Lass dich lieben - Lucy
Jura geweckt hätte.«
»Sein Interesse für Jura?« wiederholte Lucy.
»Mein unglaublich kluger Ehemann war ein erstklassiger Anwalt«, berichtete Zoe stolz. »Er hat James alle vertraglichen Tricks gelehrt und ihm gezeigt, worauf man im Showbu- siness achten muss. Deshalb ist James als Manager so erfolgreich.«
»Penibelste Beachtung aller Details.« Lucy ahnte, dass James ganz zielstrebig Hugh Greenaways Berufserfahrung genutzt hatte, um seine Zukunftspläne zu verwirklichen. James war ein Macher und niemand, der anderen nacheiferte. Nachdem sie so lange für ihn gearbeitet hatte, war Lucy sicher, dass James immer nur seine eigenen Ziele verfolgt hatte und verfolgen würde.
»Und der persönliche Aspekt«, fügte Lucy hinzu. »Er kann ausgezeichnet mit Menschen umgehen.«
Zoe lachte. »Nun, irgendetwas musste ja auch von mir abfärben.«
Gut möglich, aber der Umgang mit unzähligen selbst ernannten Onkeln und Tanten sowie die ständigen Schulwechsel legten eher die Vermutung nahe, dass er dadurch geprägt worden war. Lucy fragte sich, ob ihn überhaupt je etwas tiefer berührt habe. Vielleicht hatte er es sich deshalb zur Gewohnheit gemacht, nur oberflächliche Beziehungen einzugehen. Heute hier, morgen dort und jedes Vergnügen genießen, das sich ihm bot.
»Sind Sie schon lange verwitwet?« erkundigte sie sich in der Hoffnung, mehr über James’ Verhältnis zu seinem Stiefvater zu erfahren.
»Länger als ich Ehefrau war«, erwiderte Zoe wehmütig. »Mir waren nur neun Jahre mit Hugh vergönnt. Er war ein leidenschaftlicher Segler und hat alljährlich zusammen mit einem Freund am Yachtrennen zwischen Sydney und Hobart teilgenommen. Vor zehn Jahren wurde er von einem furchtbaren Sturm über Bord gespült und ertrank, ehe er gerettet werden konnte. Welch schreckliche Vergeudung von einem Leben.«
»Er starb, wie er gelebt hatte – indem er das getan hat, was er wollte«, warf James ein, der soeben mit einer Käseplatte sowie Crackern und Oliven herauskam. »Und wenn er nicht so risikofreudig gewesen wäre, hättest du ihn gar nicht geheiratet.
Jedenfalls hat er sein Leben nicht damit vergeudet, stets auf Nummer sicher zu gehen.«
Er sah Lucy herausfordernd an. Ihre Entscheidung war jedoch längst gefallen: Auch sie wollte nicht mehr vorsichtig sein genauso wenig wie James. Sie riskierten ihre bisherige gute Zusammenarbeit, weil sie ein Verlangen erkunden mussten, das noch lange nicht gestillt war. Wohin würde es sie führen? Wo würde es enden? Sie wussten es beide nicht. Ein kurzes Feuer oder eine dauerhafte Leidenschaft?
»Das hast du mir bereits tausend Mal gesagt, Liebling, und trotzdem vermisse ich ihn, wenn ich nach Hause komme«, erklärte Zoe kummervoll.
James stellte das Tablett auf den Kaffeetisch und warf seiner Mutter einen prüfenden Blick zu. »Hast du dich von Wilbur getrennt?«
»Nein, nein. Wilbur ist ein herzensguter Mann, und er versteht mich. Wir haben viel gemeinsam, aber…«
»Es wird nie einen zweiten Hugh geben«, beendete er den Satz für sie.
Zoe seufzte. »Musst du immer so vernünftig sein, James?«
»Es ist mein Job. Entschuldigt mich, ich hole nur noch meinen Drink.«
»Also wirklich«, flüsterte Zoe Lucy zu. »So ist er schon als Junge gewesen. Immer hat er mich gezwungen, den Tatsachen ins Auge zu sehen, statt mich einfach treiben zu lassen. Ist er ein strenger Chef?«
»Ich finde ihn eigentlich recht umgänglich«, erwiderte Lucy ehrlich.
»Ah ja, Sie sind ebenfalls vernünftig. Offenbar eine verwandte Seele.«
Lucy lächelte. Vernunft kam in ihren gegenwärtigen Plänen keineswegs vor. Es war allerdings interessant, Zoe Hancocks Meinung über ihren Sohn zu hören. Wie es schien, brauchte sie ihn, um ihr Leben zu ordnen, doch umgekehrt bestand eine solche Abhängigkeit nicht. Keine sonderlich starke Mutterbindung. James hatte es zweifellos aus eigener Kraft geschafft, und Lucy bewunderte ihn dafür.
Er kehrte aus der Küche zurück und lenkte das Gespräch in andere Bahnen. »Demnach gibt es in Melbourne kein Problem außer den drohenden Windpocken?« fragte er seine Mutter.
»Du bist aus keinem anderen Grund nach Hause geflogen?«
»Ehrlich, Liebling, es ist alles in Ordnung«, beteuerte sie.
»Wilbur möchte nicht, dass ich meine Gesundheit riskiere. Nur eine Vorsichtsmaßnahme, sonst nichts.«
»Das freut mich.«
Er setzte sich Lucy gegenüber in einen Sessel, beugte sich vor und schnitt ein Stück Brie ab, das er auf einen Cracker legte, bevor
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