan hatte das Leder schon aufgeklappt. Pippa bekam sofort wieder gierige Elsteraugen.
Luca pfiff durch
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