Lara Adrian- 07- Gezeichnete des Schicksals
wünschte sich ein Teil von ihr, ihn wieder
zurückkommen zu lassen, auch wenn alles um sie in Aufruhr war. Vielleicht
sehnte sie sich gerade deswegen so nach Kades tröstlicher Stärke.
Und nach seiner Liebe. Immer noch.
Aber sie wusste nicht, ob sie ihren Gefühlen im
Moment noch trauen konnte.
Nichts war mehr klar. Seit sie Kade begegnet war,
war es vorbei mit ihrer bequemen Welt aus Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse. Er
hatte alles verändert, ihr die Augen geöffnet, und sie würde nie mehr zu ihrem
früheren Leben zurückkehren können.
Sie hatte sich für immer verändert - vor allem,
weil sich ihr Herz, sosehr sie ihn auch fürchten oder hassen wollte für das,
was er war, weigerte, ihn gehen zu lassen.
Alex ließ ihr Schneemobil an. Sie musste einfach
weg von allem, brauchte Raum zum Denken, damit sie wieder einen klaren Kopf
bekam. Was sie jetzt benötigte, war ein sicherer
Hafen, und im Moment fiel ihr dafür nur ein
einziger Ort ein - Jennas Hütte.
So turbulent, wie die letzten Stunden gewesen
waren, hatte sie völlig vergessen, dass sie eigentlich bei ihrer Freundin
vorbeischauen wollte. Wenn es einen Menschen gab, dem sie jetzt trauen konnte,
war es Jenna.
Hinter ihr fiel krachend Zachs Haustür zu.
„Hey, wo willst du denn hin?“, rief er ihr zu und
kam zügig über den Hof auf sie zu. „Ich hab doch gesagt, dass ich dich
heimfahre, um sicherzugehen, dass du heil ankommst. Du bist kaum in der
Verfassung, zu ...“
„Ich will deine Hilfe nicht, Zach.“ Alex warf ihm
einen harten Blick zu, angewidert bei dem Gedanken, dass sie ihn je für einen
Freund gehalten hatte.
Noch schlimmer, dass sie je mit ihm geschlafen
hatte. Wenn Kade gefährlich war, weil Stammesblut in seinen Adern floss, dann
war Zach eine noch viel heimtückischere Gefahr. Denn er war jemand, der
skrupellos unschuldige Menschen ausnutzte, sie verdarb und ihr Leben zerstörte,
um sich zu bereichern.
„Wie viel Geld haben Skeeter und du die Jahre über
gemacht? Wie viel Wert haben die Menschen für dich, die du zu schützen geschworen
hast, wenn du sie dermaßen verrätst?“
Zach starrte sie wütend an. „Du weißt nicht, was du
redest, Alex. Du hast Wahnvorstellungen.“
„Ach ja?“
„Ja, allerdings.“ Er trat näher. „Ich fürchte, du
bist eine Gefahr für dich selbst.“
„Wohl eher für deinen Lebensunterhalt, was?“
Er kicherte freudlos. „Als Gesetzesvertreter kann
ich dich in diesem Zustand nicht guten Gewissens aus meinem Gewahrsam
entlassen, Alex. Steig vom Schlitten.“
Sie schüttelte den Kopf und gab ein wenig Gas.
„Fick dich!“
Bevor sie losfahren konnte, schloss sich Zachs Hand
um ihr Handgelenk. Er riss an ihrem Arm und brachte sie fast aus dem
Gleichgewicht.
Alex blickte nach unten und sah entsetzt, dass er
seine Pistole aus dem Gürtelholster gezogen hatte.
Fassungslos keuchte sie auf, und im selben
Augenblick schwang Luna ihren großen Kopf herum und schlug Zach die Zähne in
den Arm.
Zach brüllte auf. Sein schmerzhafter Griff löste
sich, und Alex schlang einen Arm um ihre geliebte Luna, um sie sicher vor sich
auf dem Schlitten festzuhalten. Dann gab sie Gas, und das Schneemobil stob mit
einem Satz davon.
Sie raste durch das wirbelnde Schneegestöber und
wagte nicht zurückzuschauen.
Nicht einmal, als sie Zach ihren Namen rufen hörte,
gefolgt vom Aufheulen eines weiteren Schneemobils, das ihr nachsetzte.
Die Frau lag bäuchlings auf dem Fußboden der
Blockhütte, reglos bis auf das entspannte Auf und Ab ihres Atems.
Sie war in Trance und spürte den kleinen Einschnitt
nicht, den er vor Kurzem in ihrem Nacken gemacht hatte.
Aus diesem sorgfältig platzierten Schnitt sickerte
nun ein dünner Blutstrom, als er sich neben sie kauerte und die Wundränder in
ihrer zarten menschlichen Haut zusammendrückte. Er beugte sich über sie und
leckte das kupferrote Rinnsal auf, dann presste er seine Zunge gegen die Wunde
und versiegelte so das Gewebe.
Auch seinem eigenen Körper ging es besser. Die
UV-Verbrennungen waren abgekühlt, die Blasen auf seiner Haut nässten und
schmerzten nicht mehr so.
Auch die Schusswunden an Oberschenkel und Bauch
hatten sich durch neues, regeneriertes Gewebe wieder geschlossen. Und der
Durst, der seit seiner Flucht aus der Gefangenschaft sein fiebernder Begleiter
gewesen war, hatte nachgelassen.
Nun, da sein Kopf wieder klar war, hatte er
Gelegenheit, sich zu besinnen und zu überlegen, was er tun sollte.
Weiterfliehen. Sich weiter verstecken
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