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Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Titel: Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Domentat
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Kunden. Wer sexuelles Vergnügen simuliert, beherrscht die Kunst der Distanzierung ohnehin. Wer eigene Lustanteile in der Dienstleistung auslebt, braucht sich ganz offensichtlich nicht zu distanzieren. Beide Strategien zeigen, daß die Sexarbeiterin keine passive Leidensfigur ist, deren fragiles Ich durch unpersönlichen Sex zerstört wird. Außerdem scheint gerade das Element der Vergütung nicht nur die emotionale Bindung des Kunden an die Frau auf ein Minimum zu reduzieren, sondern auch umgekehrt die der Dienstleisterin. Das Resultat ist mehr Distanz, mehr Gelassenheit.
     
    Geld macht stark: Laura
     
    Es ist ja gerade das Geld, das die Distanz schafft. Wenn ich einen schwierigen Kunden habe und weiß, meine Geduld zahlt sich aus, bin ich zufriedener, als wenn derselbe Mann mein Privatpartner wäre und ich gezwungen wäre, seine anstrengenden Seiten aus Gründen der Liebe oder der Zusammengehörigkeit zu ertragen. Ich habe diese Art der Distanz eher als bereichernd und gesund empfunden und kann Privatpartnerinnen nur ans Herz legen, sich ihre Partner manchmal als Kunden vorzustellen, wenn sie sich über irgendein schwieriges Verhalten ärgern.
     
    Eine anderer Umstand, den die Theoretiker der verkauften Körper vielleicht sogar bewußt außer acht lassen, ist die Tatsache, daß sich auch kommerzieller Sex häufig durch mehr auszeichnet als den Austausch von Körperflüssigkeiten. Fixiert auf die körperliche Ebene, ignorieren die Kritiker der sexuellen Ökonomie z. B. die Frage, ob sich das Tauschgeschäft überwiegend über eine festumrissene sexuelle Dienstleistung oder die verbrachte Zeit definiert. Dabei rechnen insbesondere hochpreisige Anbieter fast ausschließlich über die Zeit ab - nicht etwa um den Dienstleistungscharakter ihrer Angebote zu verbrämen oder um sich gegen Armutsprostituierte abzugrenzen, sondern weil sich hochpreisige Angebote häufig durch Elemente auszeichnen, die die Ebene der körperlichen Sexualität überschreiten: soziale und psychologische Kompetenzen, Bildung, Fremdsprachenkenntnisse, spezialisiertes medizinisches Wissen etc.
    Ein dominantes Rollenspiel, ein erotischer Abend mit Candlelight Dinner, inspirierender Konversation plus anschließendem Sex, eine ausgedehnte Hawanan-Healing-Massage, eine Reisebegleitung werden naturgemäß nicht als klar definierte Tätigkeitselemente einer körperorientierten Dienstleistung verkauft und abgerechnet, sondern sozusagen als ganzheitliche Erfahrung.
    Mit dem abrechnungstechnischen Modus operandi ändert sich nicht der Dienstleistungscharakter, wohl aber die Fragestellung. Wenn nicht ausschließlich körperliche Tätigkeitselemente Bestandteil des Tauschgeschäftes sind, kann es konsequenterweise nicht primär darum gehen, ob die vermarktete körperliche Intimität die Würde der Dienstleisterin in Frage stellt. Wie bei anderen Tätigkeiten müßte gefragt werden, ob und in welcher Weise der Verkauf der Arbeitskraft im Rahmen einer Marktgesellschaft die Menschen psychisch deformiert oder moralisch korrumpiert. Anstatt die Prostitution für abstrakte und doppelmoralische Würdebegriffe zu instrumentalisieren (was ist eigentlich mit der Würde des Kunden? Wird sie durch das Tauschgeschäft nicht berührt?), könnten die pessimistischen Theoretiker auch einen Blick in die Niederungen des prostitutiven Alltags werfen, wie er sich eo ipso darstellt, und untersuchen, welche Elemente des Kundenkontrakts und welche Abrechnungsmodi die Autonomie der Dienstleisterin tendenziell stärken und welche nicht.
     
    Im Prinzip mietet er meine Zeit: Lady Verona
     
    Ich habe mich ganz bewußt für eine Preispolitik entschieden, bei der die verbrachte Zeit abgerechnet wird. Es gäbe natürlich auch die Möglichkeit einen Grundpreises, und alles andere käme als Extra dazu. Aber bei einer solchen Variante kommt es manchmal zu Situationen, in denen einer bereits gefesselt am Boden liegt - der hat vielleicht schon seinen Obulus entrichtet - und ihm plötzlich einfällt, er hätte jetzt gern noch, daß ihm ein paar Klammern an die Genitalien gesetzt werden. Und dann heißt es: »Das kostet 50 Mark extra.« So kommt ganz leicht eine Abzockatmosphäre auf.
    Der Kunde ist im Prinzip in einem Stadium, in dem er nicht mehr ganz zurechnungsfähig ist, aber noch diese Entscheidung treffen soll und vielleicht hinterher sagt:
    »Soviel hab ich ja gar nicht mehr dabei.«
    Mein Honorar richtet sich nach der Dauer des Rollenspiels.
    Wie lange das Vorgespräch dauert,

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