Lara Adrian- 07- Gezeichnete des Schicksals
sich von ihm zurückzog, sah sie, dass sein Blick von ihrem Mund
zu ihrem Halsansatz wanderte.
Dort schlug ihr Puls, ein schnelles Ticken, das
sich noch beschleunigte, als sie sah, wie hungrig Kade diese Stelle anstarrte.
Er fing ihren Blick auf und sah abrupt weg. Versuchte vor ihr zu verbergen,
dass er ihr Blut wahrnahm, das unter ihrer Haut pochte. Und seinen Durst auf
sie.
Mit den Fingerspitzen brachte sie ihn dazu, ihr
wieder in die Augen zu sehen.
„Du musst nicht verleugnen, was du bist oder was du
brauchst, Kade. Nicht vor mir. Nicht mehr.“
Schweigend legte sie den nassen Lappen weg, strich
sich das Haar vom Hals und brachte sich an seinen Lippen in Position.
Ehrfürchtig flüsterte er ihren Namen, holte tief
Luft, und als er sie wieder ausstieß, traf sein Atem ihre Haut wie ein heißer
Strom. Kade senkte sich auf sie herab, und in seinem heftigen Biss lagen ein
Verlangen und eine Verzweiflung, die er nicht mehr zu verbergen versuchte.
In Zach Tuckers Haus in Harmony sackten zwei
Trooper der Staatspolizei von Alaska, die vor Kurzem von der Dienststelle in
Fairbanks eingetroffen waren, in tiefer Trance auf dem Wohnzimmersofa zusammen.
Im Fernsehsessel daneben schnarchte leise
Bürgermeister Sidney Charles, auch er in Trance. Wenn auch unwissentlich, hatte
der alte Inuit sich bei der Durchführung der Mission des Ordens in der Stadt
als ungeheuer kooperativ erwiesen. So hatte er nicht nur sein Versprechen
gehalten, vor einigen Stunden sämtliche Bewohner von Harmony in der Kirche
zusammenzurufen, sondern war auch noch so liebenswürdig gewesen, die bei
Tagesanbruch eingetroffenen Staatspolizisten am Flugplatz abzuholen und zu Zach
Tuckers Haus zu begleiten.
Während Brock immer noch in Jennas Hütte die
Stellung hielt, hatten Tegan, Chase und Hunter ihren Standort in Tuckers Haus
verlegt. Dort hatten sie die wenigen Stunden Tageslicht abgewartet und die
unproduktive Zeit dazu genutzt, die Computerdateien des toten Troopers zu
durchforsten und im Haus nach weiteren Beweisen für seine Bestechlichkeit zu
fahnden. Und sie wurden schnell fündig.
Zach Tucker mochte ein Provinzbulle gewesen sein,
doch was die Archivierung von Aufzeichnungen anging, hatte er eine regelrechte
Buchhalterseele besessen. So hatte er jeden einzelnen Drogendeal und jede
geschmuggelte Schnapsflasche protokolliert, die durch seine Hände an Skeeter
Arnold gegangen war, um sie in der Umgebung zu verkaufen.
Wenn die beiden Staatspolizisten wieder aufwachten,
würden sie in Tuckers durchwühlten! Haus seine komplette handschriftliche
Buchführung sowie die im Computer gespeicherten Liefertabellen finden. Und sie
würden auch den Safe finden, in dem Zach seine beträchtlichen Barbestände aus
den kleinen Nebengeschäften bunkerte, die er offenbar über Jahre hinweg
betrieben hatte.
Dann würden die uniformierten Trooper auf eine
unbestimmte Ahnung hin in ein abgelegenes Waldstück fahren und dort den
einzigen Polizeioffizier von Harmony entdecken, brutal ermordet, die Leiche
weitgehend von Tieren gefressen. Daneben würden sie Skeeter Arnolds Handy
finden, in dessen Anruflisten zahlreiche Verbindungen mit Trooper Tucker
gespeichert waren.
Da Skeeter unauffindbar war und niemand etwas von
ihm gehört hatte, würden die Beamten folgern, dass Tucker und vermutlich auch
Skeeter bei einem Deal, der fatal aus dem Ruder gelaufen war, offenbar den
Kürzeren gezogen hatten.
Was die Trooper aus Fairbanks aber nicht finden würden,
waren sonstige Beweise für irgendwelche seltsamen Vorkommnisse in Harmony. Denn
niemand in der Stadt erinnerte sich an die Mordserie in jüngster Zeit,
geschweige denn an die Namen der Opfer. Außerdem würde ein strategisch
platzierter Computerwurm aus Boston die meisten Einsatzberichte der letzten
Woche löschen, sodass die Staatspolizei keine Veranlassung hatte, in dem
friedlichen Städtchen Harmony nach irgendetwas anderem Ausschau zu halten als
nach einem bedauerlichen Fall von Polizeikorruption.
„Das wird reichen“, meinte Chase, als er aus
Tuckers Arbeitszimmer kam. „Das Computerpasswort ist deaktiviert, und auf dem
Bildschirm ist eine Tabelle über die Transaktionen unseres Burschen im
laufenden Jahr geöffnet. Diese Trooper werden Tucker nicht nur für ein
Arschloch halten, sondern auch noch für einen Vollidioten.“
Tegan kicherte. „Ich mach den Rest mit den Menschen
fertig. Sag Hunter, dass wir in fünf Minuten abfahren.“
Chase nickte. Er machte einen Schritt und blieb
wieder stehen.
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