Lass dich kuessen - lass dich lieben
Michael, du siehst ja aus, als hättest du einen Geist gesehen!”
Er erwiderte ihre Umarmung, ohne seine wahren Gedanken zu verraten. „Tante Molly!”
Sie hatte die Statur und den Haarschnitt wie ihre Schwester, aber dort endete auch schon die Ähnlichkeit mit seiner Mutter. „Was für eine Überraschung.” Er hielt sie auf Armeslänge von sich.
„Hab ich doch gesagt, Onkel Mike.”
Molly trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn von oben bis unten. Ihre Augen schimmerten feucht, als sie sagte: „Es ist schon so lange her … viel zu lange.”
„Ja, das stimmt, Tante Molly.”
„Molly. Nur Molly, bitte. Sonst fühl ich mich so alt.” Sie schaute an ihm vorbei. „Willst du mich nicht deiner Freundin vorstellen?”
Er wollte erklären, dass sie nicht seine Freundin sei, aber Nicole reichte Taylor den Kuchen und kam schon mit ausgestreckter Hand auf sie zu.
„Ich bin Nicole. Freut mich, Sie kennen zu lernen, Molly.”
„Ebenfalls, Nicole.” Molly nahm Nicoles Hand und zwinkerte ihm zu, woraufhin er die Augen verdrehte.
Josh brachte einen großen Teller mit Steaks herein und stellte ihn auf den liebevoll gedeckten Tisch. „Tut mir Leid, aber sie waren schneller fertig als geplant.”
Jeder suchte sich einen Platz am Tisch, und während der nächsten Stunde unterhielten sich alle angeregt. Zu Nicoles Freude boten die anderen ihr das Du an, was sie gern annahm. Nach dem Essen ging John mit seiner Schwester nach draußen zum Spielen, während die Erwachsenen am Tisch sitzen blieben und einen Kaffee und Nicoles Apfelkuchen genossen.
„Wie lange willst du denn hier bleiben, Molly?” fragte Michael.
Molly schaute aus dem Fenster, ihr Lächeln schwand ein wenig. „Ich weiß es noch nicht genau. Ich plane im Moment immer nur von einem Tag zum nächsten.”
Sie trug offensichtlich ein Problem mit sich herum, aber Michael traute sich nicht, nachzufragen. Er betrachtete Molly genauer. Sie sah nicht krank aus, und der neue Buick auf der Auffahrt deutete auch nicht auf Geldsorgen hin.
„Dein Onkel …”, begann sie und brach dann ab. „Wir haben uns letztes Jahr scheiden lassen.” Molly bemühte sich zu lächeln, doch es misslang. „Ich bin ein bisschen umhergereist und habe versucht, mich daran zu gewöhnen, dass …” Sie trank einen Schluck Kaffee und beendete den Satz nicht.
Die Kinder kamen hereingestürmt, und Emily kletterte auf den Schoß ihrer Mutter, während John sich die Hände wusch und dann zum Tisch kam, um ein Stück Kuchen zu essen.
Josh nahm die Kaffeekanne vom Sideboard und schenkte Kaffee nach. „Du bist genau an den richtigen Ort gekommen, Molly. Du kannst so lange bleiben, wie du möchtest, wenn es dir nichts ausmacht, mit der Schlafcouch im Wohnzimmer vorlieb zu nehmen.”
Michael wünschte, die Renovierung des „Palace” wäre schon weiter vorangeschritten, aber die bisher einzigen bewohnbaren Schlafzimmer waren seins und Nicoles.
„Du kannst in meinem Bett schlafen, Tante Molly. Ich schlafe gern auf der Couch”, warf John ein.
„Danke, mein Lieber. Das ist sehr nett von dir.”
John strahlte und nahm noch einen Bissen Kuchen. Dann weiteten sich seine Augen vor Aufregung. „Ich weiß was! Warum machen wir nicht eine Party für Tante Molly, damit sie alle kennen lernen kann … alle meine Cousins und Tanten und Onkel, Hannah und …” Er tippte sich ans Kinn und konzentrierte sich. „Oh! Jetzt weiß ich. Grandpa Max.” Er blickte sich um, als plötzlich Schweigen herrschte. „Tante Molly?”
„Ja, Liebes?”
„Du magst doch Partys, oder nicht?”
„Natürlich, aber …”
„Alle sind wirklich nett. Ehrlich.”
Michael erkannte, dass es jetzt an ihm war, etwas zu sagen. Denn das war sein Problem, diese Sache mit Max. Darunter durfte nicht die ganze Familie leiden. „Ich finde, das ist eine tolle Idee, meinst du nicht auch, Schwesterchen?”
Taylor starrte ihn erstaunt an. Er blickte zu Josh, der nun sichtlich erleichtert war.
„Gut, dann ist das abgemacht.” Michael zog Molly zum Sofa, und sie setzte sich. Er wandte sich um und sah, dass Nicole im Türrahmen stand und ihn warm anlächelte. Sie konnte nicht wissen, was er gerade getan hatte, aber irgendwie hatte sie wohl gespürt, dass es wichtig gewesen war, und zeigte ihm nun ihre Zustimmung. Er hielt ihren Blick einen Moment lang fest und fragte sich, ob er ihr je von seinen Familienproblemen erzählen würde.
Langsam drehte sie sich um und ging mit Taylor und den Kindern nach
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