Lass den Teufel tanzen
hundertsten Male die Wäsche ihrer beider Aussteuer sortierten und einer Musterung unterzogen, indem sie die Eigenheiten und Vorzüge einer jeden Stickerei, jedes Bettbezuges und Lakens mit der gleichen melancholischen Zärtlichkeit auflisteten, mit der zwei pensionierte Lehrerinnen der Namen und Schulnoten jedes Einzelnen ihrer Zöglinge gedacht hätten, den sie einst in ihrer Klasse gehabt hatten.
Waren sie böse, die Schwestern Santo? Oder hatten sie nur mit der Welt abgeschlossen, weil ihnen wegen ihres Aussehens all die zärtlichen Zuwendungen und Schmeicheleien verwehrt geblieben waren, die gewöhnlich verhindern, dass sich die menschliche Natur verhärtet?
Allerdings darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass ihre Mutter sie schon sehr früh im Stich gelassen hatte. Etwa zwei Jahre nach der schweren Zwillingsgeburt hatte sie ihr drittes Kind Angelo zur Welt gebracht, wobei es ihr nur noch
mit Mühe gelungen war, jenen schwarzen Schatten zu vertreiben, der zurückgekehrt war, um der Geburt beizuwohnen. Und so hatte es sich einige Monate danach, während sie mit dem Neugeborenen in den Armen auf der Veranda saß, zugetragen, dass sie plötzlich sah, wie die Sonne sich verdunkelte, und eine süße, gewaltige Stimme vernahm, die aus jedem Punkt am Himmel, von jedem Zweig, von jedem Strunk im Garten, von den Rüben, den Kartoffeln und den Kohlköpfen zu kommen schien. Dann war die Stimme immer leiser geworden, war ihr in den Gehörgang gekrochen und hatte gesagt: »Amen.« Und die Mutter war erstarrt, ihr Gesicht zu einer Seite verzerrt und der Körper halb gelähmt. Von jenem Tag an hatte sie weder ihre Kinder noch ihren Mann gekannt und aufgehört, den Dingen der Welt einen Namen zu geben.
Und so kam es, dass Fatima, Candelora und Angelo wie mutterlose Waisen aufgewachsen waren. Ihr Herr Vater, der ewig auf Reisen war, um einen immensen Besitz an Vieh, Ländereien und Gutshöfen zu verwalten, hatte seine Kinder sich selbst überlassen. Die Zwillingsschwestern beschäftigten sich immer weniger mit sich selbst und immer mehr mit jenem menschlichen Relikt, zu dem ihre Mutter geworden war, bis zu dem Tag, als sie in ein besseres Leben abberufen wurde. Von diesem Moment an hatte sich die ganze Aufmerksamkeit der Schwestern auf den armen Angelo gerichtet, den sie für immer beschützten und behüteten, denn schließlich war er ein männliches Wesen.
Was das Heiraten anging, so lag der Haupthinderungsgrund nicht etwa, wie man hätte vermuten können, in ihrem wenig ansprechenden Äußeren als vielmehr in der Tatsache,
dass sie zu viel Geld hatten. Als Männer hätten sie noch so krumm gewachsen und unansehnlich sein können, strohdumm und gleich einem Affen, denn ihr Reichtum hätte genügt, um ihnen eine dauerhafte Beziehung zu einem jungen und fortpflanzungsfähigen Mädchen zu sichern. Für Fatima und Candelora jedoch war ihr Reichtum nichts anderes als ein Klotz am Bein. Keiner ihrer sowieso schon rar gesäten Freier war jemals auch nur in die engere Wahl gekommen, denn Angelo Santo wachte wie ein Zerberus über das Vermögen der Familie.
Einen Bewerber um Fatimas Hand hatte es allerdings dennoch gegeben, als sie und ihre Schwester gerade ihr dreißigstes Lebensjahr überschritten hatten. Er trug den Namen Totò Leporàno und war als neuer Bauer nach dem Tod des alten Tagelöhners Scoppola eingestellt worden, der noch bis wenige Tage vor seinem Tod Erde gehackt und Bäume gestutzt hatte, mit der Kraft und dem Können eines Mannes, der in seinem Leben niemals etwas anderes gemacht hatte, als Bäume zu stutzen und Erde zu hacken. Kaum traf der junge Totò Leporàno vom Nachbargut der Aradeos ein, war es den Santos klar geworden, dass sie einen schlechten Tausch gemacht hatten, denn dieser Totò war faul und aufsässig und verstand vom Säen und Mähen kaum mehr als eine frittierte Sardelle von der Astronomie. Doch er war muskelbepackt und blond wie ein Schauspieler aus dem Kino, und so gab es für die arme Fatima kein Entrinnen. Der junge Leporàno hatte, schlau und mit allen Wassern gewaschen wie er war, sofort begriffen, wie die Dinge standen, und beschloss in Windeseile, die Gelegenheit beim Schopf zu ergreifen, weil sich ihm eine solche Möglichkeit, sich ins
gemachte Nest zu setzen, wohl nur einmal im Leben bieten würde.
Bald fand Fatima des Nachts keinen Schlaf mehr, und immer wenn sie sicher sein konnte, dass Candelora in dem Bett neben ihr mit dem Schäfchenzählen aufgehört hatte und in ihrem
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