Lass dich lieben, Prinzessin
jungen Mannes verantwortlich. Erst neulich machte mein Verlobter so ein unglückliches Gesicht, als wir Streit hatten."
Shay grinste. "Er hat mein Mitgefühl."
"Und Sie haben meines", versicherte ihm Lucille.
Shay war verunsichert, dass seine Kollegin ihn so durchschaute.
Schon fragte sie weiter. "Wo haben Sie sie getroffen?"
Eigentlich wollte er darauf nicht antworten, aber dann redete er trotzdem. "Ich traf sie vor ein paar Tagen in einem Park im French Quarter. Sie saß ganz allein auf einer Bank und …“ Plötzlich hatte er die Szene wieder vor Augen.
"Und was?" wollte Lucille unbedingt wissen.
"Ich fragte, ob ich ihr helfen könnte."
"Aha, brauchte sie Hilfe?"
"Ja, allerdings, denn sie litt an Amnesie. Nicht mal ihren eigenen Namen wusste sie mehr."
"Reingefallen, Shay. Das ist einer der ältesten Tric ks, besonders beim Mardi Gras, wenn man ausgeht, um sich richtig zu amüsieren, und am nächsten Morgen nichts mehr davon wissen will." Lucille wollte sich ausschütten vor Lachen. "Übrigens benutzen auch leichte Mädchen den Trick. Hat sie Sie hinterher vielleicht auch beklaut?"
"Nein, mein Geld und meine Papiere hat sie nicht angerührt."
"Dann hatten Sie noch Glück."
"Aber das war auch keine ordinäre Person." Shay schüttelte heftig den Kopf.
Alles in ihm sträubte sich gegen diesen Verdacht.
"Sie hat es ja schlimm erwischt", bemerkte Lucille. "Und jetzt versuchen Sie sicher, sie zu finden, nicht wahr?"
Erst wollte Shay es nicht zugeben, aber Lucilles prüfendem Blick fühlte er sich ausgeliefert, und er sagte die Wahrheit. "Ich hatte bisher keinen Erfolg damit."
"Es dürfte auch hoffnungslos sein, denn in dieser Stadt kann man wunderbar untertauchen."
"Wenn Sie das so sagen, Partner..."
Lucille berührte mitfühlend seine Hand. "Nehmen Sie's nicht so schwer. Am Freitag werde ich Sie den jungen Schönheiten der High Society von New Orleans vorstellen. Ich wette, dass Sie die geheimnisvolle Frau dann ganz schnell vergessen."
Dagegen hätte Shay nichts einzuwenden gehabt. Im Moment widmete er sich nur mit halber Aufmerksamkeit seinen kriminalistischen Ermittlungen.
"Wir müssen uns kostümieren, Shay", hörte er Lucille sagen.
Er schüttelte entsetzt den Kopf. "Vergessen Sie's. Das mache ich nie im Leben."
"Aber es ist der Kostümball von New Orleans, und die Fortiers machen Kostüme traditionell zur Pflicht. Sie haben keine Wahl, Shay." Sie musterte ihn kühl. "Sie würden sich gut machen als Pirat." Während er immer noch den Kopf schüttelte, fuhr sie fort: "Am besten, Sie tragen eine schwarze Strumpfhose."
"Quatsch, so etwas haben Piraten niemals getragen!"
Lucille lachte wieder. "Überlassen Sie das Kostüm nur mir, ich habe viel Erfahrung. Sie werden umwerfend aussehen, und die Frauen werden sich um Sie reißen."
Shay wirkte nicht gerade überzeugt. "Übrigens, wenn das so ein High-Society-Ball ist, wie sind Sie an die Karten gekommen?"
"Ich werde jedes Jahr eingeladen, denn ich bin mit Juliette Fortier zur Schule gegangen. Meine Eltern wohnen ganz in der Nähe der Fortiers."
Er runzelte die Stirn. "Wenn das stimmt, Lucille, dann sollten Sie nicht an diesem Fall arbeiten. Sie wären nicht in der Lage ..."
"Mal langsam, Detective O'Malley", unterbrach sie ihn. "Ich bin in erster Linie Kriminalbeamtin und absolut unbestechlich. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass Sie auf der richtigen Fährte sind, aber falls die Spur doch zu unseren noblen Familien führt, brauchen Sie jemanden, der sich in diesen Kreisen auskennt."
"Gesetzt den Fall, Michael Fortier und Stephen St. James sind persönlich in die Schmuggelaffäre verwickelt. Was machen Sie dann?"
Lucille hielt Shays kritischem Blick stand. "Ich glaube, gerade dann würde Juliette Fortier ihre alte Freundin brauchen."
"Okay, ich gebe Ihnen eine Chance, Lucille."
Es klang ein wenig gönnerhaft, und sie verzog das Gesicht. "Vergessen Sie nicht, dass wir Partner sind, Shay. Wir haben nur gemeinsam eine Chance." Sie sprang auf und ging zur Tür. Bevor sie das Büro verließ, wandte sie sich jedoch noch einmal zu ihm um. "Ich bringe Ihnen Ihr Kostüm am Freitagmorgen vorbei. Bis dahin bitte nicht rasieren, das sieht eindrucksvoller aus."
4. KAPITEL
Auf dem Weg zum Haupteingang des Herrenhauses blieb Shay beeindruckt stehen. ‚La Belle Riviere des Fleurs', was ihm Lucille mit ,Der schöne Fluss der Blumen' übersetzt hatte, verdiente diesen Namen tatsächlich. Prächtige bunte Blumenbeete schmückten den Weg und zogen
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