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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa De Sio
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Indessen konnte die Wöchnerin nur noch mit Mühe atmen, sie spürte deutlich, dass sich in ihrem Leib noch gar nichts beruhigt hatte, ja ihr schien, als drückte es sogar noch mehr als zuvor. Noch immer rann ihr das Blut an den Innenseiten der Oberschenkel hinab, wobei sie das deutliche Gefühl hatte, es sei das gesamte Blut ihres Körpers, das sich aus ihrem Leib ergoss. Als der Schmerz und die Wehen stärker und stärker
wurden, schien es der Wöchnerin, als bebte das ganze Zimmer im Takt mit ihren Schmerzensschreien. Die Wände des Zimmers schwollen an und wieder ab, wie von einem rauen Wind ergriffen, der sie aufpustete, als wäre der Raum die atmende Lunge des Hauses. Auf dem Höhepunkt des Schmerzes schaffte es die junge Mutter gerade noch, sich zu fragen, wer denn wohl jene dritte Gestalt war, die im Halbschatten neben ihrem Bett aufgetaucht war. Abgesehen von ihrer Schwester und der Hebamme war ihr vorher niemand im Raum aufgefallen. Wer um alles in der Welt war also dieser unstet flackernde Schatten, der sich dort in der Zimmerecke flach hinter den Schrank drückte … riesengroß, wie ein Skelett geformt, das Antlitz traurig und erschöpft… ein Mann? Eine Frau? Dann hatte sie nichts mehr gehört und gesehen, weder das Zimmer noch das Blut oder den Schatten, und auch Schmerzen hatte sie nicht mehr verspürt. Nichts. Als sie nach einigen Minuten aus der Ohnmacht erwachte, hörte die junge Mutter die Hebamme schreien: »Madonna della Setèlla! Da ist ja noch eins! Presst, Donna Sofí, presst! Und schaut nur … das Köpfchen, das schon herauskommt! Presst, Donna Sofí!« Und so war genau zehn Minuten nach Mitternacht, in den Frühstunden am 3. Februar, Fatima zur Welt gekommen, die man zu Ehren der gleichnamigen Stadt so taufte, einem der Orte, die die junge Mutter während ihrer Hochzeitsreise besucht hatte, und, genauer gesagt, auch dem Ort, wo sie und ihr Mann dem eigenen Vernehmen nach das Kind gezeugt hatten.
    Als sich dann, viele Jahre später, die Nachricht in der Welt verbreitete, dass in genau jenem Augenblick einer Gruppe Hirten eine wundersame Muttergottes erschienen war, begann
in Mangiamuso das Gerücht umzugehen, die Zwillingsschwester Santo sei deshalb so genannt worden, weil sie mit ihrer unerwarteten Geburt ebenso alle verblüfft hatte, wie es später das Wunder von Fatima oder die Erscheinung jener gleichnamigen Madonna tun würde.

    Fatima und Candelora ähnelten sich, als sie aufwuchsen, aufs Haar, als wären sie die genau gleichen Hälften ein und derselben Eiche, deren Stamm von der Axt eines Holzfällers gespalten worden war. Niemand wusste, in welcher der Hälften eigentlich das Herz schlug, doch im Dorf kam schon bald der Verdacht auf, dass dieses Schicksal keiner der beiden Frauen zuteilgeworden war. Ihr Leben verlief so: Fatima nahm den Eimer und die andere den Lappen, Candelora rief, und die Schwester antwortete, die eine putzte den Kohl, und die andere schnippelte Knoblauch, in einer präzisen Abfolge von Bewegungen, die so genau aufeinander abgestimmt waren, dass die Arbeit der einen nur dann zum Abschluss gebracht wurde, wenn sie anschließend durch den Einsatz der anderen auch einen Sinn erhielt. Doch hässlich waren sie wie die Nacht.
    Einmal war Schwester Addolorata während eines der sporadischen Aufenthalte der Zwillingsschwestern im Kloster San Giovanni in Neapel, wo sie ihrem angeblichen Neffen Severino einen Besuch abstatteten, so sehr von Mitleid ob ihres unschönen und spröden Aussehens ergriffen gewesen, dass sie es gewagt hatte, ihnen einen kleinen Vortrag über die Geschichte der inneren Schönheit zu halten. Doch in den Augen der Schwestern Santo hatte nicht einmal der Schimmer von Dankbarkeit aufgeblitzt, denn sie waren zwar
hässlich, doch keineswegs dämlich. Fatima war ihr über den Mund gefahren, indem sie fragte, ob Severinos Fieber, der Beweggrund ihrer überstürzten Reise in die Stadt, in letzter Zeit gemessen worden sei, während Candelora ihr bereits das Thermometer reichte. »Die Frauen schenken sich Gott, wenn der Teufel sie nicht mehr will«, hatten sie während ihrer Rückreise nach Mangiamuso über die Nonne geschimpft.
    Alles in allem war das Leben mit ihnen jedoch gar nicht so schlecht umgesprungen. Zumindest erzählten sie sich das an den vielen endlosen Abenden, als sie die vierzig überschritten und damit jede Hoffnung aufgegeben hatten, noch einmal unter die Haube zu kommen. Abende, an denen sie alleine zu Hause waren und zum wohl

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