Lass es bloss nicht Liebe sein
deiner Ansicht nach tun?«
» Abwarten und Tee trinken. Keine Sorge, Robbie taucht schon wieder auf.«
Lily kaute lustlos auf einem Bissen Steak herum. Ihr war der Appetit gründlich vergangen. » Meinst du wirklich, er ist okay?«
Sebastian schob seinen Teller von sich und seufzte. » Robbie hat sich echt was vorgenommen, wenn er sich mit diesen Typen anlegen will. Keine Ahnung, ob er es schafft. Unser Robert hat Mumm, das muss man ihm lassen. Bleibt bloß zu hoffen, dass diese Geschichte nicht ’ne Nummer zu groß für ihn ist.« Er machte eine Kunstpause und starrte an ihr vorbei auf die Wand. » Das gibt mir schon ein bisschen zu denken.«
Lily spielte nervös mit ihrer Serviette. » Und wenn er das gesuchte Buch gar nicht hat?«
Er zog die Schultern hoch und ließ sie wieder sinken. » Keine Ahnung, Lil.«
Sie verließen den Pub. Draußen zündete Sebastian sich den Zigarrenstummel an, dann liefen sie über den Gehweg zurück. Vor seinem Antiquitätengeschäft drehte er sich ihr zu und sagte: » Sei mal ehrlich. Machst du dir wirklich ernsthaft Sorgen um Robert?«
Sie sah weg und beobachtete stattdessen den Verkehr auf der Queen Street.
» Wenn ich dir meine ehrliche Meinung sagen darf… er verdient dich nicht, nicht nach allem, was passiert ist«, bekannte er dumpf.
» Wenn er in Gefahr schwebt, muss ich versuchen, ihm irgendwie zu helfen.«
» Irrtum. Du bist ihm zu nichts verpflichtet. Zieh einen Schlussstrich unter die leidige Geschichte, und leb dein Leben. Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne E…«
» Ein Ende mit Schrecken?! Himmel, Seb, mal den Teufel nicht an die Wand! Er ist immerhin dein bester Freund. Ich weiß, wie er ist; wir kennen uns schließlich schon länger. Aber…«
Sebastian schlang seine Arme um sie und drückte sie freundschaftlich an sich. » Halt mich auf dem Laufenden, Kleines, und pass auf diesen Isyanov auf– der Typ ist absolut skrupellos. Der geht über Leichen.«
Als sie in ihrem Citroën saß, war Lily ziemlich durcheinander. Weston’s hatte ihr auf ihre E-Mail vom letzten Freitag geantwortet, Williams Identität bestätigt und erklärt, dass alles seine Richtigkeit habe und er auf Vertragsbasis in Australien arbeite. Was Sebastian über ihn erzählt hatte, brachte sie jedoch ins Grübeln.
Sie hatte William zu sich eingeladen und war allein mit ihm gewesen. Dass er keine Skrupel kannte, war völliger Quatsch. Im Gegenteil, sie hatte ihn als reserviert-zurückhaltenden Menschen kennen gelernt. Höflich-zuvorkommend und– logischerweise– auf seine Ermittlungen fokussiert, dabei aber kein bisschen Druck ausübend. Männer sahen so was vermutlich anders, vermutete sie.
Lily wurde mitten in der Nacht wach. Ihre Nachbarn kamen nach Hause und waren nicht eben leise. Das prustende Lachen erinnerte sie an Robbie und den Spaß, den sie früher miteinander hatten. Sie setzte sich auf und zog die Bettdecke bis zum Kinn hoch. Wo zum Teufel steckte er? Wäre sie von der Bildfläche verschwunden, hätte Robbie bestimmt alle Hebel in Bewegung gesetzt, um sie zu finden. Und was tat sie? Sie hielt sich an die Anweisungen eines Typen, den sie kaum kannte, und unterließ es, die Polizei zu informieren. Nicht dass die irgendwas unternommen hätte. Dort hätte man Robbies Personalien höchstens auf eine Vermisstenliste gesetzt, damit wäre die Sache erst mal erledigt gewesen.
Sie legte sich wieder hin, drehte sich um und starrte auf die unbenutzte Betthälfte. Laut Weston’s war William ein hoch qualifizierter Mitarbeiter– und dieser hoch qualifizierte Mitarbeiter versuchte hartnäckig, Robbie ausfindig zu machen. Davon ging sie jedenfalls fest aus. Sebastian hatte ihr ebenfalls geraten, die Polizei nicht zu informieren. Mist, Mist, Mist. Wie würde es für Robbies Eltern klingen, mal angenommen, die Leiche ihres Sohnes würde in den nächsten Tagen verschnürt wie ein Paket in der Rose Bay herumschwimmen, mit einem Zettel am Hemd: » Sie haben zu lange gewartet«?
Sie klappte ihr Handy auf, schaute auf die Uhr– gleich drei Uhr morgens– und legte es wieder weg. Dann angelte sie erneut danach und wählte.
» Ja, hallo?«, blaffte er ins Telefon, und Lily fiel fast in Ohnmacht. Ihr Nervenkostüm war auch nicht mehr das beste.
» Ich bin’s, Lily«, stammelte sie.
» Wo sind Sie?« Seine Stimme klang verschlafen.
» Zu Hause. Er ist noch nicht wieder aufgetaucht. Ich rufe jetzt die Polizei an. Vielleicht ist er schwer verletzt und kann sich nicht
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