Lass es bloss nicht Liebe sein
Robbie. » Hmm? Hast du dich gut mit ihm amüsiert, na, was?« Er blickte abwechselnd von einem zum anderen. » Du hast, stimmt’s? Erst Sebastian und jetzt er.«
» Sebastian hat damit nichts zu tun.«
» Ach nein? Ich erwische meinen besten Freund dabei, wie er dich vernascht, und das hat damit nichts zu tun? Du betrügst mich mit meinem besten Freund und meinst, das tut mir nicht weh?«
» Ich hatte mit Sebastian keinen Sex.«
» Eine Minute später, und du hättest Sex mit ihm gehabt.«
» Bitte, Robbie, das ist unfair, du nervst. Soll ich zur Abwechslung mal runterbeten, wie oft du mich betrogen hast?«
» Und was ist mit ihm?«, ereiferte Robbie sich. Er zeigte mit dem Finger auf William, der schweigend seinen Kaffee schlürfte, angespannt beobachtend. » Wissen Sie, wie Lily tickt? Soll ich es Ihnen verklickern? Die Frau war dem Tod schon mal näher als dem Leben. Todessehnsucht, so nennt man das, glaub ich, in Fachkreisen. Die ist dermaßen fertig, dass sie nicht mal mehr ein Aspirin nehmen darf, weil sie sonst womöglich in ein paar Tagen wieder voll auf Morphium ist. Da könnte ich Ihnen ein paar Storys erzählen, Mannomann, da fallen Sie vom Glauben ab. Von wegen schöne lilienweiße Lily. Soll ich mal aus dem Nähkästchen plaudern, Lily? Erzähl du mir nichts von Heuchelei.«
» Gib mir das Buch.«
» Wenn ich dir untreu war, dann bloß, weil du mich in die Arme anderer Frauen getrieben hast. Du hast mich abgewiesen, mich weggeschickt, weil dir die Droge wichtiger war als ich. Und bleib mir von Leib mit dem blöden Scheiß von wegen hilflose Waise und so; du bist tougher, als du zugibst. Ich habe mit dir gelitten, so schlimm, dass ich das nie wieder erleben…«
Eine schlanke, bildhübsche junge Frau glitt die Treppen hinunter, ihre schwarzen Haare zerwühlt, rieb sie sich benommen die Augen. Sie trug einen pfirsichfarbenen Minislip, den Lily sofort als eines von Suzys Modellen wiedererkannte. » Was ist denn hier los, Robbie?«, wollte die rassige Beauty wissen.
» Ja, ist es denn die Möglichkeit! Der kleine Feger aus dem Café an der Ecke«, japste Lily. » Grundgütiger, Robbie, du kennst wirklich keine Schamgrenze. Du gehst auf alles los, was nicht schnell genug weglaufen kann.«
» Wie meint sie das?«, fragte Graciella naiv.
» Keine Ahnung. Soll sich erst mal an die eigene Nase packen, wen sie uns da angeschleppt hat: einen russischen Mafiosi.«
Lilys Herz trommelte gegen ihren Rippenbogen; sie hatte die Faxen dicke. Mit einer geschmeidigen Bewegung drängte sie hinter William, schob blitzartig ihre Hand in seinen Hosenbund und zog seinen Revolver heraus. Und zielte damit auf Robbie.
20
» Verdammt, was soll das?«, japste er.
Graciella kreischte wie von Sinnen.
» Halt die Klappe«, fuhr Lily sie an. » Sonst hast du deinen letzten Latte Macchiato gemacht, Graciella.«
Das Mädchen schluchzte leise und blickte zu Robbie, der Lily anstarrte, völlig baff.
» Willst du eine Kugel oder zwei, Robbie?«, brüllte Lily.
» Nimm die Waffe runter«, sagte William ruhig.
» Nein«, versetzte Lily und zielte direkt auf Robbies Kopf. » Sag Graciella, wo das Buch ist, damit sie es William geben kann. Und keine Tricks, sonst schieße ich. Inzwischen hab ich echt ein Faible für Waffen, bloß mit dem Zielen hapert’s noch. Wenn du Pech hast, schieß ich dir die Eier ab, Robbie. Na, wie klingt das für dich?«
» Hol die schwarze Tasche, die oben im Schrank liegt, die Laptoptasche, und bring sie her«, wies Robbie Graciella an.
Sie stolperte weinend nach oben.
» Du weißt nicht, was du tust«, sagte Robbie.
» Oh doch, und es tut mir leid, dass es nicht anders geht. Nein, eigentlich bin ich froh. Mit dir bin ich fertig. Ich will dich nicht und ich brauch dich nicht.«
» Na super. Schön für dich. Soll sich meinetwegen jemand anderes darum kümmern, wenn du wieder mal einen Entzug brauchst. Meinen Segen hat er. Ich hab dich oft genug aus der Gosse gezogen.«
Lily bebte vor Zorn. Sie entsicherte den Revolver.
» Nimm die Waffe runter, bitte, Lily«, wiederholte William.
» Ich bin seit über drei Jahren clean«, knirschte sie zwischen zusammengebissenen Kiefern. » Hörst du mich. Drei Jahre. Wie lange willst du mir das eigentlich noch aufs Butterbrot schmieren? In den drei Jahren hast du nichts ausgelassen. Ich kann die Frauen nicht mehr zählen, die du genagelt hast– es sind zu viele. Und ich bin kein einziges Mal rückfällig geworden, obwohl du mich nach Strich und Faden
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