Lass es bloss nicht Liebe sein
Freundin hatte mit ihm Schluss gemacht. Ich hatte kurz vorher mitbekommen, dass Robbie mal wieder schamlos flirtete, na ja, und so führte eins zum anderen.«
Sie sah die Verblüffung, die sich in seiner dunklen Iris malte, und schwang die Beine zu Boden, setzte sich aufrecht hin. » Sag doch was.«
» Was soll ich denn sagen?«
» Du darfst mich nicht vorschnell verurteilen, William. Robbie und ich sind über die Jahre nicht zimperlich miteinander umgegangen, es hat öfter mal gekriselt und gekracht, trotzdem raufen wir uns immer wieder zusammen.«
» Ich vermute mal, du hast mit seinem besten Freund geschlafen.«
» Nein! Natürlich nicht. Wir hatten keinen Sex«, entrüstete sie sich. » Wir haben uns bloß sehr leidenschaftlich… geküsst– oder besser gesagt umarmt. Weiter wäre ich niemals gegangen und Sebastian auch nicht. Es war eben eine blöde, deprimierende Situation. Wir hatten halt beide schwer Liebeskummer. Da schneit Robbie plötzlich herein und überrascht uns. Das war ein Mordsschock für alle Beteiligten.«
William schüttelte den Kopf. » Ich hab mit eigenen Augen gesehen, wie Sebastian dich angemacht hat.«
» Nein, red keinen Scheiß«, versetzte sie. » Auf Seb lass ich nichts kommen. Er ist Robbies weltallerbester Freund, deswegen kümmert er sich ein bisschen um mich.«
» Du hast eine blühende Fantasie, Lily. Mach die Augen auf«, schnappte er. » Demnach hatte Sebastian schon lange vor meinem Auftauchen ein Problem.«
Er trommelte mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. » Was hat das mit dieser Sache zu tun?«
» Robbie war wahnsinnig wütend. Stocksauer…«
» Ja, kein Wunder, wenn man den besten Freund mit seiner langjährigen Partnerin rummachen sieht.«
Lilys Augen wurden schmal. Sie sprang auf, dabei rutschte der Kunstbildband mit einem dumpfen Klatschen zu Boden.
» Der arme kleine Robbie. Das denkst du doch jetzt, stimmt’s? Der arme gehörnte Robbie. Nachdem er sie an den Haaren aus dem Dreck gezogen und ihr das Leben gerettet hat, ihr tolle Klamotten kauft und alles vögelt, was einen Rock anhat und bei drei nicht auf den Bäumen ist. Ja, der arme kleine Robbie. Schlag dich ruhig auf seine Seite. Er braucht jede Menge Rückhalt, wenn ich ihn finde.«
Sie funkelte ihn an.
» Ich war ihm nie untreu, bis auf das eine Mal mit dir, und das war ein verzeihlicher Ausrutscher«, fauchte sie. » Weißt du, wie man sich fühlt, wenn man nicht einmal, sondern andauernd betrogen wird? Von jemandem, den alle für einen Heiligen halten, weil er mir das Leben gerettet hat?«
William öffnete den Mund, um zu antworten, doch sie war noch nicht fertig. » Ich hab Seb geküsst, na und? Er hatte ein bisschen Zuneigung, Verständnis und Wärme bitter nötig, und die bekam er von mir. Ich finde nichts dabei, Liebe zu geben. Er ist ein herzensguter Mensch und hochanständig, in einer Beziehung ist er treu wie Gold. Anders als Robbie, der nicht treu sein kann. Robbie glaubt, er muss auf Teufel komm raus fremdgehen, sonst ist er kein richtiger Mann. Aber da macht er sich mächtig was vor.«
In ihren Augenwinkeln schimmerten Tränen, und sie blinzelte verlegen.
» Als er uns zusammen sah, war das ein schwerer Schock für ihn. Zumal er überzeugt war, er hätte mich für sich gepachtet und dass ich ihm ewig dankbar sein müsste. Tja, da musste er auf die harte Tour erkennen, dass er mit seiner machohaften Einstellung grundfalsch lag.«
Sie sank zurück auf die Couch, nahm sich ein Kissen und vergrub ihr Gesicht darin. Der Regen trommelte gegen die Scheiben, der Geruch von nassem Asphalt und abgestandenem Essen wehte durch die angelehnten Küchenfenster. Gegenüber renovierten Handwerker ein Apartment, ein Radio plärrte.
» Bist du mir noch böse?«, fragte er leise.
Lily drückte ihr Gesicht tiefer in das Kissen und antwortete nicht.
» Weshalb bist du überhaupt noch mit Robbie zusammen?«
» Schwierige Frage. Weshalb klammert man sich an eine zerrüttete Beziehung? Ich bleibe bei ihm, weil ich feige bin. Ich bleibe, weil er so was wie eine Lebensversicherung für mich ist. Ohne ihn rutsche ich womöglich wieder ab.«
Sie warf ihr Haar zurück, kuschelte ihre Wange an den bedruckten Leinenstoff des Kissens. » Er hat mir das Leben gerettet, und das mehr als einmal. Das hätten die wenigsten Männer getan.« Sie wünschte, William würde kommen, sich zu ihr setzen und sie in seine muskulösen Arme schließen. Er blickte an ihr vorbei auf die Wand.
» Du kapierst das
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