Lass es bloss nicht Liebe sein
hier, um sich einen Queen-Anne-Stuhl anzusehen. Ich vermute mal eher, dass sie kommt, um mich zu sehen. Mmh, was meinst du?«
» Klar kommt die Kleine wegen dir, Seb. Bei deinem animalischen Charme wundert es mich sowieso, dass du die Bude nicht ständig gerammelt voll hast mit heißen Fegern, die was von dir wollen.«
Er lachte. » Tja, das ist mir selbst auch ein Rätsel. Und, hast du Robbie inzwischen gefunden? Ist der Ausreißer wieder da?«
» Äh… was?«
Unvermittelt fiel es ihr wieder ein. Kurz nachdem Robbie verschwunden war, hatte sie bei Sebastian angerufen. Er und Robbie waren nämlich alte Schulfreunde, Kinder reicher Eltern, die eine teure Privatschule besucht hatten. Beide fuhren dicke BMWs, machten dauernd Party und jede Menge Scheiß. Später hatte Sebastian ständig wechselnde Freundinnen, aus Robbie und Lily war dagegen etwas Festes geworden.
» Igitt, hier mieft es vielleicht.« Lily rümpfte die Nase und setzte sich auf einen brokatbezogenen Gebetsschemel. » Wie kannst du bloß diese stinkigen Dinger qualmen!?«
» Diese Dinger, wie du sie nennst, verleihen meinem Showroom eine Aura von Luxus, das ist genau das, was der Kunde will. Aber was soll’s?«, schob er nach, er schwang die Füße zu Boden und trommelte mit den flachen Händen auf die Schreibtischplatte, » es ist Mittag. Komm, ich lad dich ein.«
» Ich hab keinen Hunger.«
» Aber ich, los, komm.«
Er drückte behutsam seine angerauchte Zigarre aus und steckte sie in seine Hemdtasche, dann schlenderten sie die Straße hoch zum Pub. Bei einem gegrillten Filetsteak mit Champignons und einem Glas Shiraz erzählte Lily Sebastian, was im Einzelnen passiert war. Als sie Williams ersten Besuch beschrieb, runzelte Seb die Stirn und legte seine Gabel beiseite. Nachdem er sie eine lange Weile schweigend fixiert hatte, knurrte er: » William Isyanov, schwarze Haare, englischer Akzent, unangenehme Aura? Der Isyanov?«
» Sebastian, ich finde ihn total nett und kein bisschen unangenehm… Zu mir ist er jedenfalls sehr nett.«
» Das ist auch keine Kunst, Lily-Darling, bei deinem Traumbody!«
» Ach nee, und deshalb ist er nett zu mir?« Sie schüttelte entrüstet den Kopf. » Du hast sie doch nicht mehr alle, Seb! Außerdem denken nicht alle Männer mit dem kleinen Kopf!«
Er blickte sie über den Rand seines Weinglases hinweg an und musterte sie nachdenklich. » Ich geb dir Brief und Siegel darauf, du naives kleines Frauenzimmer: Wenn William Isyanov bei euch herumschnüffelt, kannst du sicher sein, dass Robbie sich in irgendeine Scheiße geritten hat.«
» Ich weiß genau, dass er in Schwierigkeiten steckt, aber William will nicht, dass ich die Polizei informiere. Ich werd noch bekloppt vor Sorge um Robbie. Zumal es dieser Scheißkerl anscheinend nicht für nötig hält, sich wenigstens mal kurz bei uns zu melden. Weder bei mir noch bei seinen Eltern oder bei dir.«
» Mmh.« Er schob sich einen Bissen Steak in den Mund und kaute gedankenvoll. » Mal ganz unter uns. Ich an deiner Stelle würde die Polizei auch nicht anrufen.«
» Also, was weißt du über Isyanov?«, fragte sie. Sie versuchte, beiläufig zu klingen.
Sebastian trank einen Schluck Wein und überlegte. » Arbeitet für Weston’s in London, und die Jungs sind knallharte Profis. Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche. Wenn der eine heiße Spur wittert, dann kannst du Gift drauf nehmen, dass es sich um was Wertvolles handelt; die arbeiten nicht für Peanuts. Isyanov ist berühmt-berüchtigt dafür, dass er die ausgebufftesten Typen in dem Business anheuert, um irgendwas zurückzukriegen, das irgendwem rechtmäßig oder unrechtmäßig gehört und der Weston’s mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt hat.«
» Aber er selbst lässt keine Köpfe rollen, oder?«
Sebastian zuckte mit den Schultern und rückte abermals seinem Steak zu Leibe. Lily beobachtete, wie der rosa Bratensaft aus dem Fleisch austrat.
» Kommt drauf an, ist wohl eher die Ausnahme. Er hält sich lieber zurück und lässt andere die Drecksarbeit machen.«
» Wieso bist du eigentlich so gut informiert?«
» Weil ich eine Zeit lang für Sotheby’s in London gearbeitet hab«, antwortete er. » Glaub mir, Schätzchen, wo Geld ist, da ist Krieg, die Guten gegen die Bösen. Die Kleinen strampeln sich ab, weil sie auch ihre Scheibe vom Kuchen abhaben wollen. Und die Isyanovs dieser Welt kämpfen mit allen Mitteln dafür, dass der Reichtum in den Händen der Reichen bleibt.«
» Was soll ich
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