Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lass es bloss nicht Liebe sein

Lass es bloss nicht Liebe sein

Titel: Lass es bloss nicht Liebe sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillipa Fioretti
Vom Netzwerk:
Parkbänken herumgeknutscht.
    Lily schloss die Blenden. Sie kramte in ihrer Tasche, zerrte schmutzige und verschwitzte Sachen heraus. Unwesentlich sauberer als der Rest würde das rote Kleid morgen erneut zum Einsatz kommen. Robbie hatte es ihr auf einem der Pariser Flohmärkte gekauft, wahrscheinlich aus schlechtem Gewissen. Sie schüttelte es aus, breitete es über einen Stuhl und ging zu Bett.
    Robbie kannte ihren Geschmack, er wusste genau, auf welche Klamotten sie abfuhr und was absolut nicht ging. Er wusste, welche Lügen er ihr auftischen musste und dass sie nicht viel nachfragte, letztlich aus Angst vor dem, was sie dann zu hören bekäme.
    Außerdem waren da diese Frauen, die bloß seinetwegen in den Laden kamen, Robbies Tränen und Beteuerungen und dann die eine, die mit den Fäusten auf Lily losgegangen war. Das Getuschel ihrer Freunde und Bekannten und, genauso frustrierend wie seine amourösen Abenteuer, das Mitleid der Leute. Mitleid konnte sie auf den Tod nicht leiden.
    Die Erinnerungen an ihre gemeinsamen Jahre strömten an die Oberfläche ihres Bewusstseins. Der Stress, den der Tod ihrer Mutter mit sich gebracht hatte, hatte sie und Robbie zermürbt. Sein erster Seitensprung. Das Begräbnis. Die Räumungsaktion im Haus ihrer Mutter, wo sie die versteckten Morphiumvorräte gefunden hatte. Lily hatte unter rasenden Kopfschmerzen gelitten, sie konnte nicht mehr essen, nicht mehr schlafen. Robbie hatte sich aufopfernd um sie gekümmert, als sie halluzinierend durch das Haus gegeistert war. Er hatte sämtliche Ärzte im Umkreis dazu angehalten, ihr bloß keinen Stoff mehr zu verschreiben.
    Sie schwang sich aus dem Bett und öffnete abermals die Läden– der vergebliche Versuch, ein bisschen frische Luft hereinzulassen. Das Mondlicht warf lange Schatten in den Raum. Sie schüttelte die Kissen auf und legte sich wieder hin, starrte brütend an die Decke. Wälzte sich auf den verschwitzten Laken– die Erinnerungen an den Nachmittag ließen sie nicht zur Ruhe kommen.
    Sie hatte sich gleich bei ihrer ersten Begegnung draußen auf der Straße vor der Buchhandlung in William verguckt. Wie interpretierte er die Lügen und Unwahrheiten, die sie und Robbie einander aufgetischt hatten? Konnte William nachvollziehen, was sie zusammenhielt? Und wie sie ihre Liebe, ohne es zu wollen, in einen irreparablen Scherbenhaufen verwandelt hatten?
    William betrachtete die Menschen, die im milden Schein der Straßenlaternen draußen auf der Straße flanierten. Er hatte alles falsch gemacht. Er liebte sie und hätte sie auf Händen tragen müssen, jeden Tag des vergangenen Monats. Seine Strategie, sich zurückzunehmen und keinerlei Druck auf sie auszuüben, damit sie sich unbehelligt von äußeren Einflüssen entscheiden konnte, ging nicht auf. Er liebte sie und hätte seinen Nebenbuhler am liebsten totgeschwiegen. Stattdessen fing sie dauernd von Robbie an, je näher die Konfrontation heranrückte.
    Er blickte auf den Tropf, dessen Ende in seinem Handrücken steckte. Er zog daran, bis sich die Kanüle löste und der dünne Schlauch zu Boden fiel, wo er langsam weitertropfte. Blut spritzte aus seinem Handrücken, und er presste eine gute Minute lang mit den Fingern der anderen Hand ein Papiertaschentuch darauf. Dann schwang er sich zittrig auf den Bettrand, wartete, dass das Schwindelgefühl verebbte.
    Es kam gar nicht in Frage, dass er in einem Krankenhausbett lag und untätig zusah, wie sie ihm entglitt. Sie hatte mit Sicherheit daran zu knabbern, dass sie Robbie am folgenden Tag würde wiedersehen. Er, William, sollte bei ihr sein, sie tröstlich in seine Arme schließen.
    Sie hatte seine Reisetasche mitgebracht, und er tastete sich vorsichtig zum Schrank, nahm sie heraus und stellte sie auf den Boden. Wenn er sich im Sitzen anzog, konnte er wenigstens nicht umfallen.
    Die Schuhe anzuziehen war ein verdammt anstrengender Job. Als er damit fertig war, zog er sich an einem der Stühle hoch, schaute sich nach seinem Handy und der Hotelkarte um, die sie ihm dagelassen hatte. Er brauchte ein Taxi. Wollte heimlich die Klinik verlassen und zu ihr fahren. Er glitt durch die leeren Gänge, dabei stützte er sich an den Flurwänden ab. Wo waren die Schwesternstation und die Rezeption? Er passierte Zimmerfluchten, Wägelchen mit weißen Laken und Rollstühle, die zusammengeschoben in einem Alkoven standen. Sein Kopf fuhr Karussell; wenn er sich nicht bald hinsetzte, würde er sich übergeben müssen. Schade um das schöne Dinner, mit

Weitere Kostenlose Bücher