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Lass es bloss nicht Liebe sein

Lass es bloss nicht Liebe sein

Titel: Lass es bloss nicht Liebe sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillipa Fioretti
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aufsteigenden Dampf hindurch. » Ich arbeite für die Kunstindustrie, Lily, da muss ich mich anpassen. Sie scheinen das, was ich mache, ja sehr belustigend zu finden.«
    » Verzeihen Sie. Es liegt mir fern, mich über Sie lustig zu machen.«
    » Ich denke, hier in Australien haben Sie weniger Sammler und kostbare Sammlungen, folglich finden Sie meinen Job gewöhnungsbedürftig. Glauben Sie mir, in Europa und den USA sind Kunstdetektive gang und gäbe.«
    » Schätze, Sie haben Recht«, meinte sie schulterzuckend. » Milliardäre sind hier dünn gesät, und die paar, die es gibt, kaufen lieber Polopferde oder Casinos. Wir sind eben eine wilde, unzivilisierte Bande.«
    Sie kämpfte mit einem Klößchen; es war zu heiß, um es ganz in den Mund zu stecken, und als sie versuchte, es mit einem Essstäbchen zu zerteilen, fiel es auseinander und versank in der Schale.
    » Trinken Sie zuerst die Brühe.«
    » Machen kultivierte Engländer das so?«
    Er grinste sie an. » Nein, aber die Chinesen.«
    Eine größere Gruppe junger Leute betrat lachend und schwatzend das Lokal. Sie schoben mehrere Tische zusammen.
    » Ich möchte Sie etwas fragen, Lily.«
    Eine weitere Inquisitions-Runde, seufzte sie insgeheim. Er ist immer im Dienst, schreib dir das hinter die Ohren, Lil. Sie versuchte, ihre Enttäuschung zu überspielen, indem sie ihr letztes Klößchen aufspießte.
    » Sie können mich alles fragen, aber erst mal hab ich eine Frage an Sie. Eine persönliche Frage.«
    Er legte die Chopsticks beiseite, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte sie mit schief gelegtem Kopf.
    » Wie sind Sie eigentlich in dieses Business geraten?«
    Seine Stirn in nachdenkliche Falten gelegt, antwortete er: » Auf Umwegen. Es begann damit, dass ich an der Uni Kunstgeschichte studierte.«
    » In London?«
    Er nickte, streifte mit seinem Blick die anderen Tische. » Nachdem ich meinen Doktor gemacht hatte, bekam ich einen Fünfjahresvertrag als Dozent.«
    » Wow«, meinte sie anerkennend.
    » Wow, fand ich damals auch. Die Sache hatte bloß einen entscheidenden Haken. Kurz darauf wurde die Kunstakademie vollkommen umstrukturiert, in eine Art Superfakultät– mit Kunstgeschichte, Geschichte, Literatur und Architektur. Die Dozenten waren ab da übergreifend tätig. Wir waren reine Wissensvermittler, mussten Seminar-Module konzipieren, die später ins Internet eingestellt wurden. Nachdem sich immer mehr zahlende ausländische Studenten bei uns eingeschrieben hatten, sank das Niveau zunehmend. Die Hochschule brauchte diese Gelder, verstehen Sie, und konnte es sich nicht leisten, jemanden abblitzen zu lassen. Das ging so weit, dass wir den Studenten die Lösungen praktisch vorgaben, und trotzdem rasselten sie durchs Examen. Ich war jedoch dazu angehalten, jeden bestehen zu lassen. Nach einiger Zeit war ich restlos bedient. Ich konnte mir selbst nicht mehr in die Augen sehen. Ich kündigte, bevor mein Vertrag auslief, und fing bei Weston’s an, im Bereich Objektmanagement und -akquisition. Der Job gefiel mir auf Anhieb. Ich bekam Gelegenheit, sämtliche Aspekte der Kunstwelt kennen zu lernen, das Geschäft mit der Kunst, die Kriminalität und das Finanzielle. Da war so viel Geld, so viel Gier, so viel Besitzneid im Spiel– ein gutes Gegenmittel zu dem Idealismus, den ich mir bis dahin bewahrt hatte. Ab da hieß es, immer schön die Augen offen halten und auch schon mal rigoros durchgreifen, wenn nötig mit Gewalt. Mir gefiel das. Sehr sogar. Ich gebe zu, ich hatte auch jede Menge Ärger und Stress. Und das hier ist mein letzter Job.«
    » Echt? Wieso?«
    » Ich möchte nicht mehr so leben wie bisher«, erwiderte er schulterzuckend. » Ich möchte aussteigen, bevor es zu spät ist. Bevor mich dieser Job kaputtmacht.«
    Lily blieb für eine kurze Weile stumm. Er schaute sie an.
    » Schockiert?«
    Sie schüttelte den Kopf und fragte: » Und was wollten Sie mich fragen?«
    Die Leute an den Nebentischen brachen in schallendes Gelächter aus und übertönten damit sämtliche Gespräche in dem kleinen Café. Lily spähte zu ihnen, neidisch auf ihre gute Laune.
    » Was ist mit Ihren Eltern passiert?«
    » Das wollten Sie mich doch bestimmt nicht fragen, oder?«
    Er grinste. » Nein, nicht wirklich, aber erzählen Sie es mir trotzdem, okay?«
    Ihr Blick schwenkte von seinem glatt rasierten Hals zurück auf ihre Suppenschale.
    » Dad erlag einem Herzinfarkt, da war ich zwei Monate alt. Er fiel um und war auf der Stelle tot. Meine Mutter starb ein paar

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