Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
du die Leute nicht beurteilen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich gelernt hatte zu akzeptieren, daß diese Männer nun einmal so strukturiert sind und trotzdem anständige, vernünftige Leute sein können.
Viele tun sich mit ihrem Freierdasein trotzdem recht schwer. Ein typischer verheirateter Nachmittagsfreier aus einer ländlichen Region muß, um zu einer Prostituierten gehen zu können, zunächst einmal über längere Zeit kleine Beträge ansparen, ohne daß seine Ehefrau etwas bemerkt.
Kommt er in die Nähe des erforderlichen Betrags, wählt er die Nummer eines Clubs oder Studios, legt aber sofort auf, wenn auf der Gegenseite der Hörer abgenommen wird. Erst wenn dieses Spiel langsam seinen Reiz verliert, wird er anfangen, so lange tatsächlich Telefongespräche mit Prostituierten zu führen, bis ihm auch das ohne starkes Herzklopfen möglich ist. Der nächste Reiz besteht darin, an den diversen Lokalitäten langsam vorbeizufahren und sogar -
falls vorhanden - kurz den Parkplatz anzusteuern.
Irgendwann einmal - der erforderliche Betrag ist, wie er von früheren Besuchen her weiß, fast zusammen - wird er mit stark klopfendem Herzen die Schelle eines Etablissements drücken, eine Cola bestellen und fast fluchtartig das Haus verlassen, ehe er diese ganz ausgetrunken hat. Jetzt allerdings wird es nic ht mehr lange dauern, bis er bei einem solchen, völlig unverbindlichen Besuch zufällig ein Mädchen entdeckt, und bevor er sie endlich bittet, ihn zu lieben, wird er nicht versäumt haben, sich zu erkundigen, was sie für sein mühsam erspartes Geld zu bieten bereit ist.
Klischee Nr. 13:
Freier gehen unbefangen, selbstsicher und
zielgerichtet vor, wenn sie Prostituierte besuchen.
Mit den konstatierten Defiziten gehen Männer durchaus unterschiedlich um. Der eine verharrt jahrelang in keuscher Treue, in der Hoffnung auf sinnlichere Zeiten innerhalb der Beziehung. Der nächste lebt seine Bedürfnisse im Internet, in Phantasien, in Swingerclubs aus. Andere nutzen Gelegenheiten für private One-Night-Stands oder suchen sich eine Geliebte. Im kommerzialisierten Reich der Sinne ist die Prostitution nur eine von immer zahlreicheren möglichen Antworten auf ein Gefühl sexueller Frustration. Wenn die Frage lautet, warum Männer Frauen für Sex bezahlen, muß auch gefragt werden, warum sich von zwei sexuell frustrierten Männern einer für und der andere gegen das direkte Tauschgeschäft entschließt.
Die Männer wissen genau, was sie wollen: Laura
Als ich noch Swingerclubs besuchte, verstand ich oft nicht, warum Männer 200 Mark für einen Clubbesuch ausgeben, bei dem sie nicht sic her sein konnten, daß sexuell etwas läuft, wenn sie eine Dienstleistung im Bordell für einen Bruchteil dessen hätten erwerben können. Besonders an Abenden, an denen ein sichtbarer Herrenüberschuß herrschte und die Typen in ihren Unterhosen frustriert durch die Gänge schlichen, war mir diese Prioritätensetzung ein echtes Rätsel.
Da man im Club relativ offen über Sexualität sprechen kann, machte ich es mir zur Gewohnheit, die Jungs, mit denen ich ins Gespräch kam, zu fragen, warum sie es vorzogen, sexuell auf sich gestellt zu bleiben, wo ihnen doch jederzeit die Möglichkeit offenstand, in einem Bordell ohne lange Vorrede zur Tat zu schreiten. Die Antworten waren immer die gleichen: Im Club, so die Männer, sei die Atmosphäre angenehmer, persönlicher, und man stünde nicht unter Zeitdruck. Wenn sich etwas ergibt, dann würde das gefühlvoller ablaufen als in einem Bordell. Wenn nicht, dann hätte man immer noch die Möglichkeit, bis in die Nacht hinein das kalte Büffet, die Sauna und den Whirlpool zu nutzen und zwischendurch immer wieder seine Runden zu drehen und in den erotischen Räumlichkeiten die Lage zu peilen.
Manche Männer bezeichneten sich freiheraus als Voyeure.
Andere sagten, sie lebten allein, und ihre Sexualität bestehe ohnehin zu 99% aus Selbstbefriedigung. Einer gab zu, sich so an die Umklammerung seiner rechten Hand gewöhnt zu haben, daß er zu einer Penetration überhaupt nicht mehr imstande war. In den Clubs kann man wirklich eine Menge über männliche Sexualität lernen. Und darüber, daß Männer nicht - wie es das Klischee will - einfach wahllos irgendwelchen Penetrationen hinterherhecheln, egal, in welchem Setting und zu welchen Bedingungen, sondern daß sie präzise Kosten-Nutzen-Erwägungen anstellen, ehe sie sich für ein spezialisiertes Angebot entscheiden.
Der
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